Wie Che Guevara nach Leipzig kam
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Die DDR und Kuba
18. November 2021, 10:42 Uhr
Kuba und die DDR verbanden vor allem wirtschaftliche Beziehungen. Diese nahmen ihren Anfang mit einem Besuch von Ernesto "Che" Guevara im Dezember 1960.
Der Grund für Guevaras Reise: die US-Wirtschaftsblockade
Es ist der Herbst 1960. Kuba sitzt auf seiner gesamten Zuckerernte fest. Hintergrund ist eine Wirtschaftsblockade der USA. Sie reagiert damit auf eine Maßnahme der neuen kubanischen Regierung: Alle Großgrundbestizer des Landes wurden einteignet; das betrifft vor allem reiche Exil-Kubaner und US-Amerikaner betroffen. Ein Affront in den Augen der US-Politiker. Ihre wirtschaftlichen Sanktionen treffen Kuba hart: Der Export in die USA ist neben Rum und Tabak die wichtigste Devisenquelle. Ohne dieses Geld können Lebensmittel und Rohstoffe auf dem Weltmarkt nicht eingekauft werden. Ein adhoc-Bankrott.
Der Ablauf war ungefähr so, dass die USA Strafmaßnahmen erlassen haben nach den ersten Nationalisierungen. Es ging konkret um die Abnahme von Zucker, Kuba hat immer viel Zucker produziert. Und das hat die Wirtschaft sehr stark getroffen. Und dann hat die junge kubanische Regierung geschaut, wo können wir diesen Zucker jetzt verkaufen.
Ernesto "Che" Guevara, angehender Industrieminister, macht sich also auf den Weg, um den Zucker loszuwerden. Bei seiner Rundreise kommt er vom 13. bis 17. Dezember 1960 auch in die DDR. Auf dem Programm: Staatsbesuch in Berlin, Fahrt nach Leuna, um die Düngemittelproduktion zu besichtigen. Der Abstecher nach Leipzig wird kurzfristig geplant.
Der Mini-Staatsbesuch: Guevara in Leipzig
Guevara interessiert sich vor allem für die Leipziger Messe: Wegen der US-Wirtschaftsblockade braucht Kuba neue Bündnispartner, Absatz- und Beschaffungsmärkte, Zugang zum Außenhandel. Die Leipziger Messe kommt wie gerufen: Was Guevara hier vereinbart, mündet im ersten viel beachteten Auftritt Kubas auf der Frühjahrsmesse in Leipzig 1961. Bei dem Mini-Staatsbesuch trifft sich Guevara auch mit jungen Kubanern, die an der damaligen Karl-Marx-Universität studieren. Auch Jochen Gutte dabei, der Lehrerstudent wird direkt aus dem Russisch-Seminar zum Mini-Staatsbesuch delegiert. Er ist von Che Guevara begeistert.
Was da gesprochen wurde, war: Wir werden siegen und wir haben das bessere Ziel vor Augen und wir werden es unserer Umgebung zeigen. Und wir fanden das gut.
Die Bilanz des Treffens: Neue Freunde, neue Abkommen
Nach dieser Reise im Dezember 1960 zählt Kuba international zum sozialistischen Lager. In der DDR hat Che Guevara neue Freundschaften geknüpft und mehrere konkrete Wirtschaftsabkommen vereinbart. Ab 1961 werden diese noch wichtiger, denn mit Beginn der Präsidentschaft Kennedys unterhält die USA zu Kuba keinerlei diplomatischen Kontakte mehr. In Sachen Wirtschaft bedeutet dies: Wer mit Kuba handelt, handelt fortan nicht mehr mit der USA. Die DDR unterhält jedoch intensive Beziehungen. 1972 besucht Kubas Staatsschef Fidel Castro zum ersten Mal die DDR, 1974 folgt Honeckers Gegenbesuch auf Kuba.
Die DDR liefert ganze Fabrikanlagen, Südamerikas größte Zementfabrik ist made in GDR. Als Gegenleistung erhält die DDR Zucker, Südfrüchte wie die "Kuba-Orangen" und Nickel zu Vorzugspreisen. Zudem kommen kubanische Arbeitskräfte in die DDR.
Nach 1989 herrscht ein anderer Ton in Deutschland, der der 1960-er Jahre. Die Bundesrepubnlik hat kaum Beziehungen zu Kuba unterhalten und bleibt auf diesem Kurs - bis 2015. Als erster Außenminister der Bundesrepublik hat Frank-Walter Steinmeier im Sommer 2015 die Karibik-Insel besucht.
Ernesto "Che" Guevara
Ernesto "Che" Guevara steigt Ende der 1960-er Jahre zur Ikone der revolutionären Linken auf. 1928 wird er in Argentinien geboren und studiert in Buenos Aires Medizin. In dieser Zeit unternimmt er zwei ausgedehnte Reisen durch Südamerika. Dabei lernt er in Mexico Fidel Castro kennen. Ende 1956 schließt er sich als Arzt der Invasionstruppe an, mit der Castro auf Kuba landen und den dortigen Diktator Batista stürzen will.
Die Landung ist ein Desaster, aber nach einem zwei Jahre andauernden Guerillakampf gelingt es, Batista zu verjagen. Guevara steigt in der Guerilla zum zweiten Mann hinter Castro auf. Mit 31 Jahren wird Guevara erst Präsident der Nationalbank, später Industrieminister.
Seine Bekanntheit ist groß, weil er weltweit um Unterstützung für das neue Regime in Kuba wirbt. Guevara wird zum Sprachrohr der kubanischen Revolution, wirbt wortgewaltig und charismatisch für den Kommunismus. Als Politiker ist er jedoch erfolglos, überwirft sich 1965 mit Castro - nach einem 40-stündigen Gespräch verschwindet Guevara spurlos aus der Öffentlichkeit.
Guevara wird 1967 in Bolivien erschossen - dort hatte er einen Guerillakrieg geführt.