#blickzurück: Kalenderblatt der Geschichte Das geschah am 2. September
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02. September 2022, 05:00 Uhr
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1900: Sexualkunde wird Schulfach in Preußen
Mit einem Erlass verfügt das preußisches Schulministerium im Jahre 1900, dass künftig an staatlichen Schulen Aufklärungsunterricht in Preußen gelehrt werden soll. Das Fach dient allerdings nicht der sexuellen Selbstbestimmung von Schülerinnen und Schülern, sondern zielt auf "sittliche Reinheit" und "Triebverzicht" ab. Aufgrund der Industrialisierung ist es zu einem rasanten Bevölkerungsanstieg in den deutschen Städten gekommen, wo sich Prostitution und Geschlechtskrankheiten ausbreiten. Die preußische Regierung beauftragt einen Biologen aus Breslau, ein Curriculum zusammenstellen, das über unerwünschtes sexuelles Verhalten aufklärt. Dazu zählen nicht nur außerehelicher Geschlechtsverkehr, sondern auch Homosexualität und Selbstbefriedigung, die damals als gesundheitsschädlich gilt.
Später gibt es in der DDR seit den 1950er-Jahren für Achtklässler das Schulfach "Sexualkunde". 1968 empfehlen auch die bundesdeutschen Kultusminister, Sexualkunde an Schulen zu unterrichten.
1912: Renommierte Kinderärztin Ingeborg Rapoport geboren
Am 2. September wird die berühmte Kinderärztin Ingeborg Rapoport in Kamerun geboren. Sie galt u.a. als Begründerin der Neonatologie, der Säuglingskunde und war Verfolgte des NS-Regimes. Kurz nach ihrer Geburt war die Familie nach Hamburg zurückgekehrt. Rapoport studiert Medizin und legt 1937 ihr Staatsexamen ab. Der Doktortitel wird ihr jedoch verweigert, weil die Großmutter Jüdin ist. Ingeborg Rapoport wandert kurz vor der Pogromnacht 1938 in die Vereinigten Staaten aus. Dort muss sie zwei weitere Jahre Medizin studieren, bevor sie als Ärztin arbeiten kann. Schon bald spezialisiert sie sich auf Pädiatrie, die Kinderheilkunde.
1946 heiratet sie den österreichischen Kinderarzt Samuel Mitja Rapoport. Sie und ihr Mann werden Mitglieder in der Kommunistischen Partei in den USA. Aufgrund der politischen Verfolgung von Kommunisten in der McCarthy-Ära sieht sich das Ehepaar 1950 gezwungen, die USA wieder zu verlassen.
Die Rapoports lassen sich 1952 in Ost-Berlin nieder. Ingeborg Rapoport arbeitet an der Kinderklinik der Charité und leitet die dortige Säuglings- und Frühgeborenenstation. Dort baut sie eine Abteilung für Neugeborenenheilkunde auf. Bis 1973 hat sie den einzigen Lehrstuhl für Neonatologie in Europa inne. Ihr Einsatz für dieses Fachgebiet trägt maßgeblich dazu bei, die Säuglingssterblichkeit in der DDR zu senken. 2015 im Alter von 102 Jahren verteidigt sie ihre Doktorarbeit, die ihr wegen ihrer jüdischen Herkunft im NS-Regime verweigert worden war. Ingeborg Rapoport stirbt 2017 im Alter von 104 Jahren in Berlin. Die ARD-Erfolgsserie "Charité" widmet ihrem Schaffen eine eigene Folge.
1916: Deutsche Bücherei in Leipzig eingeweiht
Auf dem Deutschen Platz in Leipzig wird 1916 das Hauptgebäude der neu errichteten Deutschen Bücherei unter Anwesenheit des sächsischen Königs Friedrich August III. eingeweiht. Alle seit 1913 erschienen deutschsprachigen Schriften sollen in einer Nationalbibliographie dokumentiert und öffentlich zugänglich gemacht werden.
