Das Altpapier am 16. Mai 2019 Alles wird immer absurder

Twitter sperrt mittlerweile nach Lust und Laune, hat aber nun auch erklärt, warum. Der Konzern hat natürlich gute Absichten. Aber dann wird es meistens kompliziert. So natürlich auch in diesem Fall. Aber es gibt gute Nachrichten. Ein Altpapier von Ralf Heimann.

Regeln und Vorschriften sind unberechenbar. Wenn Menschen mit ihrer Hilfe ein Ziel erreichen möchten, passiert oft das genaue Gegenteil. Ein schönes Beispiel dafür ist der Kobra-Effekt. Wenn man ein Kopfgeld auf Schlangen aussetzt, um sie auszurotten, fangen die Leute an, Schlangen zu züchten. Auch im Internet gibt es für dieses Phänomen einige Beispiele – zum Beispiel das sehr bekannte von Barbra Streisand, die erreichen wollte, dass Luftaufnahmen von ihrem Haus an der Küste gelöscht werden und das Haus so weltweit bekannt machte. Warum ich das erzähle? Twitter möchte, dass keine irreführenden Witze mehr über die Europawahl gemacht werden. Das hat Nina Morschhäuser, die bei Twitter den beeindruckenden Titel Head of Public Policy, Government and Philanthropy trägt, vor dem Digitalausschuss des Bundestages gesagt, wie unter anderem Patrick Beuth für Spiegel Online berichtet.

Gemeint sind laut Beuth Witze wie: "Am Wahltag die Unterschrift unter dem Stimmzettel nicht vergessen!"

(Hier müssen Sie sich jetzt Konservengelächter vorstellen.)

Twitter hat dazu im April die hier bereits mehrfach erwähnte "Richtlinie zur Integrität von Wahlen" veröffentlicht (Altpapier). Von der neuen Praxis haben wir in den vergangenen Wochen vor allem erfahren (Altpapier hier und hier), weil Twitter scheinbar willkürlich Accounts von Menschen oder Institutionen gesperrt hat, die gerade nicht im Verdacht stehen, im Internet großen Quatsch zu verbreiten. Vorübergehend auf stumm geschaltet wurden unter anderem die Accounts der Staatssekretärin Sawsan Chebli, der Jüdischen Allgemeinen oder des Schriftstellers und ehemaligen Spiegel-Online-Redakteurs Tom Hillenbrand.

"Dabei waren entsprechende Tweets der Betroffenen erkennbar kein ernstzunehmender Versuch, die Europawahl zu beeinflussen. Manche hatten überhaupt nichts mit der Wahl zu tun",

schreibt Patrick Beuth. Und man könnte nun vermuten, dafür sei irgendeine nicht ausgereifte Software verantwortlich, die zufällig vom gleichen Team programmiert wurde, das auch Microsoft Word verbrochen hat. Aber so war es wohl nicht.

"Die Entscheidung, ob ein Account vorübergehend gesperrt wird, treffe immer ein Mensch",

sagte Nina Morschhäuser laut Spiegel Online. Das macht alles allerdings noch ein bisschen mysteriöser. Es wirft vor allem die Frage auf, was das für Menschen sind, die nicht in der Lage sind, "Jüdische Allgemeine" bei Google einzugeben, um herauszufinden, wer dahintersteckt?

Vermutlich sind es Menschen, die mithilfe von Übersetzungssoftware versuchen, Nachrichten auf ihren Hass- und Humorgehalt hin zu untersuchen. Und dass das nicht gut gehen kann, war ehrlich gesagt keine allzu große Überraschung.

Twitter und Kafka

Immerhin gibt es drei gute Nachrichten. Die erste ist: Bei Twitter arbeiten Menschen.

Das könnte man nun als schlechten Witz abtun. Aber die Twitter-Deutschland-Zentrale ist offenbar seit über einem Jahr geschlossen (Altpapier), und es ist kaum möglich, einen Ansprechpartner zu finden, wenn man ein Anliegen hat – zum Beispiel eben, dass man gern wieder freigeschaltet würde.

