Fipronil-Skandal: Übersehene Warnsignale aus Rumänien
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26. September 2017, 15:47 Uhr
Nach dem Fipronil-Eier-Skandal wollen die EU-Staaten Informationen über gefährliche Stoffe in Lebensmitteln schneller austauschen. Erste Gespräche darüber gab es am 26. September 2017 in Brüssel. Im Fipronil-Skandal hatte schon 2015 eine Spur nach Rumänien geführt. Dort kennt man die Probleme mit dem Mittel, ein besonders großer Fall beschäftigt gerade die Gerichte.
Schauen Sie! Alle Bienen tot. Alles wegen dieser Chemikalie, die sie auf die Felder gesprüht haben. Meine gesamte Bienenzucht ist zerstört. Irgendwann muss ich das alles niederbrennen.
Costel Gresala ist am Boden zerstört. Alle seine 24 Bienenstöcke hat der Imker aus dem ostrumänischen Dorf Puiesti vor zwei Jahren verloren - und damit auch seine Existenzgrundlage. Schuld daran ist das Insektengift Fiprocid. Das ist hochgefährlich und kann in hoher Dosis sogar tödlich sein.
Gleicher Wirkstoff wie bei Eier-Skandal
Fiprocid enthält unter anderem den Wirkstoff Fipronil, der im Juli 2017 in Millionen Eiern in Westeuropa gefunden wurde. Und das, obwohl sein Einsatz bei Nutztieren bereits 2013 von der EU verboten wurde. Ein belgischer Chemikalienhändler soll das Mittel dennoch in großen Mengen in Rumänien bestellt haben.
Mit dem unter dem Namen "Dega 16" vertriebenen Mittel wurden dann in mehreren Unternehmen Hühnerställe gesäubert, um dort kostengünstig Blutläuse zu bekämpfen. Diese gelten als einer der größten Schädlinge in der Geflügelzucht. So gelangte das Fipronil schließlich über die Hühner in die Eier.
Rumänische Agrarbehörde verschleppt Prozess
Auf den Feldern von Costel Gresala in Ostrumänien wurde das Fiprocid 2015 versprüht, um der damaligen Zeckenplage Herr zu werden. Alles ganz legal, behauptet Chemiehändler Constantin Dragut, der das Mittel damals verkauft und versprüht hat:
Alles war unterschrieben, genehmigt, alles war in Ordnung. Ich sollte Zecken vernichten. Die Zecken leben auf den Feldern, nicht auf Flugzeugen oder Schiffen. Also dort habe ich gesprüht. Mich trifft keine Schuld.
Die Imker sehen das anders und haben Dragut verklagt. Doch der Prozess kommt nicht voran, die zuständige Agrarbehörde hat die nötigen Gutachten bislang nicht geliefert. Warum, meinen die Imker ganz genau zu wissen: Draguts Frau arbeite nämlich in der Behörde und schütze ihren Mann.
Fiprocid-Fall in Rumänien hätte Warnung sein müssen
Hergestellt wurde das Mittel von einem Unternehmen in der Hauptstadt Bukarest. Das auch im Fipronil-Skandal die Spuren nach Rumänien führen, lässt Imker Costel fassungslos zurück. 50 Millionen Bienen seien damals in seiner Region durch das Fiprocid vernichtet wurden. Gelernt habe offensichtlich niemand etwas daraus.
Unterdessen weitet sich der Fipronil-Skandal weiter aus. Mittlerweile sind 45 Länder betroffen, darunter 26 der 28 EU-Staaten. Ausnahmen bilden bislang lediglich Kroatien und Litauen. Hinzu kommen 19 Nicht-EU-Staaten.
Konsequenzen aus Fipronil-Skandal weiter offen
Diese Woche trafen sich die EU-Agrarminister zu einem Krisentreffen in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) forderte dort einen besseren Informationsaustausch: "Ich erwarte, dass das europäische Schnellwarnsystem dem Namen gerecht wird."
Die Verbraucherorganisation Foodwatch kritisierte Schmidts Forderungen als Ablenkung: "Mit seiner berechtigten, aber einseitigen Forderung nach einem besseren Informationsaustausch in Europa lenkt Herr Schmidt von der eigenen Verantwortung ab", teilte Foodwatch mit. Das Warnsystem habe auch in Deutschland versagt.
(zuerst veröffentlicht am 07.09.2017)
Über dieses Thema berichtet MDR AKTUELL auch im:
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