HO: Der staatliche Einzelhandel der DDR

15. November 2018, 11:02 Uhr

Einkaufen war in der DDR alles andere als eine Nebensache - egal, ob es um Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs oder um hochwertige und langlebige Konsumgüter ging. Bei der Versorgung der Bevölkerung hatte das staatliche Einzelhandelsunternehmen Handels-Organisation, kurz HO, die Nase leicht vorn. Es wurde noch vor der DDR gegründet und öffnete am 15. November 1948 seine erste Filiale in Berlin.

Butter, Fleisch und andere Grundnahrungsmittel ohne Lebensmittelmarken einkaufen - das war der große Unterschied der 1948 gegründeten HO im Vergleich zum Konsum oder dem privaten Einzelhandel. Die Handels-Organisation sollte die schwierige Versorgungslage der Bevölkerung verbessern und entwickelte sich nach Eröffnung der ersten Filialen ab November 1948 rasant. Neben dem freien Verkauf von Lebensmitteln wurden auch lang entbehrte Konsumgüter und Mangelwaren zu hohen Preisen angeboten.

Staatliche Bevorzugung der HO

Mit der HO sollte außerdem der Schwarzmarkt eingedämmt und Geld bei der Bevölkerung abgeschöpft werden. Als volkseigenes Handelsunternehmen sicherte sich die wenig später gegründete DDR mit der HO zudem grundlegenden Einfluss im Einzelhandel, eng verknüpft mit der sozialistischen Planwirtschaft.

Das führte dazu, dass die HO bei der Verteilung von Waren bevorzugt wurde. So gab es in deren Geschäften schon in den Anfangsjahren der DDR Orangen in der Weihnachtszeit, während anderswo bis 1958 selbst einfache Lebensmittel nur bei Vorlage von Lebensmittelmarken erhältlich waren. Insgesamt hatte die HO bis zum Ende der DDR die Nase leicht vorn, was die Breite des Warenangebotes betrifft. Letztlich konnte aber auch die HO nur das verkaufen, was es an Waren zu verteilen gab. Im Schnitt tätigte die HO etwa 40 Prozent des gesamten Umsatzes im Einzelhandel der DDR.

HO und Konsum vereint im Mangel

Leidtragende der Entwicklung waren die privaten Betreiber von Einzelhandelsgeschäften. Die genossenschaftlich organisierten Konsum-Einrichtungen dagegen konnten sich behaupten. So kam es, dass es in wohl fast allen Städten und Gemeinden der DDR ein HO-Geschäft und einen Konsum gab. Schlange stehen mussten die Menschen bei beiden, wenn eine Lieferung kam oder etwas Besonderes eingetroffen war. Das hochpreisige Warensegment wurde dann vor allem in den 1970er-Jahren ausgedünnt und in den neuen "Delikat-" und "exquisit"-Läden verkauft.

HO in allen Größen

Von Anfang an betrieb die HO auch größere Verkausstellen, vor allem für Konsumgüter wie Möbel. Und die Einrichtung von großen Warenhäusern ließ nicht lange auf sich warten. Sie firmierten unter der Bezeichnung "Centrum". Charakteristisch war bei den Kaufhaus-Neubauten die rasterartige Metallfassade. In den 1960er-Jahren ging die HO dazu über, Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs in Kaufhallen anzubieten. Trotz dieser Entwicklung hin zu größeren Verkaufsflächen pro Objekt existierte bis zum Ende der DDR eine Vielzahl kleiner HO-Läden, meist spezialisiert auf eine bestimmte Warengruppe, sei es der Fleischer, das Obst- und Gemüsegeschäft, der Textil-HO, das Spielwarengeschäft, der Schuhladen usw.

Und die HO "machte" nicht nur in Einzelhandel. In der gesamten DDR unterhielt sie zahlreiche Gaststätten, Cafés, Ausflugslokale und sogar Hotels, darunter das bekannte Hotel "Neptun" direkt am Strand von Warnemünde.

Nach 1989 wurde die HO durch die Treuhand verkauft. Die "Centrum"-Warenhäuser gingen in der Regel an die Kaufhaus-Ketten Kaufhof, Karstadt und Hertie. Die Kaufhallen wurden von Supermarktketten übernommen.

(pkl)

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: Umschau | 17.04.2018 | 20:15 Uhr