1987 Kindheit in der DDR René Kindermann - Ostdeutscher durch und durch
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"Tapetenwechsel" - Prominente über 25 Jahre Mauerfall
15. September 2015, 11:46 Uhr
Von sich selbst sagt der MDR-Moderator René Kindermann: "Ich bin Ostdeutscher durch und durch". Er stammt aus der Lausitz und hat nach der Wende die Welt erobert. Wie, erzählt der 38-Jährige in der neuen GMD-Serie "Tapetenwechsel - Prominente über 25 Jahre Mauerfall".
Viel weiter aus dem Osten kann man als Deutscher nicht kommen: René Kindermann wächst in See bei Niesky auf, im östlichsten Teil Sachsens an der Grenze zu Polen und Tschechien.
In der DDR gilt die Gegend als Tal der Ahnungslosen. Niesky ist weg vom Schuss, schon eine Fahrt nach Dresden ist eine gefühlte Weltreise. Es gibt noch keine Autobahn und auch kein West-Fernsehen. Statt der "Tagesschau" flimmert bei Kindermanns die "Aktuelle Kamera" über den Bildschirm.
Alles, was wir jemals gesehen haben, war das Testbild vom Sender Freies Berlin, und das auch nur mit viel Unschärfen drauf, aber wirklich was mitzubekommen von dem, was der Westen über uns erzählt hat, war ganz schön kompliziert.
Kindheit in Niesky
Vom Westen erfährt René Kindermann als Kind trotzdem eine ganze Menge. Denn der Vater ist als LKW-Fahrer im nicht-sozialistischen Ausland unterwegs. Von seinen Touren bringt er seinem Jungen die "Bravo", Spielzeug und Kinderschokolade mit. Außerdem erzählt der Vater begeistert von seinen Reisen in die Schweiz. "Also, ich hab' das schon ganz gut mitbekommen, was da so war", erinnert sich René Kindermann.
Vor der Wende waren die Schule und der Sport die Anker in seinem Leben. Neben dem Unterricht geht Kindermann fünfmal pro Woche zum Leichtathletik-Training. Zur großen Sportlerkarriere reicht es nicht, aber Kindermann lernt Disziplin und Durchsetzungsvermögen, lotet beim Sport immer wieder seine Grenzen aus. Für ihn eine erfüllte Kindheit und Jugendzeit in der DDR.
Das war alles perfekt organisiert. Es gab die Pioniere - die Jungpioniere, die Thälmannpioniere - es gab die Pionierrepublik, es gab die Ferienlager, es gab die Hortbetreuung, es gab die Schulen mit zauberhaften Lehrern. Es gab natürlich auch Sport, ich hab' ja fünf Tage die Woche trainiert. Also das war schon ein rundum erfülltes Kinder- und Jugendleben in der DDR.
Ab zur Zeitung und in die USA
Der Sommer '89 ist für René Kindermann ein ganz normaler Sommer. Der 14-Jährige jobbt bei der Post und trägt mit dem Fahrrad in seinem Heimatort See Zeitungen und Briefe aus. Nach den Ferien versucht die Schule, den normalen Rhythmus beizubehalten. Große Veränderungen gibt es nicht, wie sich René Kindermann erinnert. Auch nach dem Fall der Mauer bleibt in Niesky erst einmal alles beim Alten - bis auf den Fahnenappell vor dem Unterricht, der verschwindet sofort. Der Ferienjob bei der Post aber leider auch.
Ein Nachbar vermittelt Kindermann an die "Sächsische Zeitung". Das Blatt sucht Fotografen und so entdeckt René Kindermann eine neue Leidenschaft. Das erste Foto für die Zeitung macht er 1991 am Kindertag von einer bunt geschmückten Pferdekutsche. Ein Erfolgserlebnis, dem viele folgen. Trotzdem wird es ihm bald zu eng in Niesky. 1993 geht René Kindermann als einer der ersten aus der Region für ein halbes Jahr als Austauschschüler in die USA. Ein Abenteuer: der lange Flug, fremde Menschen und eine ungewohnte Sprache. Angekommen in Idaho versteht Kindermann zuerst kein Wort, ist einsam. Doch er lernt, sich durchzuboxen, auf Menschen zuzugehen. Den amerikanischen Optimismus bringt er auch mit zurück nach Niesky.
Das ist am Ende eine Kombination, die mich als Person ausgemacht hat oder immer noch ausmacht: Dass ich allen Menschen mit offenen Armen gegenübertrete und nicht erstmal versuche, Probleme zu finden und zu sehen, wo gar keine sind.
Der Weg zum MDR
Zurück in Niesky macht René Kindermann sein Abitur und versucht, der Gegend als Reporter Geschichten abzuringen. Mitte der 1990er-Jahre ist er rund um die Uhr auf Achse, trifft Bürgermeister und Betriebsdirektoren - und er hat als einer der ersten in Niesky ein Mobiltelefon. Fortan geht seine Karriere steil bergauf. Seit 1998 ist René Kindermann beim MDR, zunächst beim Radio, dann als Moderator im MDR Fernsehen und in der ARD zu sehen. Als Sportredakteur kommt er viel in der Welt herum. Seit Anfang des Jahres moderiert er mit Kim Fisher die MDR-Talkshow "Riverboat".
Ostdeutscher durch und durch
Wenn es um das Thema Herkunft geht, sind viele Menschen aus dem Westen oft erstaunt, dass René Kindermann aus dem Osten kommt. Der Moderator selbst geht mit seiner Herkunft offen um.
Er sei "Ostdeutscher durch und durch" und Botschafter der Tourismusregion Oberlausitz. Dort ist er groß geworden, "und das ist ein toller Landstrich mit liebenswerten Menschen", wie er sagt. Eine Heimat, die ihn geprägt hat, und ihn bis heute auf seinem Weg begleitet.