Bis zum letzten Zapfenstreich Vom Ende der NVA
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19. November 2020, 16:45 Uhr
Am 2. Oktober 1990 endete mit einem einfachen Fahnenappell die Geschichte der NVA, am 3. Oktober übernahm die Bundeswehr die einstigen Streitkräfte der DDR. Chef der Ostarmee wurde Bundeswehrgeneral Jörg Schönbohm.
Es ist eine Mammutaufgabe für Bundeswehrgeneral Jörg Schönbohm, die nirgendwo anders so schon einmal zu lösen war. Schönbohms Aufgabe: Er muss Waffen abrüsten und Berufssoldaten entlassen. Schönbohm über die ehemaligen NVA-Soldaten in der für sie neuen Armee: Ich erwarte von den ehemaligen Angehörigen der NVA, die mit mir als Soldaten der Bundeswehr der gleichen Aufgabe dienen und daher die gleiche Uniform tragen, dass sie die ihnen übertragenen Pflichten gewissenhaft erfüllen.Für die frischgebackenen Bundeswehrsoldaten bedeutete das konkret, die Uniform der alten Gegner zu tragen. So schlüpften 24.000 Berufsoffiziere in Bundeswehr-Uniformen. Nicht alle blieben. Ein Jahr später waren noch 7.000 Offiziere der NVA in der Bundeswehr.
Die NVA und ihre Bestände
Bis zu ihrem Ende am 3. Oktober 1990 war die NVA eine der am besten ausgerüsteten Armeen des Warschauer Paktes. Etwa 3.000 Kampfpanzer, fast 8.000 gepanzerte Fahrzeuge, mehr als 100.000 Radfahrzeuge, sowie Flugzeuge, Hubschrauber, Haubitzen, Raketen und fast 300.000 Tonnen Munition besitzt die Volksarmee 1990. Die Bestände lagerten in Kasernen an mehr als 500 Standorten in der DDR.
An sowjetischen Flugzeugen und Kampfpanzern hat die Bundeswehr wenig Interesse. Viele der Waffen verlassen in den Jahren nach 1989 das Land. So verteilt sich das Erbe der NVA fast über den gesamten Globus. Jörg Schönbohm:
Wir hatten große Angst, dass Waffen verschwinden, und daher war unsere größte Sorge, dass die Waffen erst einmal eingesammelt werden.
Schließlich hatte nicht nur die Volksarmee der DDR Waffen. Es gab unzählige bewaffnete Organisationen wie die Kampfgruppen oder die Truppen der Staatssicherheit, deren Waffen nun alle dem NVA-Bestand zugeschlagen wurde - ohne dass sie vorher jemals im zentralen NVA-Waffenregister registriert gewesen waren. Daher hatte DDR-Verteidigungsminister Rainer Eppelmann auch keinen detaillierten Überblick über die komplette Ausrüstung der DDR-Armee. Er war auf die Informationen der ehemaligen NVA-Offiziere und -Generäle angewiesen. Rainer Eppelmann:
Ich hab nicht in jede Kaserne, nicht in jedes Lager reinschauen können, völlig unmöglich. Musste mich also ein Stück darauf verlassen, dass die Informationen, um die ich bat, die zu mir gekommen sind, die mir gemacht worden sind, dass die der Realität entsprechen.
Verkauft, verschrottet, verschenkt
In nur fünf Jahren rüstete das wiedervereinte Deutschland fast die komplette NVA ab. Die Bundesrepublik wurde so zum zweitgrößten Waffenlieferanten der Welt. Neben Indonesien erhielten Lettland, Estland, Polen, Spanien, Uruguay und einige weitere Länder Teile der Flotte. Auch die USA waren an den einzelnen Stücke der DDR-Waffenkammern interessiert - sie erhofften sich Einblicke in die Waffensysteme der Sowjetunion.
Vom Marineschiff zum Unterwasser-Touristenmagnet
Mehr als 25 Jahre nach dem Ende der Nationalen Volksarmee finden sich nur noch wenige Spuren ihrer einstigen Größe. So liegen vor der Küste Maltas die Wracks zweier Schiffe der NVA-Marine. Die Minensucher "Pasewalk" und "Boltenhagen" sind jedoch keine Opfer einer Seeschlacht. Sie wurden in den 90er-Jahren an Malta verkauft und nach mehr als zehn Jahren im Dienst versenkt - als Touristenattraktion für Taucher.
Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: MDR Zeitreise Spezial: Die NVA - Dienen dürfen für das Volk? | 28.02.2016 | 23:15 Uhr