Medaillen und Orden: DDR - die "ausgezeichnete Republik"
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28. Juli 2020, 08:29 Uhr
In der DDR gab es mehr als 10.000 staatliche und gesellschaftliche Auszeichnungen: Orden, Abzeichen, Medaillen. Statistisch betrachtet erhielt jeder Bürger im Verlauf seines Lebens zehn Auszeichnungen.
In der DDR kursierte folgender Witz: Ein Krokodil klagt dem anderen 'Ich hab gestern einen Amerikaner gefressen und hab immer noch Kaugummi zwischen den Zähnen. Ekelhaft!' – 'Das ist doch gar nichts', erwidert das andere Reptil. 'Ich fraß letzte Woche einen Parteifunktionär, seitdem spucke ich unentwegt Orden.'
Vom Pionierabzeichen bis zum "Held der Arbeit"
Doch nicht nur die Funktionäre der Staats- und Parteiführung hefteten sich in schöner Regelmäßigkeit – bei Republikgeburtstagen oder auf SED-Parteitagen – gegenseitig Verdienstorden an die Brust. Das Auszeichnungswesen erfasste buchstäblich jeden in der Republik, sobald er den Kindergarten verlassen hatte. Vom Pionierabzeichen bis zum "Helden der Arbeit" - ausgezeichnet wurde gern und viel. Statistisch betrachtet erhielt jeder DDR-Bürger im Verlauf seines Lebens zehn Auszeichnungen.
10.000 mögliche Auszeichnungen
Neben den etwa 142 staatlichen gab es mehr als 10.000 gesellschaftliche Auszeichnungen. Die Palette reichte vom "Abzeichen für gutes Wissen" und dem "Für gutes Verhalten im Straßenverkehr" über den "Held der Arbeit" bis zum "Karl-Marx-Orden" und dem "Nationalpreis". Insgesamt gab die DDR jedes Jahr 40 Millionen Mark für Medaillen, Orden, Banner, Urkunden und die mit den Ehrungen verbundenen Geldprämien aus.
"Ein schöner Orden hebt das Bewusstsein"
In den fünfziger Jahren hatte die SED noch verkündet: "Ein schöner Orden hebt das Bewusstsein." In den folgenden Jahrzehnten veredelte sie ihre Blechanhänger allerdings mit Geldprämien, um den Anreiz zu erhöhen. Und die Prämien konnten sich durchaus sehen lassen: Eine Würdigung "Held der Arbeit" brachte 10.000 Mark ein, der "Karl-Marx-Orden" das Doppelte. Enorme Summen in der DDR. Die höchstdotierte Auszeichnung war der "Nationalpreis". Dafür gab es 100.000 Mark. Ein kleines Vermögen.
Die mit Abstand meisten Auszeichnungen verlieh das Verteidigungsministerium. Rund 250.000 Orden, Ehrenzeichen, Medaillen und Schützenschnüre wurden pro Jahr an die Offiziere und Wehrpflichtigen ausgeschüttet. Selbst für den Ernstfall hatte man in den achtziger Jahren Vorsorge getroffen: Im Tresor des Ministeriums lagerte der geheime "Blücher-Orden". Er hatte die Form eines Kreuzes und auf der Rückseite stand "Für Tapferkeit".
Ausgezeichnet bis zum Schluss
Seit dem Ende der siebziger Jahre sind immer neue Auszeichnungsmöglichkeiten geschaffen worden. Und je trostloser die Lage wurde, desto mehr Orden gab es. Die letzten heftete Erich Honecker im Oktober 1989 Bestarbeitern, Künstlern und verdienten Genossen an die Brust. Es war wie ein verzweifeltes Aufbäumen gegen die Realität.
Über dieses Thema berichtete der MDR auch in der TV-Doku "Die ausgezeichnete Republik": 05.12.2004 | 05:00 Uhr