Die Halbinsel Krim Territoriale Integrität oder Selbstbestimmung des Volkes?
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09. März 2015, 10:18 Uhr
Im Laufe der Geschichte war die Krim weder ukrainisch noch russisch, sondern kimmerisch, taurisch, skythisch, griechisch, römisch, gotisch, sarmatisch, byzantinisch, hunnisch, chasarisch, kiptschakisch, mongolisch-tatarisch, venezianisch, genuesisch und osmanisch … 2014 sagte sie sich von der Ukraine los und schloss sich Russland an.
Als der sowjetische Machthaber Nikita Chrustschow die Krim 1954 ohne die Bewohner zu fragen der Russischen Föderation wegnahm und der Ukraine darbot, spielte die administrative Zugehörigkeit der Halbinsel keine praktische Rolle. Die Lage änderte sich, als 1991 die Ukraine ihre Unabhängigkeit proklamierte. Die Krimer wären ruhig weiterhin in der grenzenlosen Sowjetunion geblieben, aber jetzt in der unabhängigen Ukraine, hinter der Grenze zu Mutter-Russland?
1992 - Versuch eines Referendums
Vor, während und nach der Verkündung der ukrainischen Unabhängigkeit kämpften viele Krim-Bürger für die Souveränität der Halbinsel. Prorussische Aktivisten gründeten Initiativen, Vereine und Parteien, um sich von der Ukraine zu trennen, sie hielten Demos ab und sammelten Unterschriften. Der bis dahin unbekannte Rechtsanwalt Jurij Meschkow und die Republikanische Bewegung der Krim, die sich "Russische Krim" auf die Fahnen schrieb, sammelten fast 250.000 Unterschriften (nötig waren 180.000) für ein Referendum mit der Frage zur Unabhängigkeit der Krim außerhalb der Ukraine. Dem Krimer Parlament blieb nicht viel mehr übrig: Am 5. Mai 1992 verkündete es faktisch die Souveränität der Republik und wollte sie auf dem Referendum am 2. August 1992 von Bürgern bestätigen lassen.
Kiew und Moskau mit unterschiedlichen Positionen
In Kiew brach Panik aus. Den Krimer Abgeordneten wurde wegen Separatismus mit Strafverfolgung gedroht. Am 13. Mai 1992 erklärte die Kiewer Werchowna Rada den Beschluss der Krimer Kollegen für verfassungswidrig und deutete an, dass die Trennung niemals friedlich vollzogen und Krieg bedeuten würde. Am 21. Mai beugten sich die Abgeordneten in Simferopol und stornierten das Referendum.
In die Krim-Angelegenheiten mischte sich auch Russland ein. Einer der Gründe: In Sewastopol auf der Krim stand die sowjetische Flotte, und beide Staaten erhoben Anspruch darauf. Deshalb erklärte das russische Parlament am 21. Mai 1992 den Chruschtschow’schen Ukas über die Übergabe der Krim an die Ukraine von 1954 für verfassungswidrig (was er auch war).
Bewegung geht gestärkt aus Niederlage
Aber die Niederlage mit dem ausgesetzten Referendum entmutigte die Krimer Bürger nicht. Die Bewegung schien nur gestärkt daraus hervorgegangen zu sein und hatte so eine Dimension erreicht, dass sie 1994 Parlaments- und Präsidentschaftswahlen (die Autonome Republik Krim hatte kurzzeitig auch einen eigenen Präsidenten) für sich entschied. Der bereits erwähnte Jurij Meschkow gewann gegen den sehr gut vernetzten ehemaligen ersten Parteisekretär der Krimer Kommunisten Nikolaj Bagrow mit 73 Prozent. Der neu gewählte Präsident versprach die Einführung der russischen Währung und die Auszahlung der Renten in stabilen russischen Rubel.
Die Kräfte, die einen Austritt aus der Ukraine forderten, hatten auch starke Gegner. Einer von ihnen war die alte Kommunistengarde, die ihre Fäden nach Kiew zum Präsidenten der Ukraine, dem ehemaligen Propagandasekretär der ukrainischen Kommunisten, Leonid Krawtschuk, spann. Für festere Beziehungen mit Kiew waren auch Krim-Oligarchen, die vorwiegend der Organisierten Kriminalität entstammten. Ihre auf der Krim herrschenden Banden "Baschmaki" und "Seilem" wollten partout in der Ukraine bleiben, um ihre Pfründe nicht mit der mächtigeren und nicht weniger brutalen russischen Konkurrenz zu teilen.
Die prorussische Bewegung, die aus Menschenrechts- und Ökoaktivisteninitiativen hervorging, wurde deshalb nur von einfachen Bürgern, Klein- und Mittelunternehmern finanziert. Es mangelte ihr einfach an Geld.
Nach dem fabelhaften Sieg von 1994 lagen die Gründe des Scheiterns von Jurij Meschkow auch in heftigen internen Kämpfen, darunter um Posten. Einer der klugen Köpfen in der Regierung, Vizeministerpräsident Jewgenij Saburow, reichte seinen Rücktritt mit den Worten ein: "Ich bin ein Wirtschaftsfachmann. Die Krim benötigt aber leider einen Psychiater."