Wendejahr Band Kettcar besingt "Sommer '89"
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26. Februar 2018, 14:28 Uhr
"Es war der Sommer '89 – eine Flucht im Morgengrauen...": Die Hamburger Band Kettcar besingt eine Fluchtgeschichte aus Westperspektive und will damit vor allem eins: "Keine einfachen Antworten liefern", so Sänger Marcus Wiebusch.
Woher kam die Idee zum Song “Sommer '89”?
Die Idee zum Song kam durch einen Zeitungsartikel über ein österreichisches Ehepaar, die in dem Sommer '89 sehr viele DDR Bürger über die Grenze geholt haben. Ich fand das irgendwie heldenhaft.
Und das wollten Sie dann in Bezug zur aktuellen Flüchtlingssituation setzen?
Mit dem Song möchte ich keine einfachen Antworten geben, sondern vor allem viele Fragen aufwerfen. Ja, er hat Bezug auf das Jahr 2017, in dem das Flüchtlingsthema eine große Rolle spielte. Natürlich sagen manche: Man kann damals nicht mit heute vergleichen. Und wenn schon. Der Song wurde aus nur einem einzigen Grund geschrieben: Um alle daran zu erinnern, dass das Helfen über Zäune hinweg ein zutiefst menschlicher Akt ist.
Wie ist denn Ihre eigene Erinnerung an den Sommer 1989?
Ich habe zu dem Zeitpunkt Zivildienst gemacht und bei mir ist es auch eine persönliche Geschichte. Denn mein Großvater hat Zeit seines Lebens gesagt: die Mauer fällt. Ihm hat das alles bedeutet. Und ich musste weinen, ich musste so krass weinen, als es dann losging in diesem Sommer '89, als die Leute da in Ungarn über die Grenze gingen. Das war irgendwie aufwühlend für mich. Und ich kam ja aus sehr sehr linken Zusammenhängen und hab' dann auch die Diskussionen über Ideologie wie in der dritten Strophe hautnah mitgekriegt.
Wie ist denn das Outro gemeint?
Im Outro möchte ich mich nicht als Westdeutscher aufschwingen und irgendwen kritisieren. Ich führe einfach Gründe an, warum Menschen von A nach B fliehen. Niemand ist natürlich aus der DDR für Besserwessi-Sprüche geflohen. Die wollten Reisen um die Welt, die wollten Grundgesetz, freie Meinungsäußerung. Und natürlich auch Wohlstand. Im Song habe ich so viele Gründe angeführt, warum jemand durch Zäune kriecht und das ist heute auch so. Und da kann man nicht einfach sagen: Nein, ihr kommt hier nicht durch, weil ihr aus dem und dem Grund kommt.
Das ist mir als Künstler wichtig, auf so ein komplexes Feld wie Flüchtlingsproblematik keine einfachen Antworten zu liefern, sondern eine komplexe Geschichte aufzuarbeiten und hoffentlich zum Nachdenken anzuregen.
Über dieses Thema berichtete das MDR ZEITREISE-MAGAZIN im: TV | 27.02.2018 | 21:15 Uhr