Abtreibung in Polen Null Toleranz für Schwangerschaftsabbruch
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22. September 2016, 16:27 Uhr
In Warschau hat das polnische Parlament mit seinen Beratungen über eine gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs begonnen. Zwei Vorschläge fordern ein Totalverbot. Treibt eine Frau trotzdem ab, sollen sie und der behandelnde Arzt mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Ein von der katholischen Kirche unterstützter Entwurf will ebenfalls ein kompromissloses Abtreibungsverbot, die Frauen sollen jedoch straffrei bleiben, wenn sie ihre Schwangerschaft illegal beenden. Einem dritten Vorschlag, der einen Schwangerschaftsabbruch zwölf Wochen straffrei stellen will, werden keine Chancen eingeräumt.
Eine Bürgerinitiative hatte in den vergangenen Monaten 450.000 Unterschriften für ein totales Abtreibungsverbot gesammelt. Ministerpräsidentin Beata Szydlo und der Chef der Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, haben die Initiative der Abtreibungsgegner unterstützt.
Abtreibung schon jetzt kaum möglich
Zurzeit dürfen Frauen in Polen eine Schwangerschaft in drei Fällen legal abbrechen: wenn sie vergewaltigt wurden, wenn der Fötus irreversibel schwer geschädigt ist und wenn Gefahr für das Leben der Mutter besteht. Doch tatsächlich ist es kaum möglich, eine Schwangerschaft legal abzubrechen. Denn viele Ärzte haben eine Gewissensklausel unterschrieben, mit der sie sich verpflichten, keine Abtreibungen durchzuführen. Entsprechend wenige Schwangerschaftsabbrüche gibt es. 2013 wurden offiziell 744 Abtreibungen registriert.
Mit dem Reisebus zum Schwangerschaftsabbruch
Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein. Nach Schätzungen der Konrad-Adenauer-Stiftung werden zwischen 60.000 und 120.000 Abtreibungen illegal durchgeführt. Wer es sich leisten kann, fährt in eine Klinik nach Deutschland, Österreich, Tschechien oder in der Slowakei. Preiswerter ist ein Schwangerschaftsabbruch in Bulgarien zu haben. Frauen, denen die Mittel für einen illegalen Abbruch in Polen oder einen Klinikaufenthalt im Ausland fehlen, vertrauen auf Hausmittel.
Einzigartig in Osteuropa
Dabei war es für Frauen in Polen bis 1993, als das derzeit geltende Abtreibungsgesetz in Kraft trat, völlig unproblematisch, sich gegen ein gezeugtes Kind zu entscheiden, so wie in nahezu allen anderen damaligen Ostblock-Ländern. Dort gelten auch heute noch die liberalen Abtreibungsregeln aus der sozialistischen Ära. In den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft können Frauen dort problemlos legal abbrechen.