Entspannungs-Geschichte(n) Vom Daumen drehen zum Finger-Spinner
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27. Juli 2017, 16:05 Uhr
Wer nur Däumchen dreht, wird schnell schräg angeschaut. Wenn man beim Nichtstun wiederum etwas mit Fingern oder Händen anstellt, das andere verblüfft - ist das gesellschaftlich akzeptiert und wird manchmal sogar zum grenzüberschreitenden Trend.
Däumchendrehen war gestern, Fidget Spinner sind heute. Wer Däumchen dreht, hat ja eher einen schlechten Ruf. Dabei ist man dabei ja gar nicht so untätig, immerhin bewegt man noch die Daumen umeinander. Konsequentes Nichtstun geht nämlich anders: Wenn man im Spanischen oder Portugiesischen "die Däumchen dreht", verschränkt man sprachlich die Arme vor der Brust - "brazos cruzados", wörtlich "gekreuzte Arme" - das ist das Nichtstun für Könner.
Der Fidget-Spinner
Heute drehen große und kleine Kinder am Rad bzw. an handtellergroßen Propellern, in denen winzige Kugellager stecken.
Erfunden wurden die Fidget Spinner schon 1997. Zum 30. Geburtstag sind sie nun der Verkaufshit des Sommers 2017. Allein - die Erfinderin der rotierenden Minipropeller, Catherine Hettinger, profitiert nicht vom derzeitigen Hype. Ihr hatte das Geld gefehlt, um das von ihr angemeldete Patent zu verlängern - und das Geschäft machen jetzt andere.
Spinner entfalten ihre beruhigende Wirkung übrigens woanders. In Videos mit Spinner-Tricks auf Youtube. Dabei sind Entspannung pur und Gähnen garantiert: Die Videos, in denen Kinder und Erwachsene Finger-Spinner-Tricks zeigen, sind so langweilig, dass man dabei glatt anfängt, Däumchen zu drehen.
Oder man testet aus, was es sonst noch gibt, wenn man weder Minipropeller noch Däumchen drehen will.
Fadenspiel, Fingertwist oder "Schweinchen auf der Leiter"
Ein Faden, zwei Menschen, vier Hände: Fingertwist, auch bekannt als Fadenspiel oder "Schweinchen auf der Leiter": Die Enden eines Fadens sind zusammengeknotet und werden nach veschiedenen Mustern auf zwei Hände gezogen. Eine zweite Person nimmt sie mit ihren Händen ab und zieht sie so auf, dass eine neue Figur (Muster) entsteht. Fadenspiele sind weltweit bekannt; auf den Osterinseln wurden mit den abnehmbaren Fadengebilden ganze Geschichten weitererzählt.
Flechtband oder Scoubidoo
Flechtband?! Kaum ein Kind wüsste, was das sein soll. Beim Stichwort Scoubidoo leuchten dagegen die Augen. Der Trend schwappte in den 1980er-Jahren aus Frankreich schon einmal nach Deutschland. Seit etwa 2014 geht dieser Zeitgeist wieder um und die jetzige Elterngeneration mit Schulkindern kann ihre Schlüssel wieder an quietschbunte Anhänger klemmen. Während die Kinder der 80er-Jahre Bast- oder Wollschnüre verknoteten und verflochten, sind es drei Jahrzehnte später quietschbunte Plastikschnüre, aus denen Anhänger, Freundschaftsbänder, Ketten und Tiere geknüpft werden. Die neue bunte Welle bekam schnell einen Dämpfer - Verbraucherschützer warnten vor den bunten Plastikschnüren, die krankmachende Wirkstoffe enthalten, bzw. krankmachende Gerüche ausdünsten können.
Looming Armband
Dem "Loomtrend" vor drei Jahren war auch ein eher kurzes Leben beschieden. Aus winzigen Gummiringen, die mit einer Art Häkelnadel oder mit zwei Stiften miteinander verknüpft werden, entstehen Armbänder und ganze Flächen. Der chinesische Ingenieur Cheong Choon Ng ist mit dieser Erfindung reich geworden. Fleißig dazu beigetragen haben Prominente, Politiker bis hin zum Papst, die sich mit den Kinderhäkeleien am Handgelenk fotografieren ließen. Im Gegensatz zum Scoubidoo-Armband sind die winzigen Looming-Ringe für Erwachsenen-Finger kaum zu "händeln".
Der Zauberwürfel
Keiner knirschelt so schön wie der Zauberwürfel, dessen Seiten man bewegt, um die einzelnen Farbwürfel wieder an die richtige Position zu drehen. 1976 hatte Ernö Rubik in Ungarn ein Patent auf seine Erfindung angemeldet. Eine amerikanische Firma, die ihm die Rechte abkaufte, brachte allein im ersten Jahr 30 Millionen "Zauberwürfel" unter die Menschheit.
Das Jojo oder Yo-Yo
Auf eine tatsächlich lange Geschichte blickt das Jojo zurück. Zwei kleine runde Scheiben mit einer Achse dazwischen, um die eine Schnurschlaufe gewickelt ist: Fertig ist das Spielzeug-Schwungrad. Der Ursprung der Jo-Jos ist nicht eindeutig geklärt. Im 18. Jahrhundert tauchte es in England als "bandilor" auf und rollte dann von Frankreich aus als "Joujou de Normandie" durch Europa und war zwischen 1790 und 1800 in reichen Häusern bei Jung und Alt der schickste Zeitvertreib überhaupt. Möglicherweise kommt der Begriff "Jojo" vom französischen Wort "Joujoux", Spielzeug. - In den USA wurde ab Ende der 1920er-Jahre Geld mit dem Spielzeug gemacht: Der amerikanische Geschäftsmann Donald Duncan kaufte die kleine Jojo-Firma eines Einwanderers und schob eine Marketingmaschinerie mit Jojo-Dauerwettbewerben und Weltmeisterschaften an. Jojo-Freunde feiern heute den 6. Juni als "Welt-Jojo-Tag"; der Tag, an dem Geschäftsmann Duncan Geburtstag hatte. Das Jojo-Fieber köchelt derzeit in Deutschland eher auf kleiner Flamme. Die nächste deutsche Jojo-Meisterschaft findet übrigens am 30. September/ 1. Oktober 2017 in Leipzig statt.
Über dieses Thema berichtete der MDR auch im Radio: MDR Aktuell | 15.06.2017 | 08:00 Uhr