1935: Präsident der Reisschrifttumskammer Wer war Hanns Johst?
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(1890-1978)
24. August 2007, 16:10 Uhr
Am 8. Juli 1890 kam Hanns Johst in Seerhausen bei Dresden zur Welt. Nach dem Abitur am Humboldt-Gymnasium in Leipzig arbeitete er als Pfleger in den Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel unter Friedrich von Bodelschwingh. Der evangelische Theologe hatte die Anstalt seit 1872 zum größten Hilfswerk der deutschen Inneren Mission gemacht. Obwohl Bodelschwingh bei Johst einen tiefen Eindruck hinterließ, befriedigte ihn die Arbeit nicht.
Johst studiert ... hier und da und allerleih
Johst begann, angeregt durch seine Tätigkeit in Bethel, zunächst in Leipzig Medizin, später in München, Wien und Berlin Philosophie und Kunstwissenschaft zu studieren. Der Erste Weltkrieg unterbrach seine Ausbildung. Neben dem Studium hatte er viel Zeit mit Schreiben verbracht. 1915 heiratete Johst, meldete sich aber dennoch im selben Jahr als Freiwilliger zum Kriegsdienst. Er überstand den 1. Weltkrieg unversehrt und kehrte 1918 heim. Da seine Frau aus Nürnberg stammte, gingen sie nicht zurück nach Mitteldeutschland, sondern zogen an den Starnberger See in Bayern. Von nun an widmete Johst sich dem Schreiben. Seine Dramen waren vom Expressionismus und einer humanistischen, noch nicht an nationale Vorurteile gebundenen Einstellung bestimmt.
20er-Jahre: Johst widmet sich dem Konservativen
Zu Beginn der 1920er-Jahre schlug Johsts Lebensanschauung vom humanistischen Individualisten in die des völkischen Konservativen um. Der Begriff "Volk" bildete nun den Mittelpunkt seiner Werke. Hanns Johst vertrat die Theorie, dass Menschen des gleichen Sprachraumes durch mystische Bindungen zusammengehalten werden. Seine Hinwendung zur nationalen Ideologie und weg vom Individualismus verband Johst mit dem aufkommenden Nationalsozialismus. Die einzelnen Elemente des Volkes sollten, so Johst, ihr individuelles Wohl blindlings einem Führer, in seinem Falle dem Künstler, anvertrauen, um von ihm in eine bessere Zukunft geführt zu werden. Diese Einstellung bereitete den Weg für die bedingungslose Hitler-Verehrung des Schriftstellers.
1929: Johst wird "Präsident des Kampfbundes für deutsche Kultur"
Sowohl politisch als auch literarisch schloss sich Johst wenig später dem Nationalsozialismus an. 1929 wurde er Präsident der nationalsozialistischen Kulturorganisation "Kampfbund für deutsche Kultur". Als Propagandist veröffentlichte er zahlreiche Werke. Den so genannten Prototypen des nationalsozialistischen Dramas, "Schlageter", widmete er 1932 dem Führer Adolf Hitler "in liebender Verehrung und unwandelbarer Treue". Hierin verarbeitete er die neun Jahre zurückliegende französische Besetzung des Rheinlandes. Für Johst war diese "Erniedrigung" des deutschen Volkes ein Wendepunkt in seinem Leben und der Auslöser für seinen Schwenk hin zum Nationalismus. Die historische Hauptperson im "Schlageter", Leo Schlageter, kann sich mit dieser "Schmach" ebenfalls nicht abfinden. Im Gegensatz zu Johst im wirklichen Leben ergreift Schlageter im Stück die Initiative, zettelt die Sprengung einer Eisenbahnbrücke bei Calcum an und wird dafür am 26. Mai 1923 von den Franzosen erschossen - der erste Soldat des Nationalsozialismus war geboren. Er hatte, ganz nach Johsts Vorstellungen, seine individuellen Bedürfnisse hinter denen der Allgemeinheit zurückstehen lassen. Der Appell Schlageters: "Deutschland! Erwache! Entflamme!! Entbrenne! Brenn ungeheuer!!" klingt wie Goebbelssche Propaganda.
1935 - Johst leitet die Reichsschrifttumskammer
Die nationalsozialistische Bewegung war nun der Mittelpunkt in Johsts Leben. 1935 wurde er Leiter der Reichsschrifttumskammer, einer Unterabteilung der am 22. September 1933 gegründeten Reichskulturkammer. Jedes Buch, das veröffentlicht werden sollte, lief durch die Zensur der Reichsschrifttumskammer. Johst hatte somit eine ähnliche Machtstellung wie Joseph Goebbels im Bereich der Presselenkung. Ebenso wie in den anderen Unterabteilungen der Reichskulturkammer war auch in der Schrifttumskammer oberstes Ziel, ein völkisch-einheitliches Kulturleben zu fördern bzw. alle reichsfeindlichen Elemente an ihrer Verbreitung im Deutschen Reich zu hindern. Im Jahr 1934 übernahm Johst den Vorsitz der neu gegründeten Union Nationaler Schriftsteller (UNS) und ein Jahr darauf den der Deutschen Akademie der Dichter. Aufgrund seiner "großen Verdienste um den Nationalsozialismus" erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Auf dem Reichsparteitag in Nürnberg 1935 wurde er als erster mit dem NSDAP-Preis für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet.
Urteil gegen Johst: Erst 500 Mark Geldstrafe ... dann 3,5 Jahre Arbeitslager
Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches wurde Hanns Johst interniert. Im Lager übersetzte er neuere französische Literatur in der Zeitschrift "Lancelot" und behauptete von sich, er habe in dieser Zeit "viel gelernt". Am 7. Juli 1949 wurde er in München zunächst nur als Mitläufer eingestuft und zu 500 Mark Geldstrafe verurteilt. Johst legte Berufung ein und im Berufungsverfahren verurteilten ihn die Richter als Hauptschuldigen zu dreieinhalb Jahren Arbeitslager. Er verlor die Hälfte seines Vermögens und erhielt ein 10-jähriges Publikationsverbot. Dennoch konnte er schon 1955 den Roman "Gesegnete Vergänglichkeit" veröffentlichen. Hierin hielt er sich von aller politischen Thematik fern. Diese letzte Veröffentlichung rief weder Lob noch Kritik hervor.
Nach seiner Haftstrafe kehrte Johst an den Starnberger See zurück und verstarb unerkannt am 23. November 1978 in Ruhpolding.