Sozialistische Bruderländer Die DDR und Kuba
Hauptinhalt
23. Juni 2010, 15:17 Uhr
1959 übernahmen die Rebellen unter Führung von Fidel Castro die Herrschaft auf Kuba. Die DDR bahnte frühzeitig Kontakte an. Kuba und die DDR verbanden nach den ersten Jahren der Aufbauhilfe für Polizei, Geheimdienst, Bildungs- und Gesundheitswesen vor allem wirtschaftliche Beziehungen. Erich Honecker und Fidel Castro schätzten einander, auch wenn die Kuba-Orange in der DDR nicht wirklich punkten konnte.
Es war eine Mischung aus Bewunderung, Kalkül und Reserve, die in den 1960er-Jahren die Politik der SED gegenüber Kuba bestimmte. Walter Ulbricht versuchte zwar, die charismatischen Revolutionäre aus der Karibik vor den innenpolitischen DDR-Karren zu spannen, als er 1963 Fidel Castro zum Staatsbesuch einlud – just für den Zeitpunkt, als John F. Kennedy in West-Berlin erwartet wurde. Aber der Schriftverkehr im Vorfeld des geplanten Besuches belegt die ambivalente Gefühlslage im Politbüro: "Castro geht nur ungenügend von den ökonomischen Realitäten aus und zeigt Ansätze zu gewagten Experimenten." Grund genug für Walter Ulbricht, dann doch lieber auf Distanz zu dem bärtigen Revolutionär zu gehen, zumal Castro "aus Termingründen" nicht zum gewünschten Besuch in der DDR erscheinen konnte.
Kommandostrukturen à la Mielke - Hilfe beim Staatsaufbau
Für Walter Ulbricht waren die kubanischen Sozialisten im Grunde Abweichler. Denn sie waren von anderem Schlag als die in den Parteischulen Moskaus disziplinierten SED-Genossen. Dennoch bahnte die DDR frühzeitig enge staatliche Kontakte zum Karibikstaat an. Die SED wollte helfen, den Sozialismus in die Welt zu tragen – und durch das Handelsembargo der USA blieb den Kubanern gar nichts anderes übrig, als sich am Ostblock zu orientieren. Bezeichnenderweise waren Experten des DDR-Innenministeriums und des Ministeriums für Staatssicherheit unter den Ersten, die auf ihre Weise "Solidarität" übten: Sie halfen beim Aufbau von Polizei- und Geheimdienststrukturen. Aber auch das Gesundheits- und Bildungswesen Kubas wurde nach DDR-Vorbild entwickelt. Ostdeutsche Wissenschaftler und Lehrer sorgten für einen enormen Entwicklungsschub auf der Insel. Schon bald gab es – im Gegensatz zu den meisten lateinamerikanischen Staaten - auf Kuba kaum noch Analphabeten.
Honecker und Castro
1972, ein Jahr nach Honeckers Machtantritt, besuchte Fidel Castro erstmals die DDR. Auf dem Programm standen Besuche in Volkseigenen Betrieben - und dort besonders bei den Kampfgruppen. Im Chemiekombinat Leuna bekam Castro einen Karabiner von den Märzkämpfen 1921 geschenkt – symbolisch stellte sich so der "Arbeiter- und Bauernstaat" als revolutionäres Vorbild der kubanischen Kämpfer dar. Castro übereignete der DDR als Gastgeschenk eine Insel: Die "Isla Ernest Thaelmann". 1973 sang Frank Schöbel dort einen eigens für das DDR-Fernsehen komponierten Schlager. Der Volksmund kommentierte das auf seine Weise: "Über Kuba lacht die Sonne, über uns die ganze Welt."
Der Gegenbesuch von Honecker auf Kuba fand 1974 statt. Castro wollte Honecker imponieren – zum Beispiel bei der "Staatsjagd". Die findet auf Kuba naturgemäß als Angeltour statt – und begeisterte den passionierten Jäger Honecker so sehr, dass er selbst zur Angel griff. Nur den Verzehr der gefangenen Karibikfische soll der Generalsekretär verschmäht haben. In der Ära Honecker galten Castro, Che Guevara und Co. als kampferprobte, siegreiche Helden. Und dieses Image versuchte Honecker auch für die DDR zu nutzen. Der Schwung der Kubaner sollte die Jugend der DDR beeindrucken und zu ähnlich "revolutionären Taten" beflügeln, und wenn es am Arbeitsplatz, "dem Kampflatz für den Frieden", war.
Seite 1 von 2