Dokumentationsfilme über die DDR DEFA-Regisseur Volker Koepp über das Filmemachen in der DDR
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25. November 2021, 15:58 Uhr
Mit seinen Langzeitporträts über die Frauen im brandenburgischen Wittstock wurde Volker Koepp in der DDR bekannt. Als festangestellter Dokumentarfilmer der DEFA produzierte er neben diesen Langzeitprojekten mehr als fünfzig weitere Filme in vierzig Jahren. Für die MDR Zeitreise erinnert sich Chronist Volker Koepp ans Filmemachen in der DDR zurück.
Kurzfassung: Über Volker Koepp
Volker Koepp wurde am 22. Juni 1944 in Stettin, Polen, geboren. Nachdem er sein Abitur in Berlin machte, studierte in Dresden an der Technischen Universität. Doch er entschied sich 1966 um und begann ein Studium an der Deutschen Hochschule für Filmkunst Potsdam-Babelsberg. Zwischenzeitlich drohte ihm wegen seiner Freundschaft zu DDR-Kritiker und Schriftsteller Thomas Brasch die Exmatrikulation. Doch er schloss das Studium ab und drehte seit 1970 als festangestellter Regisseur Dokumentarfilme für die DEFA. Später wirkte er als freier Regisseur, Autor, Produzent und Hochschulprofessor.
Die DEFA, die sich am 12. Mai 1946 gründete, hatte eine eigene Abteilung für Dokumentarfilme. Von 1946 bis zur Privatisierung durch die Treuhand 1992 stellten die DEFA-Studios etwa 1.000 Dokumentarfilme her. Volker Koepp gehörte selbst zu der Gruppe "dokument" und porträtierte das Leben der Menschen in der Republik. Trotz früherer Freundschaft zu DDR-Kritiker Thomas Brasch und "operativer Beobachtung" durch die Stasi erhielt er 1970, im Anschluss an sein Studium, eine Festanstellung in den volkseigenen DEFA-Filmstudios.
Es war eben auch immer eine besondere Art zu leben und Dokumentarfilme herzustellen. Und das hat bei der DEFA begonnen.
Was ist die DEFA?
Die DEFA (Deutsche Film AG) war ein volkseigenes Filmunternehmen der DDR mit Sitz in Potsdam-Babelsberg. Es wurde 1946 in der sowjetischen Besatzungszone gegründet und bestand bis 1992. Mit der Wiedervereinigung wurde es von der Treuhand privatisiert und verkauft. Nach dem Verkauf wurde das ehemals volkseigene DEFA-Studio in "Babelsberg Studios" umbenannt.
Die Zwickmühle des DDR-Filmgeschäfts
Was bei der DEFA begann, gipfelte 1999 in internationalem Erfolg. Mit seinem Dokumentarfilm "Herr Zwilling und Frau Zuckermann" (1999), der ein jüdisches Freundespaar in der ukrainischen Stadt Tscherniwzi (Czernowitz) begleitet, wurde er über die Ländergrenzen Deutschlands bekannt und erhielt renommierte Preise. Doch der Weg zum internationalen Ruhm war nicht leicht. Wie sollte man als Dokumentarfilmer das Leben in der DDR realitätsnah abbilden, wenn nicht alles gezeigt und gesagt werden darf? In dieser Zwickmühle saß Volker Koepp vierzig Jahre lang - und produzierte dennoch über fünfzig Filme.
Wir haben aber releativ viel, fast alles, was an wirklich kritischen Sachen gesagt wurde, durchgekriegt. Das hatte aber zur Folge, dass meine DEFA-Filme - bis auf zwei Ausnahmen - in all den Jahren nie im DDR-Fernsehen gezeigt werden durften.
