Russische Großmütter kämpfen gegen Oppositionspolitiker Nawalny
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10. August 2017, 16:21 Uhr
In der südrussischen Stadt Krasnodar kämpft eine Gruppe von Großmüttern gegen den Oppositionspolitiker Alexej Nawalny. In der Wahl ihrer Mittel sind die Frauen nicht zimperlich. Da gehen auch schon mal Fensterscheiben kaputt. Nawalny will 2018 als Putins Gegenkandidat bei der Präsidentschaftswahl antreten, obwohl ihm das von der Zentralen Wahlkommission verwehrt wird.
Bereits Anfang Juli randalierten "Putins Truppen" – eine Gruppe von vorwiegend älteren Frauen – in Alexej Nawalnys Wahlkampfbüro in Krasnodar. Sie skandierten Slogans wie "Unser Putin", zerrissen Kampagnenmaterial und warfen Möbel um. Laut Mitarbeitern Nawalnys haben sie am 3. August erneut versucht, das Büro zu stürmen und dabei ein Fenster zerbrochen und die Eingangstür eingetreten.
Wer sind "Putins Truppen?"
Hinter der Gruppe von Freiwilligen steckt Marat Dinajew, der Gründer der Wohltätigkeitsorganisation "Soziale Gerechtigkeit". 2002 wollte er für einen Platz im lokalen Parlament kandidieren – doch er scheiterte. Wegen gefälschter Unterschriften wurde er nicht zur Wahl zugelassen. Seit dieser Zeit organisiert er mit seinen "Großmüttern" Proteste gegen lokale Autoritäten in Krasnador und gegen die Kreml-Opposition.
2015 treten "Putins Truppen" auf den Plan, deren Erkennungsmerkmal eine lilafarbene Flagge mit dem Porträt Putins ist. Die Organisation fällt regelmäßig mit gewalttätigen Aktionen gegen die Opposition auf. Gerüchten zufolge bekommt sie staatliche Unterstützung. Eine besondere Rolle bei den Protesten spielt Dinajews Tochter Fatima. Sie ist in zahlreichen von der Gruppe veröffentlichten YouTube-Videos zu sehen, verkündet dort lautstark ihre politische Meinung und fordert die anderen Teilnehmer intensiv dazu auf, weiter zumachen.
Über die Beweggründe der "Großmütter" lässt sich nur spekulieren. Dinajew verspreche ihnen Würstchen und Bohnen – behauptete die Zeitung "Komsomolskaja Prawda" nach einem Protest gegen ihre Journalisten. Über das Mitglied Valentina Viktorowna ist bekannt, dass sie von Invalidenrente lebt. Altersarmut scheint also keine unbedeutende Rolle zu spielen.
Bloggen in den sozialen Medien
Sehr aktiv zeigen sich "Putins Truppen" auch in den sozialen Medien. Ein YouTube-Video von Lydia Arkadjewna, einer Baskenmütze tragenden älteren Frau, ging 2013 sogar viral. Dort beschuldigt sie Nawalny, seinen Abschluss auf dem Schwarzmarkt gekauft und seine Frau in eine Anstalt eingewiesen zu haben.
Bei ihrem Protest fehlt es den Pensionären nicht an Kreativität: Im März reimten sie auf den Rap-Hit "Tayet Lyod” der ukrainischen Band Griby einen Anti-Nawalny-Text. Der reagierte ganz gelassen darauf und retweetete den Post:
Das war's. Ich bin fertig mit der Politik. Mich hat der denkbar schlimmste Schlag getroffen: "United Russia" in Krasnodar hat einen Cover-Song von "Tayet Lyod" über mich gemacht. (Anm. d. Red.: Nawalny benennt hier fälschlicherweise "United Russia" als Urheber des Posts.)
Protest an allen Fronten
Auch mit oben erwähntem Youtube-Video geht Oppositionspolitiker Nawalny scheinbar locker um, obwohl ihm seine Kritiker den bisherigen Wahlkampf sehr erschwert haben: Gerichtsprozesse, Haftstrafen, Durchsuchungen seiner Wahlkampfbüros, verhaftete Aktivisten und nicht zuletzt die Säureangriffe auf ihn.
Im Juni hat die Zentrale Wahlkomission nun mitgeteilt, dass der Oppositionspolitiker 2018 nicht an der Präsidentenwahl teilnehmen dürfe. Grund seien seine Vorstrafen. Zudem musste er im gleichen Monat eine 25-tägige Arreststrafe absitzen – wegen der landesweiten Demonstrationen gegen den Kreml, die er im Juni organisiert hatte. Wegen einer Protestaktion kurz nach seiner Entlassung wurde er schließlich zu einer Geldstrafe von 4.000 Euro verurteilt.
Unbeeindruckt davon, hat Alexej Nawalny inzwischen in fast 70 russischen Städten Wahlkampfbüros eröffnet und sieht sich weiterhin als legitimer Präsidentschaftskandidat.
Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL auch im: TV| 23.06.2017 | 17:45 Uhr