Die Jüdische Allgemeine bemängelte das, nachdem ihre Sperrung aufgehoben worden war, in einem Tweet. Die Zeitung befindet sich allerdings immerhin in der vorteilhaften Position, bei einer Sperrung recht schnell öffentliche Aufmerksamkeit zu finden.

Diesen Vorteil hat Sebastian Baumer nicht. Er schreibt auf Medium.com über die "ziemlich kafkaeske Geschichte der Löschung meines Twitteraccounts". Und das ist vor allem deshalb interessant, weil es zeigt, was passieren kann, wenn so eine Sache nicht den bei Prominenten üblichen Weg nimmt. Also Sperrung, Meldungen überall und dann wieder Freischaltung.

Baumer besaß bis vor vier Wochen den Twitter-Account @noemata mit fast 4000 Followern, dann noch einen zweiten, ein Projektkonto, auf dem er ausschließlich Naturfotos veröffentlichte. Twitter hat gleich beide stillgelegt.

Baumer schreibt:

"Bis heute kann und konnte ich nicht genau herausfinden, was mir eigentlich vorgeworfen wird bzw. was ich falsch gemacht haben könnte, um es zu aufzulösen oder zu korrigieren, auch einen menschlichen Ansprechpartner zu der Geschichte habe ich trotz zahlreicher Kontaktversuche und Hilferufe an @TwitterDE und @Twittersupport bis heute nicht."

Natürlich liefern Twitters Servicebots Begründungen, aber keine, aus denen Baumer sich einen Reim machen könnte.

"Ich bin seither gefangen in einer Schleife, in der ich immer neue, immer absurdere Begründungen kommen. Mein Photoaccount wurde gesperrt, weil der Inhaber Inhaber eines anderen gesperrten Accounts ist, der aus anderen abstrakten Gründen gesperrt wurde. Gesperrt wegen Gesperrt."

WDR-Internetexperte Dennis Horn erklärt hier in einem Twitter-Thread, was an diesem Fall problematisch ist, und es ist eine Menge.

Über allem steht natürlich die Frage:

"Der Fall wirft für mich ein weiteres Mal die Frage auf, ob Plattformen, die derart wichtig für den Diskurs geworden sind, über ihre Sperrregeln wirklich selbst entscheiden sollten."

Aus freier Rede wird gelenkte Rede

Malte Lehming schreibt in einem Kommentar für den Tagesspiegel:

"Die Kriterien sind ebenso intransparent wie das Verfahren. Nicht Gerichte entscheiden darüber, ob eine Aussage vom Menschenrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt ist, sondern Algorithmen und Konzernmitarbeiter. Deren oberstes Interesse dürfte es oftmals sein, Geldbußen zu vermeiden oder auch nur den herrschenden Ansichten zu entsprechen."

Auch, wenn es Recht gibt, es spielt im konkreten Fall keine Rolle, weil irgendwo in einem Büro ein Mitarbeiter sitzt und jetzt entscheidet, was ein Gericht dann Monate später korrigieren könnte, wenn es schon keine Rolle mehr spielt.

Das ist ziemlich genau der Inhalt der Befürchtungen vor der Verabschiedung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes.

Vielen Nutzern wird womöglich erst im Moment der Sperrung erst bewusst, was die Geschäftsbedingungen konkret bedeuten, auf die sie sich mit ihrer Anmeldungen eingelassen haben. Auf ihre Inhalte haben sie keinen Zugriff mehr. Bei einem Unternehmen wie Twitter bekommt das alles schnell auch einen größeren Effekt.

Malte Lehming:

"Wenn (…) offener, auch schmerzhafter Streit autoritär unterbunden wird, wenn Angestellte über Wahres und Falsches, Manipulation und historische Fakten befinden, wird aus der freien Rede schnell eine gelenkte Rede."

