1971: Erste Ehekredite in der DDR Die Zeilers und der DDR-Ehekredit
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07. September 2007, 12:26 Uhr
Im Juni 1973 gaben sich Ingrid und Jürgen Zeiler das Ja-Wort. An geordneten Familienverhältnissen waren die DDR-Landesväter und -mütter durchaus interessiert. So reichte man an frisch Vermählte gern den sogenannten Ehekredit aus. Die Zeilers investierten das Geld wie viele andere junge Paare in "Eisenberg Q". Die Prachtschrankwand ist nun fast so alt wie das Eheversprechen der Zeilers und - sie steht noch.
Juni 1973. Ingrid und Jürgen Zeiler geben sich das Ja-Wort. Allerdings wohnt jeder vorerst noch bei den Eltern. Erst zwei Jahre nach der Hochzeit bekommt das junge Paar eine eigene Wohnung.
Die lange Zeit des Wartens auf den gemeinsamen Lebensstart verbringen sie damit, sich ihr künftiges Heim auszumalen. Fest eingeplant dabei: der staatliche Ehekredit.
5.000 hat es gegeben, da waren 50 im Monat zurückzuzahlen – die hat man! Wir haben beide gearbeitet. Ich habe immer gesagt: Mit vierzig Fieber kann ich das noch abzahlen.
Ab 1971 gibt es in der DDR den Ehekredit - als eine der sozialpolitischen Maßnahmen nach dem VIII. Parteitag. Mehr Kinder und mehr Engagement für den Staat sind das Ziel. Anfangs sind es 5.000 Mark, später sogar 7.000. Zinslos. Beim ersten Kind werden tausend Mark erlassen, beim zweiten noch mal tausend, beim dritten sogar alles. Für so viel staatliche Zuwendung ist manches Paar sogar gewillt, den Bund der Ehe einzugehen. Bei den Zeilers ist es echte Liebe und trotzdem hätten sie den Ehekredit fast nicht bekommen.
Mein Chef hat mir nachträglich eine Gehaltserhöhung gegeben, da wäre es fast noch schief gegangen, weil wir dann 100 Mark über dem Limit lagen. Aber er hat mir das dann einfach später ausgezahlt, als der Stichtag schon vorbei war.
Über 7.000 Mark bringt Jürgen Zeiler mit in die Ehe. Davon kaufen sie sich den Rest ihrer Einrichtung – alles neu, nichts gebraucht. Durch den Ehekredit müssen sich die Zeilers nicht einschränken, darauf sind die jungen Eheleute besonders stolz.
Wir haben uns auch gleich ein Jahr später einen Farb-Fernseher kaufen können für 3.500 Mark. Ohne jetzt zu sagen, wir können nicht mehr in den Urlaub.
Das Prozedere ist einfach gedacht: Junge Familien suchen sich Einrichtungsgegenstände aus – meist Schrankwände oder Küchen. Dann bringen sie einen Nachweis über ihr Einkommen und ihre Wohnung und der Staat bezahlt.
Sie brauchen die Möbel dann nur noch abzuholen. Aber wie so oft in der DDR – der Plan ist nicht ganz realisierbar.
Zu der Zeit gab es verschiedene Standardmodelle, die "Leipzig", die "Pöhl", die hatten alle. Dann kam die "Eisenberg Q" auf den Markt, das war das neue Hitmodell. Eine andere gab es dann nicht. Es gab ja nicht so viel Auswahl. 'Die ist es!', haben wir gesagt, weil wir eine Schrankwand wollten, die nicht so viele offene Flächen hat und viel Stauraum.
4.500 Mark kostet das zeitlose Möbelstück. Noch ein paar Stühle dazu und einen Tisch und der zinslose Kredit ist ausgeschöpft.
Wir haben sie dann gekauft und gesagt, wann wir sie haben wollen. Bzw. die haben uns gesagt, wann geliefert werden kann. Das war schon toll, wie meine Frau dann nach Hause kam und gesagt hat: Ah!
Aber ein Problem tut sich auf: Ihre Wohnung ist viel zu klein. Das Wohnzimmer hat gerade mal 13 Quadratmeter. Die neue Schrankwand Eisenberg Q passt nicht hinein. So wird sie in verschiedene Zimmer aufgeteilt und über Eck gestellt. Nicht ideal.
Das war so eine Sache, nur zwei bis drei Teile zu nehmen, und wenn man in zwei, drei Jahren noch welche dazu zu kaufen wollte, gab es die nicht mehr. Wie mit der Tapete, ich habe fünf Rollen genommen, dann fehlte noch eine, wollte sie nachkaufen und gab es nicht mehr.
1976 wird ihr Sohn René geboren. Nun müssen die Zeilers nur noch 45 Mark im Monat an den Staat zahlen. Noch einmal sechs Jahre später ziehen sie in eine Drei-Raum-Wohnung – Modell WBS 70. Das erste Mal ist die Schrankwand im Ganzen zu bewundern. Acht Jahre alt ist sie da schon. Und komplett abbezahlt. Inzwischen wohnen die Zeilers im eigenen Haus, der Sohn ist längst ausgezogen. Zwei Dinge in ihrem Leben haben bis heute gehalten: die Ehe und die Schrankwand.
Wir haben jetzt 32 Jahre diese Schrankwand. Wir sind auch mal nach der Wende durch Möbelhäuser gezogen, nach etwas Vergleichbarem, was uns gefällt. Aber wir sind ganz ehrlich: Gefunden haben wir nichts.