Stalin, Tito und mein Vater
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12. Juli 2020, 22:30 Uhr
Ein eigener Staat für das sorbische Volk? Diesen Plan soll Georg Rentsch kurz nach dem Zweiten Weltkrieg verfolgt haben. Seine Töchter begeben sich auf eine geheimnisvolle Spurensuche. Sind das alles nur Märchen?
Nach dem Zweiten Weltkrieg spielt ein Rechtsanwalt aus der Lausitz - Georg Rentsch - im großen Machtpoker der Supermächte mit. So zumindest vermuten das seine beiden Töchter Hańža Winter und Ludmila Biesold. Denn im Nachlass ihres Vaters entdecken sie einen brisanten Politkrimi, der die Geschichte Mitteldeutschlands verändert hätte.
Ein eigener Staat für die Sorben
1945 beraten in Moskau die Außenminister der vier Siegermächte über die Zukunft Deutschlands. Noch gibt es kein Ost und West und keine fixierten neuen Grenzen. Für Georg Rentsch eine historische Stunde. Denn die Sorben - seine Landsleute - sind ein Volk ohne eigenen Staat. Der Jurist aus Bautzen will mit Hilfe von Stalin und dem jugoslawischen Staatschef Tito große Gebiete zwischen Elbe und Neiße von Deutschland abtrennen und einen eigenen sorbischen Staat gründen.
Nach dem Tod ihres Vaters entdecken seine beiden Töchter Hańža und Ludmila brisante Unterlagen, die genau darauf hinweisen. Im Bücherschrank von Georg Rentsch finden sie eine Visitenkarte des jugoslawischen Präsidenten Jozip Broz Tito und einen verstaubten Aktenordner. In kyrillischer Schrift steht darauf geschrieben: Sorbische Republik, Planungskarten für Industrie, Landwirtschaft und Verkehr. Doch der Inhalt der Mappe fehlt.
Seitdem beschäftigt die beiden immer wieder die Frage: Hatte ihr Vater ein besonderes Geheimnis und hat das Ganze mit seiner Verhaftung zu tun? Denn 1951 wird Georg Rentsch unter mysteriösen Umständen zu 25 Jahren Haft verurteilt, danach folgen Berufsverbot und Drangsalierungen durch die SED-Diktatur.
Vaters Geheimnissen auf der Spur
Hinweise auf die Geheimnisse ihres Vaters lagern vermutlich in Moskau, in den Archiven des KGB. Denn es war die sowjetische Geheimpolizei, die 1950 ihren Vater festnahm. Hańža und Ludmila beginnen zu suchen, befragen ehemalige Freunde und Kollegen ihres Vaters. Dann kommen von Historikern die ersten Hinweise: Kurz nach Kriegsende soll tatsächlich ein kleiner Kreis sorbischer Intellektueller einen eigenen Staat geplant haben.
Bisher ist das Kapitel der Sorbischen Republik ein nahezu weißer Fleck in der europäischen Geschichtsschreibung, dabei wären etwa zwei Prozent Deutschlands abgetrennt worden und zu einem neuen Staat in Europa geworden. Der Reichtum an Braunkohle hätte möglicherweise den Sorbenstaat zu einer zweiten Schweiz werden lassen. Doch die beiden Töchter von Georg Rentsch sind skeptisch: Sind das alles nur Märchen oder versteckt sich dahinter tatsächlich eine wahre Geschichte? Mit Hilfe deutscher und sorbischer Historiker gehen die beiden auf "Die Spur der Ahnen" und bringen eine tragische Geschichte ans Licht - die Hoffnung auf Freiheit für die slawische Minderheit in Deutschland.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Die Spur der Ahnen - Stalin, Tito und mein Vater | 12. Juli 2020 | 22:30 Uhr