Valentina Tereschkova winkt aus einem blumengeschmückten Cabrio.
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Valentina Tereschkowa und Juri Gagarin in der DDR

18. August 2018, 10:11 Uhr

Im Oktober 1963 besuchten Juri Gagarin und Valentina "Walja" Tereschkowa auf Einladung Walter Ulbrichts die DDR. Die beiden sowjetischen "Himmelsgeschwister" wurden begeistert empfangen.

Valentina Tereschkova winkt aus einem blumengeschmückten Cabrio. 3 min
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Juri Gagarin und Valentina Tereschkowa, die wenige Monate zuvor als erste Frau im Weltall gewesen war, befanden sich auf dem Rückflug von den Vereinten Nationen in New York, als sie in der DDR einen mehrtägigen Zwischenstopp einlegten.

Weltraumfahrer als willkommene Attraktion

Die Idee zu diesem Besuch hatte Walter Ulbricht gehabt: Die beiden "Gäste aus dem All" sollten die gleißende Attraktion der in diesen Tagen stattfindenden Volkskammerwahlen sein.

Um dem Wahlfest gewissermaßen überirdische Weihen zu verleihen, hatte sich der SED-Chef die beiden Kosmonauten von Nikita Chruschtschow quasi ausgeliehen. Mit den "beiden sowjetischen Himmelsgeschwistern", den "lebendigen Zeugen des russischen Wunders", wie Walter Ulbricht ausführte, wollte er seiner Bevölkerung tatsächlich einmal etwas Großartiges bieten, vor allem aber etwas, dass der Westen nicht aufzuweisen hat: die ersten Menschen im Kosmos. Und die Begeisterung hunderttausender DDR-Bürger, die den beiden jungen Kosmonauten in Berlin, Erfurt, Karl-Marx-Stadt, Suhl sowie in der Chemiestadt Wolfen zujubelten, war keineswegs gestellt. Die "Gäste aus dem All", musste selbst das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in einer großen Reportage konstatieren, "seien ein Phänomen, was erkennbar eine Faszination selbst auf jene auszuüben vermag, die sonst für das Regime kein Fenster öffnen würden".

"Unsere Freunde aus dem All"

In seiner Begrüßungsansprache verkündete SED-Chef Walter Ulbricht, seinen beiden Gästen, "unseren Freunden aus dem All", die DDR richtig zeigen zu wollen. Zwar seien sie "mit den Wunderwerken sowjetischer Technik auch über unsere Republik geflogen", so Ulbricht, doch "aus dieser Entfernung" hätten sie schließlich "die Schönheiten unseres Landes, die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Errungenschaften und den Fleiß und die Friedensliebe unserer Menschen" nicht sehen können.

"Das Wort hat jetzt Genosse Oberstleutnant Gagarin"

Juri Gagarin, der sich in späteren Jahren gegenüber den Genossen der KPdSU bitter darüber beklagte, dass er stets gezwungen werde, vorgeschriebene Reden vorzutragen, wo er selbst doch am besten wisse, "was wo zu sagen" ist, bedankte sich artig für "den innigen Empfang" und beteuerte, dass er froh sei, in den nächsten Tagen Betriebe und landwirtschaftliche Produktionsanlagen in der DDR besichtigen zu können.

Der Übersetzer Gagarins war übrigens Werner "Wolodja" Eberlein, Ulbrichts Russisch-Chefdolmetscher. Eberlein, der ab 1964 als Abteilungsleiter im ZK der SED arbeitete, wurde 1983 Chef der SED-Bezirksleitung Magdeburg und gehörte von 1986 bis 1989 auch dem Politbüro an.

Juri und Walja im offenen Wagen durch Berlin

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"An diesem Abend findet man das graue Berlin in eine Stimmung versetzt, die mit den üblichen krampfhaften Ovationen für sozialistische Staatsgäste nichts gemein hat", befand der Hamburger "Spiegel" in einer Reportage aus dem
"Ulbricht-Staat" im Oktober 1963. "Hunderttausende haben sich mit ihren Kindern an den Straßen aufgestellt, dem ersten Kosmonauten und der ersten Kosmonautin der Welt mit politischem Demonstrationsgerät ein völlig unpolitisches Willkommen zuzuwinken." "Es ist, als hätten Juri und Walja den goldenen Glanz der Sterne in unsere Hauptstadt gebracht an diesem Abend voll überschäumenden Lebens", jubelte ein Reporter des "Berliner Rundfunks".

Die "Himmelsgeschwister" in Karl-Marx-Stadt und Erfurt

In einer damals technisch noch schwer zu bewerkstelligenden Konferenzschaltung übertrug der "Deutsche Fernsehfunk" am 18. Oktober 1963 eine zweistündige Unterhaltungssendung "zu Ehren des Besuchs der sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin und Valentina Tereschkowa in der DDR". Valentina Tereschkowa, die stets Ulbrichts Chefdolmetscher Werner Eberlein an ihrer Seite hatte, war in der Stadthalle Karl-Marx-Stadt zu Gast, Juri Gagarin in der Erfurter Thüringenhalle. Unter den Klängen des "Steigerlieds" betreten beide, klatschend und winkend, zeitgleich die Festhallen.

"Technik, bitte trennen!"

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Erfurt und Karl-Marx- Stadt hatten, nach kurzer Trennung, "die Konferenzschaltung wieder hergestellt": Minutenlanges rhythmisches Einheitsklatschen und der in ohrenbetäubender Lautstärke vorgetragene Wunsch des Publikums in Erfurt und Karl-Marx-Stadt, die Kosmonauten, sie mögen dreimal hochleben. "Genosse Gagarin, warum lächeln Sie nicht?", fragte die Tereschkowa einmal. Und Gagarin grinste. Das genügte fürs erste. "Wir treffen uns später wieder auf der Intervelle", sagte der Erfurter Moderator zu seinem Kollegen in Karl-Marx-Stadt. "Technik, bitte trennen!"

Kinder malen den Weltraumflug

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In Erfurt und Karl-Marx-Stadt wurde Wochen vor der Unterhaltungssendung des "Deutschen Fernsehfunks" ein Wettbewerb initiiert - Schulkinder sollten das Weltraumabenteuer Juri Gagarins und Valentina Tereschkowas malen. Die Schöpfer der zwölf besten Werke – jeweils sechs in Erfurt und Karl-Marx-Stadt - wurden auf die Bühnen gebeten und durften dort ihre Werke präsentieren. "Juri und Walja" signierten und kommentierten die Zeichnungen.

"Das Banner des Kommunismus ins Universum getragen"

Geduldig lassen der pfiffig um sich blickende Juri Gagarin und Valentina Tereschkowa, "deren Lockenkopf noch die Raffinesse eines New Yorker Coiffeurs verrät", wie der Reporter des "Spiegel" bemerkte, auch eine "besondere Ehrung" über sich ergehen: die Auszeichnung mit der "Arthur Becker Medaille in Gold", der höchsten Auszeichnung, die die FDJ zu vergeben hat. "Mit Mut und Kühnheit", tönt ein FDJ-Funktionär, "haben die beiden das Banner des Kommunismus in die unendlichen Weiten des Universums getragen."

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: 28.08.2018 | 21:15 Uhr

Eine Büste von Juri Gagarin
In Erfurt steht die Büste von Juri Gagarin unmittelbar am gleichnamigen Straßenring. Zwar gab es nach der Wende in Thüringen viele Umbenennungen. Viele DDR-typische Namen blieben aber erhalten. Bildrechte: picture alliance / Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa