#blickzurück: Kalenderblatt der Geschichte Das geschah am 23. April
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23. April 2022, 05:00 Uhr
SED-Zeitung "Neues Deutschland" erscheint erstmalig
Am 23. April 1946 erscheint die Erstausgabe der Zeitung "Neues Deutschland". Sie ist "Zentralorgan" der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), die zwei Tage zuvor durch Zwangsvereinigung von SPD und KPD in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) entstanden war. Der Name des Blatts soll ausdrucken, dass die Kommunisten ein anderes – antifaschistisches und sozialistisches – Deutschland anstreben.
Bis zur politischen Wende 1989 bleibt das Blatt Propagandainstrument und politisches Leitmedium der DDR. Den einflussreichen Posten des Chefredakteurs bekleiden Spitzenfunktionäre wie Hermann Axen und Günter Schabowski. Die herausragende Stellung in der Medienlandschaft der DDR ist auch am größeren Format und einer besseren Papier- und Druckqualität gegenüber anderen DDR-Zeitungen erkennbar.
Politisch bleibt das Blatt immer auf Kurs. Zum 70. Geburtstag Josef Stalins 1949 preist es den sowjetischen Diktator als "größten und besten Freund des deutschen Volkes". Einen Tag nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 verkündet die Zeitung "Ordnung und klare Verhältnisse" an den DDR-Grenzen. 1968 rechtfertigt sie die Niederschlagung des Prager Frühlings durch die Truppen des Warschauer Pakts. Dem 1976 ausbürgerten Liedermacher Wolf Biermann wirft das Blatt mangelnde Treue gegenüber dem Staat vor. Besonders hart geht es 1989 mit den Flüchtlingen in der Prager Botschaft ins Gericht: Man solle ihnen "keine Träne nachweinen".
Letzterer Satz stammt von Staatschef Erich Honecker persönlich. Der SED-Chef, der in seiner Jugend für ein kommunistisches Blatt geschrieben hatte, mischt sich regelmäßig in die Arbeit der Redaktion ein. Um seine Person entwickelt das Neue Deutschland einen regelrechten Personenkult – mit einem Rekord von 43 Honecker-Fotos in einer einzigen Ausgabe zur Leipziger Messe 1987. Nach 1989 verliert das Blatt an Bedeutung. Die Auflage sinkt von über einer Million auf etwa 17.000 Exemplare.
Palast der Republik eröffnet
Am 23. April 1976 eröffnet der Palast der Republik. Er ist Sitz der Volkskammer und Unterhaltungstempel in einem. Die Funktionsvielfalt des Palastes ist zum damaligen Zeitpunkt ziemlich einzigartig auf der Welt: Im öffentlichen Bereich gibt es eine Bowlingbahn, eine Diskothek und ein Dutzend Restaurants, Cafés und Nachtbars. Auch wenn der Volksmund spottet und vom "Ballast der Republik" oder wegen der üppigen Beleuchtung "Erichs Lampenladen" spricht, kommen die Besucher in Scharen – über die Jahre sind es insgesamt 70 Millionen Menschen.
Allerdings wird der Palast der Republik wegen Asbestverseuchung 1990 geschlossen. Ende Januar 2006 rücken die Abrissbrigaden an, obwohl zwei Drittel der gesamtdeutschen Bevölkerung sich für den Erhalt des Bauwerks aussprechen. Der Stahl des Palastes wird abtransportiert und unter anderem im höchsten Gebäude der Welt – dem "Burj Chalifa" in Dubai – verbaut. Auf dem ehemaligen Gelände des Volkspalastes steht seit Ende 2020 das Humboldt-Forum.
Karl-Marx-Stadt soll wieder Chemnitz heißen
Am 23. April 1990 wird das Ergebnis der einwöchigen Bürgerbefragung in Karl-Marxs-Stadt bekanntgegeben: 76 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner wünschen sich, dass ihre Stadt wieder Chemnitz heißt. Am 1. Juni 1990 wird die Rückbenennung mit einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung offiziell vollzogen.
1953 war die Stadt nach Karl Marx, dem wichtigsten Theoretiker der Arbeiterbewegung, benannt worden. Dessen 1971 aufgestelltes Monument, ein aus Bronze gegossener Kopf von Karl Marx, der im Volksmund Nischel genannt wird, bleibt bis heute ein Wahrzeichen von Chemnitz: Heute ist der riesige Schädel eine Touristenattraktion geworden. Die Stadtverwaltung wirbt für Chemnitz mit dem Slogan: "Stadt mit Köpfchen".
Bundesverfassungsgericht urteilt zur Bodenreform
Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 beschäftigen sich bundesdeutsche Gerichte jahrelang mit einem besonderen Aspekt bei der Privatisierung von LPGs: Wie sollte mit dem sogenannten Bodenreformland umgegangen werden, das zwischen 1945 und 1949 von der Sowjetischen Militäradministration enteignet wurde? Das Bundesverfassungsgericht gibt in seinem Urteil vom 23. April 1991 die Antwort: Es weist die Klagen von Bodenreformopfern und deren Erben zurück. Die Bundesrepublik sei nicht zuständig für die durch die Sowjetunion nach Besatzungsrecht durchgeführte Enteignung. Man sei von einem sowjetischen Restitutionsvorbehalt ausgegangen. Das Urteil wird 1996 noch einmal bestätigt.