Porträt einer Schaustellerfamilie Die Drei vom Rummel
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01. Juni 2011, 11:51 Uhr
1978 porträtierte das DDR-Fernsehen die Schaustellerfamilie Liebig aus Dresden. Liebigs betrieben eine Losbude, mit der sie mehr als 20 Jahre über die Rummelplätze der DDR zogen.
Eine von 650 Schaustellerfamilien in der DDR
Gemeinsam mit seiner Frau und Tochter betrieb Werner Liebig, der selbst aus einer alten Schaustellerfamilie stammt und sich einen "Rummelfritzen" nannte, eine Losbude - "Liebigs Schnell-Verlosung". Familie Liebig war eine von 650 Schaustellerfamilien in der DDR, die jährlich über 50 Millionen Rummelplatzbesucher unterhielten. "Gewerbetreibende in Sachen Unterhaltungskunst" nannte sie der Reporter des DDR-Fernsehens in seiner Reportage "Drei vom Rummel". Und Liebig wünschte sich, dass aus der Tätigkeit des Schaustellers einmal ein "anerkannter Beruf" werden würde.
Manipulation der Lose ausgeschlossen
Seine Lose bezog Werner Liebig vom "VEB Tombolalose Dresden". Sie waren "fix und fertig gemischt", so Liebig, und das Verhältnis von Nieten und Gewinnen betrug vorschriftsmäßig 4:1. "Manipulieren geht nicht", versicherte der Schausteller dem Reporter. Die Preise waren übrigens seit 1948 stabil geblieben: 25 Pfennig kostete ein Los auf allen Rummelplätzen der DDR. Zu gewinnen gab es bei "Liebigs Schnell-Verlosung" neben Wasserkesseln und Kochtöpfen vor allem Spreewaldgurken, Halberstädter Bockwürste, "Schlagschaum" und "Rosenthaler Kadarka".
Keine Angst vorm "Zigeunerleben"?
Als Liebigs 1960 geheiratet hatten, gab Frau Liebig ihren Beruf als Industriekauffrau auf und arbeitete fortan in der Losbude ihres Mannes mit. "Hatten Sie keine Angst vor dieser Art Zigeunerleben?", fragte der Reporter. Nein, antwortete Frau Liebig, gab aber zu, dass es anfänglich schon schwierig gewesen sei, vor allem, weil es keine geregelte Arbeitszeit mehr gegeben habe. Ansonsten sei im Wohnwagen aber alles wie zu Hause, nur kleiner und beengter, so Frau Liebig.
"Wann geht’s denn wieder los?"
"Spätestens im März fängt es bei mir immer an zu kribbeln", erzählte Werner Liebig. "Da zieht es mich von der Wohnung in den Wohnwagen. Das ist wie das Frühlingserwachen des Schaustellers." Und seiner damals 13-jährigen Tochter ging es schon ganz genauso. "Vati, wann geht's denn endlich wieder los?", fragte sie jedes Frühjahr ungeduldig. "Ich möchte bald wieder in den Wohnwagen ziehen ..."