Wir wollen hier aber gar nicht unterschlagen, dass die Sperrungen für Einzelne auch Vorteile haben können. Für den Berliner SPD-Abgeordneten Sven Kohlmeier und den Tagesspiegel hat sich praktisch eine Win-win-Situation ergeben:

"Was Kohlmeier am Montag alles twittern wollte, während sein Account gesperrt war, hat er uns exklusiv übermittelt."

Im besten Fall sind das alles Übergangserscheinungen auf dem Weg aus einer Welt ohne Regeln, in der Trolle den Ausgang von Wahlen beeinflussen, in eine Welt, in der das nicht mehr so leicht möglich ist. 

Natürlich habe ich nicht vergessen, dass ich noch zwei gute Nachrichten schuldig bin. Die erste kommt direkt von Nina Morschhäuser, Head of Public Policy, Government and Philanthropy bei Twitter. Sie hat laut Spiegel Online vor dem Digitalausschuss versprochen:

"Die entsprechenden Mitarbeiter, verteilt auf Standorte in aller Welt, sollen nun nachgeschult werden."

Wahrscheinlich werden sie jetzt schnell lernen, dass sie möglichst keine Prominenten mehr sperren, was eine Menge Aufmerksamkeit und Ärger nach sich zieht. Aber vielleicht bin ich auch einfach zu pessimistisch. 

Die dritte gute Nachricht wäre: Vielleicht müssen wir doch nicht ganz auf Twitter-Scherze zur Europawahl verzichten (wobei, wäre das wirklich eine gute Nachricht?). Die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken berichtet in einem Twitter-Thread über das, was man im Digitalausschuss von Twitter erfahren hat.

"Satire ist bei Twitter erlaubt, aber nicht bezogen auf Wahlen. Von der Regel ausgenommen, sind 'Satire-Accounts'. Das ist keine Kennzeichnung, die Twitter vornimmt, sondern ein Begriff, der in der Bio des Accounts vorkommen muss #Servicetweet".

Und falls das wirklich so stimmen sollte – nun überraschenderweise doch noch der Bogen zum Anfang –, wird das unter Umständen ähnliche Folgen haben wie der Kobra- oder der Streisand-Effekt. Der Versuch, die Twitter-Scherze über die Europa-Wahl loszuwerden wird möglicherweise einfach dazu führen, dass der Anteil der Twitter-Nutzer, die laut ihrer Bio Satire machen, dramatisch steigen wird.

Zehn Mal mehr Meldungen als woanders

Saskia Esken berichtet in ihrem Thread auch von einer ganz interessanten Frage, die sie Twitter in der Sitzung gestellt hat:

"(…) was man als stärkeren Eingriff in die Meinungsfreiheit sieht: Die Löschung eines Tweets, wie sie durch Notice&Takedown und NetzDG verlangt wird, oder die Sperrung eines Accounts, wie sie Twitter nach Hausrecht vornimmt. (…)"

Die Antwort liegt natürlich auf der Hand. Trotzdem wüsste man natürlich gern, wie Twitter das begründet. Antworten gibt’s leider noch nicht.

Und auf einen Hinweis möchte ich noch kurz eingehen, ebenfalls aus ihrem Tweets:

"In Deutschland gab es 10mal mehr Meldungen als in anderen Staaten. Nur gegen 2% der Sperrungen gab es Widerspruch."

Damit sind hier Account-Meldungen bei Twitter gemeint. Und diese Zahl deutet natürlich entweder darauf hin, dass die deutsche Beschwerdementalität sich hier sehr deutlich in Zahlen niederschlägt – oder es könnte sein, dass die Beschwerden organisiert sind.

