Hintergrund Was ist die EU-Ratspräsidentschaft?
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10. Januar 2019, 12:47 Uhr
Jedes halbe Jahr wechselt die EU-Ratspräsidentschaft. Seit 1. Januar 2019 hat Rumänien den Posten von Österreich übernommen. Doch was hat ein Land in dieser Funktion eigentlich zu tun?
Wer die EU-Ratspräsidentschaft innehat, führt die Alltagsgeschäfte der EU und leitet die Arbeit des Rates der Europäischen Union, kurzum des EU-Ministerrates, der die Mitgliedsstaaten vertritt. Konkret übernimmt das zuständige Land den Vorsitz der formalen Ministertreffen, aber auch von über 150 Arbeitsgruppen und Ausschüssen des Rates. Das Land schlüpft in eine Gastgeberrolle, organisiert und moderiert die Treffen, erstellt die Tagesordnungen, legt die Themen fest. Doch sind die oft schon vorgegeben.
Beträchtliches Arbeitspensum
So übergibt Österreich über 250 Gesetzesinitiativen an Rumänien, das ab 1. Januar 2019 übernimmt. Das klingt nach einer Menge übriggebliebener Arbeit und das ist es auch. Bei ihren Zusammenkünften versuchen die EU-Staaten bei den Themen erst einmal unter sich, einen Konsens zu finden. Wer den Vorsitz inne hat, muss also zwischen den verschiedenen Positionen vermitteln können und dabei auch auf ein Ergebnis drängen. Doch nicht nur das.
Das mit der Ratspräsidentschaft betraute EU-Land vertritt die EU-Mitgliedsstaaten auch in den Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission, wenn es darum geht, Gesetzesinitiativen zur Abstimmung zu bringen. Die Diskussionen darüber können teils Jahre dauern, doch ist die EU-Ratspräsidentschaft nach einem halben Jahr schon wieder vorbei. Damit steht jetzt schon fest: Rumänien wird eine Menge Gesetzesinitiativen- oder Änderungsvorschläge ungeklärt an das nächste EU-Land weiterreichen, das die Präsidentschaft übernimmt.
Koordination im Trio
Um dennoch eine gewisse Arbeitskontinuität im EU-Ministerrat herzustellen, arbeiten gleich drei Mitgliedsländer zusammen und bilden den sogenannten Trio-Ratsvorsitz: Rumänien wird mit Finnland und Kroatien kooperieren, die den EU-Ratsvorsitz im Anschluss übernehmen. Die Rotation des Vorsitzes ist halbjährlich, damit es nicht Ewigkeiten dauert, bis jedes EU-Land den Posten auch einmal erhält. Sollte ein EU-Land das Amt nur unzureichend ausfüllen, wäre der Schaden zudem begrenzt.
EU-Kommission gibt Hilfestellung
Doch für die EU-Ratspräsidentschaft gibt es auch eine Art Sicherheitsnetz. Die EU-Kommission kann bei Problemen umgehend zu Hilfe eilen - ob mit Personal oder mit Themen. Ein Angebot, das in der Regel kleinere EU-Mitgliedsländer gern in Anspruch nehmen oder jene, die den Vorsitz zum ersten Mal übernehmen, so wie ab 2019 Rumänien. Die EU-Kommission gibt diese Rückendeckung nicht uneigennützig: Sie kann damit selbst Einfluss auf die Themensetzung nehmen und vor allem das Tempo bestimmen, mit dem die Dossiers vorangetrieben werden.
Sinn und Zweck des Postens
Generell gilt für die EU-Ratspräsidentschaft: Sie ist ein Kraftakt für das zuständige Land, ob logistisch oder inhaltlich. Die meisten Länder haben dafür personell ein spezielles Team abgestellt, das die Aufgaben koordiniert und in dieser Zeit Urlaubssperre hat. Im Rahmen der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft stehen rund 1.500 Treffen an, die in Brüssel oder in Rumänien stattfinden. Zugleich will die Bukarester Regierung eine Menge Bürgerdialoge abhalten. Ziel einer Ratspräsidentschaft ist es schließlich auch, dass die EU für die Bürger des jeweiligen Landes greifbarer wird.
Motto ist Zusammenhalt
Ursprünglich hätte Rumänien den EU-Ratsvorsitz erst ab 1. Juli 2019 übernehmen sollen, doch der Zeitplan verschob sich, nachdem Großbritannien nach seinem Brexit-Votum auf die Übernahme des Postens verzichtet hatte. Der Austritt Großbritanniens aus der EU - geplant für den 29. März 2019 - wird neben den Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU für den Zeitraum 2021-2027 auch eines der wichtigsten Themen der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft sein.
Das selbstgewählte Motto der Rumänen bei ihrer EU-Ratspräsidentschaft lautet: "Zusammenhalt - ein gemeinsamer europäischer Wert". Die Bukarester Regierung will hier nach eigenen Angaben die bestehenden sozialen Unterschiede zwischen Ost- und Westeuropa als Thema auf die Agenda setzen.
Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL auch im: Radio | 16.12.2018 | 00:30 Uhr