Idylle im Grünen bedroht "Bei denen da oben piept's wohl"
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Laubenpiepers Ärger mit den Westgesetzen
11. August 2017, 12:16 Uhr
Mit dem Einigungsvertrag kamen neue Regelungen für Gartenbesitzer – und er barg manche böse Überraschung in Sachen Grundbesitz.
Durch die beschränkten Reise- und Freizeitmöglichkeiten erfreuten sich Kleingärten in der DDR ungemein großer Beliebtheit. Ein weiterer Grund lag in den beengten Wohnverhältnissen: Kriegszerstörung und Umsiedlung aus den ehemaligen Ostgebieten hatten zu einer extrem großen Bevölkerungsdichte in den intakten oder wieder errichteten Wohnvierteln geführt.
Die Plattenbausiedlungen entschärften seit Mitte der 1960er-Jahre die Situation zwar etwas, aber auch die "neuen sozialistischen Wohnformen" in den vom Volksmund "Proletarierschließfächer" genannten Blöcken verlangten nach Ausgleich und Entspannung. Und so gerieten Kleingärten zum luftigen Ort der Wahl und die Laube zum zweiten Zuhause, aus dem für manche im Sommer auch das eigentliche Zuhause wurde. Niemand störte sich daran, dass Lauben ausgebaut wurden, manchmal sogar winterfest, manchmal fast schon hausartig. Doch mit der Zäsur von 1989/90 änderte sich auch für die Besitzer von Laubenlandparzellen einiges.
Das Paragrafengestrüpp wuchert
Das Bundeskleingartengesetz von 1983 wurde mit dem Einigungsvertrag auch in den ostdeutschen Ländern gültig. Es definiert, was ein Kleingarten ist:
"Garten, der dem Nutzer zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient und in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen zusammengefasst sind." Der Kleingarten soll nicht größer als 400 m² sein, die auf dem Grundstück zu errichtende Laube soll die Grundfläche von 24 m² nicht überschreiten.
Ein Gesetz gegen den Wildwuchs?
Ärger machte 1990 vor allem eine Festlegung, nach der Gebäude auf Kleingartengrundstücken nicht dauerhaft bewohnt sein dürfen. Denn diese Regelung widersprach lieb gewordenen Gewohnheiten vieler Kleingärtner im Osten. Nun ging der Streit los: Was bedeutet "dauerhaft"? Ist schon der regelmäßige Besuch mit Übernachtung am Wochenende als dauerhaftes Wohnen zu bewerten oder erst das wochenlange, monatelange Bewohnen der Laube im Sommer? Und was spricht eigentlich dagegen? Kommt das Gesetz nicht aus einem Geist, das billige Wohnalternativen beschränken will, um Vermieterinteressen zu wahren? Müssen winterfest ausgebaute Lauben gar abgerissen werden? Die Verunsicherung war über einige Jahre sehr groß, und in den meisten Fällen sind es inzwischen die Satzungen der Kleingartenanlagen, die erträgliche Lösungen für die Pächter gefunden haben. Apropos Pacht: Das zweite große Thema für Kleingärtner nach der Wende war die Frage der Besitzverhältnisse.
Wem gehört das Land?
Während in den alten Bundesländern der übergroße Teil der Kleingartenanlagen auf Kommunalem Grund errichtet ist (90 Prozent; Stand 2008), ist die Situation im Osten weit unübersichtlicher. Viele Kleingärten waren auf Grundstücken errichtet worden, die nach 1990 im Zuge der Klärung offener Vermögensfragen an Alteigentümer zurückgegeben wurden. Was sollte nun werden mit Laube, Baum und Strauch? Heftige Auseinandersetzungen gaben den Kleingärtnern ein neues Betätigungsfeld und den Anwälten Brot. In einigen Fällen, wenn die Kleingärten auf attraktiven Grundstücken lagen, mussten ganze Anlagen einer neuen Bebauung weichen.
Oasen im Staub der Städte
Da viele Städte durchaus den sozialen und ökologischen Wert der Kleingärten erkennen und schätzen, gab es zunehmende Bestrebungen, in den Bebauungsplänen die Kleingärtenflächen vor Umwidmung zu schützen.
In einer Befragung von 60 Städten ermittelte eine Studie, dass im Westen immerhin 24 Prozent der Kleingartenanlagen als Dauerkleingartenanlagen ausgewiesen sind, im Osten dagegen nur sieben Prozent.
Die gleiche Studie des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung kommt zu dem Schluss, "dass das Kleingartenwesen mit mehr als einer Million Kleingärten auch unter den heutigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen einen hohen Stellenwert einnimmt. Die Kleingärten und Kleingartenanlagen, von denen 84 Prozent öffentlich zugänglich sind, leisten in den alten und neuen Ländern einen wichtigen städtebaulichen, ökologischen und sozialen Beitrag."
(zuerst veröffentlicht am 07.09.2009)
Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: exakt - Die Story: Laubenglück in Gefahr | 30.10.2013 | 20: 45 Uhr