Ernst (Johannes Fritz) Thälmann
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Ernst Thälmann: Überzeugter Kämpfer und schlechter Rhetoriker

16. April 2021, 05:00 Uhr

Im April 1932 hält Ernst Thälmann eine Rede in Leipzig. Er wollte aufrütteln, mobil machen gegen die immer stärker werdende Macht der Nazis am Ende der Weimarer Republik. Doch Thälmann war offenbar kein sehr guter Redner. Ein junges Mädchen aus Leipzig hat ihn bei seinem Auftritt in Leipzig erlebt.

Am 9. April 1932, einen Tag vor der Reichspräsidentenwahl, kam Ernst Thälmann nach Leipzig. Er wollte die Arbeiter gegen die Nazis, die an die Macht drängten, mobilisieren. Auf dem Volkmarsdorfer Marktplatz hielt Thälmann seine Rede. Elfriede Hoffmann, damals neun Jahre alt, war unter den Zuhörern.

Sie war froh, so weit vorn zu sein und Ernst Thälmann mal aus der Nähe zu sehen. Das Mädchen kannte Ernst Thälmann vorher nur von Bildern und Plakaten. Die Leipzigerin war, so erinnert sie sich im MDR-Interview 2008, beeindruckt. Das weiß sie noch genau:

Ein großer, starker Mann und sehr impulsiv. Aber dass er in seiner Rage ein Zitat verwechselt hat und gesagt hat: `Das setzt dem Fass die Krone auf', das ist bei mir hängen geblieben. Das hat mich wahnsinnig beeindruckt.

Elfriede Hoffmann, Zeitzeugin

Ernst Thälmann war kein guter Redner

Ernst Thälmann war kein begnadeter Redner, aber die Leute hörten dem KPD-Vorsitzenden trotzdem gebannt zu.

Wie in den verschiedenen internationalen kapitalistischen Ländern, sich in den verschiedenen Streiks gezeigt hat, dass die Metallarbeiter die Elite waren, die mit den anderen Industriearbeitern zusammen die Grundlagen schufen für die großen revolutionären Klassenkämpfe und die Voraussetzungen für die Durchführung des Sieges der Revolution.

Ernst Thälmann Leipzig, 1932

Für den Bochumer Historiker Bernhard Bayerlein ist Thälmanns Redestil nur schwer zu ertragen. "Wenn sie sich das anhören, dann müssen sie verzweifeln. Denn es ist ein schrecklicher, sonorer, metallischer Klang seiner Stimme, die eigentlich keine Sprache ist. Das ist typisch Thälmann. Nach jeder Sequenz macht er Halt, selbst wenn es mitten im Satz war." Es ist überliefert, so Beyerlein weiter, dass Thälmann-Reden nach Moskau gemeldet wurden. Stellungnahmen, in denen sich beschwert wurde über die "Redekunst" von Thälmann, die dazu geführt habe, dass eine große Massenveranstaltung fast am Einschlafen war. 

Thälmanns politische Karriere

Obwohl seine Redekunst offenbar katastrophal war, stieg der Sohn eines Gemischtwarenhändlers in der Kommunistischen Partei bis an die Spitze auf. Denn als Transport-, Hafen und Werftarbeiter war Ernst Thälmann einer der wenigen echten Proletarier in den Reihen der Parteiführung. Besonders beim linken Flügel der noch jungen KPD, hatte Thälmann durch sein revolutionäres Auftreten einen guten Stand und er bewies Mut zum Risiko.

Revolution im Alleingang

Im Oktober 1923 wollten die Kommunisten in Deutschland den revolutionären Umsturz wagen. Weil die Bewaffnung jedoch unzureichend und die Begeisterung der Massen quasi nicht vorhanden war, wurde die Revolution abgesagt. Nur in Hamburg wagte Thälmann im Alleingang am 23. Oktober 1923 den Aufstand. "Denken wir nur daran, dass von den rund 14.000 Mitgliedern, die die damalige starke Hamburger KPD hatte, insgesamt nur etwa 300 aktive KPD-Mitglieder überhaupt beteiligt waren an dieser Aktion des Hamburger Aufstands", sagt Historiker Bernhard Bayerlein.

Den Aufständischen gelang es, einige Polizeireviere zu stürmen. Doch schon nach einem Tag brach der Aufstand zusammen. 17 Polizisten, 24 Kommunisten und 62 unbeteiligte Zivilisten fanden den Tod. In der DDR-Propaganda wurde diese kurze Revolte später zur heroischen Schlacht umgedeutet. Thälmann festigte trotz der Niederlage im Hamburger Aufstand seine Position an der Parteispitze. Historiker erklären das mit Thälmanns Charisma und seinen Verbindungen zur internationalen Revolution.

Von den Nazis ermordet

Für Ernst Thälmann waren die Sozialdemokraten der Hauptfeind – und nicht die erstarkenden Nationalsozialisten. Ein fataler Irrtum, der eine Einheitsfront der Linken verhinderte und Hitlers Aufstieg begünstigte. Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, standen die Kommunisten blank da, ohne Plan und mit wenig Gegenwehr. Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 schrieben die Nazis die KPD-Führung zur Fahndung aus. Am 3. März wurde Ernst Thälmann verhaftet. Mehr als elf Jahre verbrachte er in Gefängnissen und Zuchthäusern. Die Hoffnung, von Stalin ausgetauscht zu werden, erfüllte sich nicht. Im Gegenteil.

"Im Oktober 1941, also einige Monate nach dem Überfall auf die Sowjetunion, insinuierte Stalin tatsächlich, dass Thälmann von den Nazis umgedreht worden sei im Gefängnis. Stalin sagte: 'Offensichtlich wird Thälmann dort, also im Zuchthaus, in verschiedenster Art bearbeitet. Thälmann ist kein prinzipientreuer Marxist. Und seine Briefe zeugen vom Einfluss der faschistischen Ideologie'", zitiert Historiker Bernhard Beyerlein.

Am 14. August 1944 notierte Heinrich Himmler, der Reichsführer der SS, nach einer Besprechung mit Adolf Hitler: "Thälmann ist zu exekutieren." In der Nacht vom 17. auf den 18. August 1944 wurde er im Konzentrationslager Buchenwald von SS-Leuten erschossen. In der DDR wird Ernst Thälmann zur mythischen Figur erhoben. Unzählige Straßen, Plätze, Schulen wurden nach ihm benannt.

Über dieses Thema berichtet der MDR auch im TV: MDR Zeitreise | 18. August 2019 | 22:10 Uhr