2. Weltkrieg Besatzungspolitik im Dritten Reich
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29. August 2017, 15:18 Uhr
Im Mai 1940 besiegt die deutsche Wehrmacht Frankreich, das von nun an zu einem großen Teil unter deutscher Besatzung steht und schnell zum Traumziel für deutsche Soldaten der Wehrmacht, für SS-Angehörige oder Verwaltungsbeamte wird. Kaum ein deutscher Soldat, kaum ein Beamter der Besatzungsbehörden, der sich nicht vor dem Eiffelturm fotografieren lässt.
In Paris ist die Front weit weg, fast fühlt es sich an, als sei der Krieg vorbei. Das ist er natürlich nicht – schon gar nicht für die französische Bevölkerung. Denn die deutsche Besatzungsmacht greift auch in Frankreich mit brutaler Härte durch.
Frankreichs militärische Niederlage bedeutet den vollständigen Zusammenbruch in fast allen Bereichen. Hunderttausende Soldaten geraten in Gefangenschaft, Millionen Zivilisten fliehen Hals über Kopf aus ihrer Heimat in die nichtbesetzten Gebiete. Industrieproduktion, Handel und öffentlicher Dienst kommen zum Stillstand.
In dieser Situation übernehmen die Deutschen die Kontrolle. Sie haben auch nicht vor, sie wieder abzugeben, denn Frankreich ist strategisch entscheidend für den Kampf gegen England. Doch die Besatzung neuer Territorien bedeutet nicht nur für die dort lebende Bevölkerung einen tiefen Einschnitt - sie ist auch mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden.
Aus Siegern und Besiegten werden in Frankreich schnell Unterdrücker und Unterdrückte: Halten sich die Militärverwaltungen anfangs noch zumindest teilweise an die Bestimmungen des am 25. Juni 1940 unterzeichneten deutsch-französischen Waffenstillstands und an internationales Recht, überlassen sie das Feld schon bald Himmlers Terrororganisationen - der SS, der Gestapo und dem Sicherheitsdienst – kurz SD.
Deutschland regiert von Paris aus
Offiziell bleibt die französische Regierung im Amt, sie verlegt ihren Amtssitz nach Vichy. Von dort aus verwaltet sie vor allem den nicht von den deutschen Truppen besetzten Teil des Landes. Doch alle Maßnahmen, Verordnungen und Gesetze der Regierung des sogenannten "État français" müssen von der deutschen Führung in Paris abgesegnet werden. Paris – das Herz der neuen Machthaber, zuständig für fast ganz Frankreich. Am 14. Juni ziehen die Deutschen in Paris ein – und treffen auf eine Stadt, die wie verlassen wirkt. 700.000 Menschen sind geflohen.
Es sind vor allem die größeren Hotels, die die Wehrmacht als erstes besetzt. Denn dort gibt es ausreichend Lebensmittel, eine funktionierende Infrastruktur wie Telefon – und oft genug volle Weinkeller. Von nun an beherrschen deutsche Uniformen das Stadtbild. "Grüne Bohnen" oder "Graue Mäuse" nennen die Pariser die Besatzer aufgrund der Farben ihrer Uniformen. Die Deutschen lassen es sich derweil gut gehen – für die Soldaten gibt es eigene Cafés und Kinos. Angeblich auch über 60 Bordelle, nur für Wehrmachtsangehörige.
Kollaboration, Deportationen und Résistance
Für die Verwaltung des riesigen Gebietes ist das Deutsche Reich auf die Mitarbeit französischer Beamter angewiesen. Polizei und Gendarmerie, aber auch Verwaltungsbeamte aus allen Bereichen sollen die Besatzer nach Kräften unterstützen – und tun das gerade in den ersten Monaten. Auch mit Hilfe dieser Kollaborateure lassen die Deutschen Listen zusammenstellen von Regimegegnern, Widerständlern und Juden. Himmlers Terrororgane – SS, Gestapo und der Sicherheitsdienst SD – setzen die Nazi-Ideologie immer brutaler durch. In der Pariser Gestapo-Zentrale ist Hauptsturmführer Dannecker verantwortlich für die Deportation von 70.000 Juden in das Todeslager Auschwitz. Mit ihm verrichtet auch der Dessauer Kriminalpolizist Arthur Jetzinger seinen Dienst in der Pariser Gestapo-Zentrale. Aktenfunde im Berliner Bundesarchiv belegen, dass er zuständig ist für die Transporte französischer Gefangener in Haftlager in ganz Frankreich. Und es werden immer mehr, die verhaftet werden.
Widerstände gegen die Besatzer fordern etliche Opfer
Denn als ab Sommer 1941 der geheime Widerstand der Franzosen immer größere Ausmaße annimmt, Attentate auf deutsche Soldaten und Einrichtungen zunehmen, reagieren die deutschen Besatzer rigoros. Es kommt zu Massenverhaftungen und Geiselerschießungen. Auch einige französische Kollaborateure beteiligen sich an den Verbrechen. Sie werden noch lange nach der Befreiung Frankreichs verfolgt. Viele Polizisten, die mit den Nazis kollaborierten, werden nach dem Krieg zum Tode verurteilt.