Michael Kocáb Ein Rocker an der Macht
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04. Januar 2016, 16:19 Uhr
Berühmt wurde der Rockmusiker und Klavierspieler Michael Kocáb Anfang der siebziger Jahre. Damals hatte der 1954 in Prag geborene Kocáb mit einigen Freunden eine Rockband gegründet, Pražský Výběr (Pager Auslese), die nicht nur illegal war, sondern auch unverhohlen regimekritische Songs bei ihren zahllosen und gefeierten Konzerten in der ČSSR anstimmte. Am Ende der achtziger Jahre war Kocáb einige Male Gefahr gelaufen, verhaftet zu werden, etwa wenn er öffentlich von den "alten Schwachköpfen der Partei" sprach. 1989 beklagte er bei einem Fernsehauftritt die mangelnde Zivilcourage und die Lethargie seiner Mitbürger mit dem lapidaren Satz: "Letztendlich hat jedes Land die Regierung, die es auch verdient." Der Satz war eine Provokation für das Establishment, für Kocáb selbst der Einstieg in die tschechoslowakische Opposition.
Der Rockmusiker und die Armeeoffizieren
Im Herbst 1989 traf er sich mit Offizieren der Armee und rang ihnen die Erklärung ab, dass sie nicht in die revolutionären Prozesse eingreifen würden. Wenig später gehörte Michael Kocáb zu den Mitbegründern des oppositionellen Bürgerforums und schlug vor, dass Václav Havel Staatspräsident werden sollte.
1990 dann verhandelte Kocáb im Auftrag der Regierung der CSFR monatelang mit Generalen der sowjetischen Armee über einen Abzug ihrer Truppen. Beinahe jeden Abend sahen die Tschechen den längst legendären Rockmusiker, der sich betont lässig gab, mit den sowjetischen Offizieren an einem Tisch sitzen.
Abschied und Wiederkehr
Nachdem die Verhandlungen über den Truppenabzug erfolgreich abgeschlossen waren, arbeitete Michail Kocáb zehn Jahre als Berater Václav Havels. Danach verließ er die politische Bühne und widmete sich wieder der Musik. Die politische Karriere des Michail Kocáb schien beendet zu sein, seine Mission erfüllt. 2009 jedoch kehrte er wieder zurück – wurde Kocáb Menschenrechtsbeauftragter im Ministerrang der tschechischen Regierung. Doch nur ein Jahr später trat er von seinem Posten wieder zurück, weil er der Ansicht war, die neokonservative Regierung interessiere sich eigentlich gar nicht für Fragen der Menschenrechte, insonderheit der der Roma. Regierungsvertreter warfen Kocáb indes vor, erfolgslos agiert und insgesamt nichts bewirkt zu haben. Seither ist Michail Kocáb wieder Rockmusiker und Klavierspieler.