Entstalinisierung 13. November 1961: Abriss der Stalindenkmals in Berlin
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01. Februar 2022, 15:13 Uhr
Es war nicht weniger als das größte Stalindenkmal auf deutschem Boden, das am Abend des 13. November 1961 einfach vom Erdboden verschluckt worden war. Mit ihm gingen auch Straßennamen und ganze Bahnhöfe, Fabriken, Sporthallen und Brigaden, ja ganze Städte sollten den Namen des großen Väterchens Stalin über Nacht abstreifen.
Väterchen Stalin galt als der Befreier vom Hitlerfaschismus, als Führer der ruhmreichen Sowjetunion, als Garant für die Zukunft der Errungenschaften der revolutionären Arbeiterbewegung in der Sowjetischen Besatzungszone. Ein Personenkult, der vielen Deutschen in seinem Ausmaß sicher noch gut bekannt war. In jedem Ort fand sich nun eine öffentliche Einrichtung oder wenigstens eine Straße, die nach dem großen Genossen Stalin benannt wurde.
So beschloss das SED-Politbüro Ende 1949, anlässlich des 70. Geburtstags Stalins, die Umbenennung der Berliner Frankfurter Allee in Stalinallee. Sie ist eine der wichtigsten Verkehrsstraßen vom Alexanderplatz bis an die östliche Stadtgrenze Berlins. Links und rechts von ihr sollten die berühmten Bauten im Stile des sozialistischen Realismus entstehen.
Das größte Stalindenkmal auf deutschem Boden
Auf dem Höhepunkt des Personenkultes und kurz vor den III. Weltfestspielen in Berlin wurde das Stalindenkmal auf der Stalinallee errichtet. Die fast fünf Meter hohe Bronzeplastik zeigte einen gütigen Stalin, in napoleonischer Pose, mit der rechten Hand in der Jacke und mit einer Papierrolle in der linken, der weit über die Massen hinweg schaut.
Eigentlich an einem provisorischen Ort, gegenüber der Deutschen Sporthalle, auf einem schlichten Betonsockel errichtet, wurde es fast still und heimlich am 3. August 1951 eingeweiht. Ohne jede Parade oder Kundgebung wurde das Ereignis nicht mal fotografisch dokumentiert. Erst am nächsten Tag berichteten die Zeitungen, dass das erste Stalindenkmal auf deutschem Boden errichtet wurde.
Zwischen Stalins Tod und 17. Juni
Im März 1953 starb Stalin und das Denkmal wurde beinahe zum Wallfahrtsort. In der ganzen DDR riss der Personenkult nicht ab: Eine bis dato unbekannte 'sozialistische Wohnstadt' sollte aus Anlass seines Todes auch seinen Namen erhalten: Stalinstadt.
Wenige Monate später änderte sich dies völlig, als sich am 17. Juni 1953 der Volksaufstand wie ein Flächenbrand in der ganzen DDR ausbreitete. Ausgerechnet unter 'seinen' Augen, in 'seiner' Straße, begannen Bauarbeiter gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen zu protestieren. Zwischenfälle und kleine Angriffe auf das Denkmal sind aktenkundig, gestürzt wurde er jedoch nicht.
Ende des Stalinkultes und Abriss des Denkmals
Drei Jahre später, im Februar 1956, war es aus mit dem Stalinkult. Der Prozess der Entstalinisierung wurde von seinem Nachfolger Nikita Chruschtschow auf dem 20. Parteitag der KPdSU eingeleitet. In der DDR wartete man jedoch ab und so dauerte es noch fünf Jahre und zwei Parteitage, bis man still und heimlich alles entfernte, was an die Verehrung Stalins erinnern konnte.
Nicht nur Stalinstadt wurde zu Eisenhüttenstadt umbenannt, auch das Stalindenkmal auf der Stalinallee in Berlin musste in der Nacht vom 13. auf den 14. November 1961 weichen. Unter strenger Aufsicht der Sicherheitsorgane wurde das Denkmal abgerissen und abtransportiert. Eine Einheit der Volksarmee ebnete den Denkmalsockel ein. Am nächsten Morgen blieb nur die Straße übrig, die fortan Karl-Marx-Allee heißen sollte - von dem Denkmal keine Spur.
Legenden um das verschwundene Stalindenkmal
Um den Verbleib des Denkmals ranken sich nach wie vor Legenden und Mythen. Einige berichten davon, dass das Denkmal an Ort und Stelle bis zur "Unkenntlichkeit zerkleinert" wurde. Andere haben es auf Berliner Bauhöfen noch viele Jahre liegen sehen. Wiederum andere sprechen davon, dass das teure Material in Tierplastiken des Berliner Zoos weitere Verwendung fand. Das Schicksal des Stalindenkmals nach seinem Abriss konnte bisher noch nicht rekonstruiert werden.
Zwei Überbleibsel, ein Ohr und ein Teil des Bartes, sind jedoch heute noch im Berliner Cafe Sibylle, unweit des ehemaligen Standortes des Denkmals, zu besichtigen.