Größer, spannender, angsteinflößender: Escape Rooms in Polen
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08. Januar 2019, 10:22 Uhr
Seit dem tragischen Unfalltod von fünf 15-jährigen Mädchen kommen die polnischen Escape Rooms nicht aus den Schlagzeilen. Rätsellösen auf Zeit ist in Polen eine sehr beliebte Freizeitbeschäftigung. Vor allem die Jugend hat sie für sich entdeckt.
Der erste Escape Room Polens entstand 2014. Heute gibt es fast 1.000 davon und damit sogar mehr als in Deutschland, obwohl Polen halb so viele Einwohner hat. In den ersten Jahren waren Escape Rooms für viele Betreiber offenbar eine billige Investition. Das Geschäft warf mit wenig Aufwand viel Gewinn ab. Das scheint sich nun zu rächen.
Escape Room 2.0
Laut dem Wirtschaftsportal mambiznes.pl kostete der Bau eines Escape Rooms vor wenigen Jahren umgerechnet etwa 1.200 bis 4.000 Euro (ohne Räumlichkeiten und Personalkosten). Viele der ersten Abenteuerräume erinnerten noch an Hinterhofklitschen oder befanden sich in winzigen, billigen Wohnungen im Stadtzentrum. Inzwischen müssen sich Betreiber mehr einfallen lassen, um Kunden zu beeindrucken. Deshalb muss heutzutage für den Bau meist ein Betrag im fünfstelligen Bereich einkalkuliert werden. Allerdings nicht etwa, weil die Auflagen für Fluchtwege oder Kameraüberwachung gestiegen sind, sondern weil die technischen und inhaltlichen Anforderungen an die Rätsel immer ausgeklügelter wurden: Waren vor einigen Jahren noch einfache Rätsel (vergleichbar mit einer Schnitzeljagd) gängig, werden heute Escape Rooms mit ausgefallenen Spielszenarien und deutlich aufwendigerer Technik immer beliebter.
Viele Escape Rooms sind nur für Erwachsene zugelassen. Und bei einigen Spielen wird explizit gewarnt: Der Escape Room ist für Schwangere oder Menschen, die an Epilepsie oder Klaustrophobie leiden, ungeeignet!
Selbst Personaler setzen auf Escape Rooms
Auch im Stadtmarketing wird das Konzept immer beliebter: Die Kommunen setzen auf Escape Rooms, um die Regionalgeschichte zu vermarkten oder Geschichten rund um die Stadt zu erzählen. So inszenierte Breslau in der Jahrhunderthalle beispielsweise nach Vorlage eines Romans einen Escape Room und bewarb ihn als eine der größten Escape Rooms in Polen.
Die Spiele sind in Polen so beliebt, dass große Firmen sie sogar bei Stellenausschreibungen einsetzen. So hat die Personalabteilung der ING Bank Schlesien beispielsweise ihre Praktikanten ausgewählt.
Trotz Beliebtheit noch immer nicht professionalisiert
Etwa die Hälfte der polnischen Escape Rooms befindet sich laut lockme.pl in kleineren Wohnungen. Die meisten Escape Rooms in Polen würden von Einzelpersonen geführt, die keinem Franchise-Netzwerk angehören. So seien viele dieser Einrichtungen erst als private Hobbyräume entstanden und später dann öffentlich zugänglich gemacht worden.
Landesweite Kontrollen sollen weitere Tragödien verhindern
Bei dem Brand in Koszalin im Norden des Landes waren vergangene Woche fünf in einem Escape Raum eingeschlossene 15-jährige Mädchen ums Leben gekommen. Ein 25-jähriger Mann erlitt zudem schwere Verbrennungen. Nach ersten Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft war in einem Vorraum Gas aus einem Behälter entwichen und hatte sich entzündet. Es wurden mehrere Gasheizgeräte sichergestellt.
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kündigte an, sämtliche Escape Rooms zu schließen, die nicht über ausreichende Sicherheitsvorkehrungen verfügten. Feuerwehrexperten überprüften am Wochenende bereits fast 200 derartige Einrichtungen. Nach Angaben von Landes-Feuerwehrchef Leszek Suski erwiesen sich dabei mehr als hundert als nicht den Anforderungen genügend, 13 wurden umgehend von den Behörden geschlossen.
Quellen: Dpa/afp/adg, mambiznes.pl lockme.pl und lockme.de
Über dieses Thema berichtet MDR AKTUELL auch im TV : MDR | 06.01.2017 | 19:30 Uhr