Volker Koepp: Werke ohne Publikum
Durch seine siebenteilige Dokumentationsreihe über das Leben von Textilarbeiterinnen in Wittstock, die in einem Langzeitprojekt von 1974 und 1997 entstanden, entdeckte er seine Handschrift als Filmemacher. Seine Werke zeichnen sich durch stille Szenen, Gestik und Mimik der Handelnden und poetische Elemente (wie Landschaftsaufnahmen) aus. Koepp scheute sich nicht, DDR-kritische Szenen zu verarbeiten und sie durch seine Art der Montage zu verstärken. Das hatte aber Folgen: Seine Filme wurden von der "Hauptverwaltung Film" zwar oftmals zugelassen, doch die Anzahl der Kopien sollte kleingehalten werden. Die Resonanz auf Koepps Filme war somit gering. Doch Koepp findet seinen Platz. Gezeigt wurden seine Filme dann auf Festivals im In- oder Ausland oder im Programm des Westfernsehens. "Es war auch immer eine Arbeit, die nicht so unendlich viele Menschen gesehen haben." sagt Koepp. Für einen Künstler ist das freilich frustrierend: "Es kam manchmal schon der Gedanke, dass man doch lieber aufhört".
Jeder wusste wie es ist, aber man musste sich ständig darüber Gedanken machen, ob es gezeigt werden darf.
Auch wenn Koepps Filme nicht im DDR-Fernsehen gespielt wurden, vertrauten ihm die Menschen in der DDR. Koepp sagt: "Es gab eine Art Grundvertrauen" und so erzählten ihm die Menschen auch Sachen, die in der medialen Öffentlichkeit eigentlich nicht stattfinden sollten. Denn "die Leute haben unterschieden zwischen DDR-Fernsehen und der DEFA". Koepp musste sie in diesem Fall schützen.
Dokumentarfilme in der DDR
Dokumentarfilme wurden in der DDR oftmals vor den eigentlichen Kinofilmen oder auf Filmfestivals gezeigt. Bevor ein solcher Film entstand und veröffentlicht wurde, musste er von der MfK-Abteilung "Hauptverwaltung Film" zugelassen werden. Dadurch sollte die SED-Kulturpolitik im Filmbereich durchgesetzt werden. Bis März 1990 bestand die "Hauptverwaltung Film", dann wurde sie von der DDR-Regierung aufgelöst. Besonders im Ausland bewunderte man die DDR-Dokumentarfilme für ihren Stil. Auch die Filme von Volker Koepp wurden ins Ausland oder in die Bundesrepbulik verkauft.
Mit der Zeit wurde Koepp vom Nachwuchskünstler zu einem der innovativsten Dokumentarfilmer der DDR. Die politische Wende und die Auflösung der "Hauptverwaltung Film" waren sein Glücksfall: Künstler mussten nicht länger ein Blatt vor den Mund nehmen. Heutzutage reiht er sich neben bekannten Dokumentarfilmern wie Jürgen Böttcher, Kurt Tetzlaf, Winfried Junge oder seinem früheren Dozenten Karl Grass ein.
Und was kam nach der DEFA?
1990 wurde die DEFA in die Treuhandverwaltung überführt und schließlich zwei Jahre später verkauft. Auch das Dokumentarfilmstudio ist kurz darauf aufgelöst worden. Volker Koepp war nach der Wiedervereinigung als freier Regisseur, Produzent und Autor unterwegs. Die Filme "Dieses Jahr in Czernowitz" (2004) oder "Holunderblüte (2007) feierten weitere internationale Erfolge. Allein für "Holunderblüte" wurde er sieben Mal ausgezeichnet. 2014 dann die Anerkennung auf Bundesebene: Joachim Gauck, der damalige Bundespräsident, verlieh ihm das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
Volker Koepp wurde mit seinen Dokumentarfilmen zu einem Chronisten der ostdeutschen Zeitgeschichte. Einzigartig ist dabei sein Stil, einfühlsam Menschen im Alltagsleben ihrer Heimat zu zeigen, die geprägt ist durch die wechselvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR ZEITREISE | 16. Mai 2021 | 22:20 Uhr