Bereits 1906 hatten sich das preußische Kultusministerium und der Börsenverein der Deutschen Buchhändler für die Einrichtung eines solchen Archivs eingesetzt. Leipzig sollte so seine führende Rolle im deutschen Buchhandel festigen. Grundsteinlegung der Deutschen Bücherei war am 19. Oktober 1913.
Die DDR-Verlagsproduktion ist verpflichtet, ein Exemplar jedes Buches an die Deutsche Bücherei abzuliefern. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird 1946 in Frankfurt die Deutsche Bibliothek gegründet, mit der die Leipziger Bibliothek 1990 zusammengeführt wird. Seit 2006 trägt die zugehörige Institution den Namen "Deutsche Nationalbibliothek". Leipzig ist heute mit mehr als 16,2 Millionen Medien der größere der beiden Standorte.
1946: Sozialistischer Deutscher Studentenbund gegründet
Am 2. September 1946 beginnt der Gründungskongress des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) in Hamburg. Der SDS wird dort als sozialdemokratischer Studentenbund in der Britischen Besatzungszone gegründet, der zunächst Studierende für SPD-nahe Politik gewinnen soll. Bald widmet sich der SDS jedoch Themen, die weit über Hochschulpolitik hinausgehen, darunter die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik, der Vietnam-Krieg oder das Verbot von Notstandsgesetzen.
Im November 1961 erklärt die SPD, dass eine Mitgliedschaft in der Partei und dem SDS unvereinbar sei, weil der SDS zunehmend radikalere Ansichten vertrete. Im Zuge der 1968er-Bewegung erhält der SDS massenhaft Zulauf, den die Studierendenbewegung bald nicht mehr stemmen kann. 1970 löst sich der SDS selbst auf.
Viele Mitglieder des SDS spielen später eine bedeutende Rolle in der bundesdeutschen Politik. So ist der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt 1947 bis 1948 Vorsitzender des SDS. Ab 1958 wird die spätere RAF-Terroristin Ulrike Meinhof Mitglied. Auch Rudi Dutschke, Wortführer der 1968er-Bewegung, ist ab 1965 Mitglied.
2001: Christiaan Barnard gestorben
Der südafrikanische Herzchirung Christiaan Barnard stirbt am 2. September 2001 während seines Urlaubs auf Zypern an einem asthmatischen Anfall. Barnard, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt, studierte in Kapstadt Medizin und ließ sich in den USA zum Herzchirurgen ausbilden.
1958 bringt er die erste Herz-Lungen-Maschine aus den USA nach Südafrika. Am 3. Dezember 1967 gelingt Barnard und seinen Kollegen die erste erfolgreiche Herztransplantation am Grote Schuur Hospital in Kapstadt. Der Patient, Louis Washkansky, überlebt noch 18 Tage nach der Operation. Seine medizinischen Leistungen machen Barnard zur internationalen Berühmtheit.
2004: Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar brennt
Ein Großbrand vernichtet am 2. September 2004 Teile der Weimarer Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Mehr als 50.000 Bücher mit hohem kulturellen Wert verbrennen in dieser Nacht, weitere 118.000 werden teils schwer beschädigt. Der größte Bibliotheksbrand der deutschen Nachkriegsgeschichte – verursacht durch einen Kabelbrand – richtet einen Schaden von 67 Millionen Euro an.
2007 ist die Restaurierung des verbrannten Teils der Bibliotheks abgeschlossen. Noch im selben Jahr wird diese wieder eröffnet. Bis 2018 werden zehntausende Bücher restauriert oder auf Antiquitätenmärkten eingekauft.
Namensgeberin der berühmten Bibliothek ist Anna Amalia, Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach. Ab 1758 war sie Alleinregentin über das Herzogtum und setzte sich für allgemein zugängliche Bildung und die Förderung von Wissenschaft und Kunst in Weimar ein.