Musikgeschichte Das einzige Ostrockmuseum Deutschlands
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22. Mai 2024, 12:40 Uhr
Auf nur 140 Quadratmetern Ausstellungsfläche eröffnet sich im Ostrockmuseum in Kröpelin unweit der Ostsee ein ganzer Kosmos. Von Träumen und Sehnsüchten wird hier erzählt, aber auch von Verboten und verlorenen Idealen.
Seit 2015 hat der Ostrock in Kröpelin ein festes Zuhause. Instrumente von Musikern können hier genauso besichtigt werden wie Schallplatten, Fotografien, Tonbandgeräte, ein Tonstudio oder persönliche Erinnerungsstücke. Vieles haben die Musiker oder deren Angehörige dem Museum zur Verfügung gestellt. Zu entdecken gibt es zum Beispiel die Bassgitarre, auf der Klaus Renft – Namensgeber und Leiter der berühmten Klaus-Renft-Combo – zuletzt gespielt hat oder einen silbernen Hut von Fritz Puppel von der Band City. Der glatzköpfige Musiker hatte bei seinen Auftritten nämlich immer einen Hut getragen, damit ihm nicht unterstellt werden könnte, er sympathisiere mit Skinheads.
Hits der Renft-Combo
Die Museumskuratoren Rüdiger Kropp, Reinhold Dankert und Thomas Lehner erzählen den Besuchern anekdoten- und kenntnisreich vieles über die Geschichte des DDR-Rocks und seiner Musiker: Wie die Gruppe Renft in der Rockballade vom kleinen Otto die Zeilen sang: "Hol mich nach Norden oder ich flieh" – eine Anspielung auf die Flucht aus der DDR, die der Band 1975 ein Auftrittsverbot bescherte.
"Jugendliebe" neu bearbeiten
Im Ostrockmuseum gibt es einen Plattenladen mit den Scheiben von früher, ein Funktionärsbüro mit den Utensilien der Obrigkeit (Schriftstücke der Kulturbürokratie auf dem Schreibtisch), einen Bühnenraum mit Instrumenten und ein Tonstudio. Hier können die Besucher eigene Bearbeitungen eines bekannten Gassenhauers ("Jugendliebe" von Ute Freudenberg) erschaffen.
Auf einem Zeitstrahl an der Wand wird die Geschichte des Ostrocks und seiner Musiker erzählt und in die gesellschaftlichen Zusammenhänge eingebettet. Von den Höhe- und Tiefpunkten des DDR-Rocks ist dort zu lesen, von erfolgreichen und verbotenen Bands, von der Kulturpolitik, die vieles möglich machte und auch unterdrückte.
DDR-Musiker mit Abschluss
Der Ostrock sei eine besondere Form der Musik, so Rüdiger Kopp, einer der Kuratoren des Museums. Denn in der DDR hätten Musiker alle einen Fachschul- oder Hochschulabschluss haben müssen. Deshalb sei der Ostrock eine besondere Form der deutschen Rockmusik und auch ein Kulturgut, so Kopp. Die Rockmusiker in der DDR haben auch viel mit professionellen Textern zusammengearbeitet, ergänzt sein Kollege Reinhold Dankert. Sie waren ausgebildete Lyriker, die oft auch Botschaften über die politischen Umstände in den Songtexten unterbrachten.
11.500 Mark für eine Bassgitarre
Der dritte im Bunde der Museumsleute ist Thomas Lehner, der schon in vielen Bands gespielt hat. Alle drei führen regelmäßig Besucher durch das Museum: Für solche aus dem Osten ist es eine Wiederbegegnung mit der eigenen Jugend, für die aus dem Westen oft Exotik. Die aus dem Osten träumten oft von den alten Zeiten und seien total entzückt, wenn sie die Schallplatten sehen würden.
Die Besucher aus dem Westen können sich dagegen Lehner zufolge überhaupt nicht vorstellen, dass man für eine Bassgitarre früher 11.500 Mark bezahlen musste und sich extrem krummlegen musste, um an so ein begehrtes Instrument zu kommen. "Ohne Beziehungen ging da nix", so Lehner. Obwohl das alles so lange zurückliegt, ist das Interesse am Ostrock immer noch groß. Für viele Besucher sei ganz erstaunlich, wie facettenreich die Geschichte des Ostrocks doch gewesen sei.
Und obwohl es mit der DDR schon eine Weile vorbei ist, gibt es immer noch viel Neues an ihrer Rockmusik zu entdecken. Schließlich ist diese Musik für viele Menschen auch ein Teil ihres Lebens und ihrer Jugend gewesen. Und die bewahren sie, mitsamt der dazugehörigen Musik, im Herzen.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Laut sein und provozieren! Hard Rock in der DDR | 20. November 2022 | 22:00 Uhr