Saskia Esken:

"Ob konzertierte Meldungen rechter Accounts verantwortlich sind, kann Twitter nicht beantworten. Automatisierte Kampagnen glaubt man ausschließen zu können. Auf Basis einer weiteren Richtlinie ist automatisiertes Verhalten verboten: In 2 Monaten wurden so 70 Mio Accounts gesperrt."

Und um das alles mit ihren Worten zusammenzufassen:

"Insgesamt haben wir jetzt mehr Fragen als Antworten."

Mit Herbert im Sportwagen

Machen wir einen kleinen Schlenker, und kommen wir zu einem Thema, das gar nicht so weit entfernt ist von Eingriffen in die Meinungsfreiheit: Eingriffe in die Pressefreiheit, in diesem speziellen Fall sogar freiwillige.

Auch das war hier vor einigen Tagen bereits Thema. "Die Welt" hat die Seiten in ihrer Zeitung einen Tag lang der PR-Abteilung von VW zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug durfte Chefredakteur Ulf Poschardt mit VW-Chef Herbert Diess in einem schnellen Auto fahren. Mein Altpapier-Kollege René Martens hat sich nun auch noch mal in einem Text für die Wochenzeitung Kontext mit dem Fall beschäftigt.

Und da geht es um eine Frage, die sich im Moment in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen stellt – die nach den Grenzen zwischen Anzeigen und Redaktion. SZ-Digitalchefin Julia Bönisch hat in einem Beitrag für das DJV-Magazin neulich die Frage aufgeworfen, ob diese strenge Grenze denn überhaupt noch sinnvoll sei (Altpapier zuletzt hier und hier). Dass sie es ist, sehen wir bei praktisch jeder neuen, auf irgendeinen Promi zugeschnittenen Magazinidee und im Fall von Springers VW-Welt ganz besonders.

René Martens fragt:

"Wie könne denn die durch Pressegesetz und Pressekodex vorgeschriebene Trennung von redaktionellen und bezahlten Inhalten gewährleistet sein, 'wenn Redaktionsmitglieder, teils in leitender Funktion, selbst Hersteller redaktionell ausgewählter und vorgestellter Produkte sind?' Vor allem Letzteres gilt auch für die VW-Sonderausgabe der 'Welt'."

Dazu muss man sagen: Das große Problem hier ist nicht, dass es der Welt nicht mehr möglich wäre, nach einer solchen "Kooperation" weiterhin kritisch über ein Unternehmen wie Volkswagen zu berichten. Das wissen natürlich Diess und auch Poschardt. Schlimmer ist, dass die Zeitung nun mit jedem kritischen Bericht unter Beweis stellen muss, dass es bei der einmaligen Zusammenarbeit geblieben ist – und dass bei jedem positiven Bericht, auch bei berechtigt positiven, der Gedanke mitschwingen wird: "Na ja, die kennen sich ja auch sehr gut."

René Martens schlussfolgert richtigerweise:

"In der von der Organisation Reporter ohne Grenzen jährlich erstellten Rangliste der Pressefreiheit liegt Deutschland unter 180 Ländern immerhin noch auf Rang 13, also durchaus auf einem 'vorderen Platz'. Aber wenn hier zu Lande noch öfter Zeitungen freiwillig ihre Pressefreiheit beschneiden und Sondernummern drucken, deren Inhalte wesentlich bestimmt werden von einflussreichen Autokonzernen, die die Verkehrspolitik im Lande mindestens mitbestimmen – dann wird Deutschland in dieser Tabelle womöglich zurückfallen."

Österreich ist in diesem Ranking auf Platz 16 abgerutscht, damit ist auch der Status "Land mit guter Pressesituation" verloren gegangen.

Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich, hat gerade beim European Publishing Congress in Wien erklärt, wie sich der Verlust von Freiheit vollzieht. Raphael Waldvogel zitiert sie in seinem Text für das Schweizer Medienmagazin Kleinreport mit folgendem Satz:

"Niemand bemerkt es richtig, und wenn es bemerkt wird, ist es zu spät."

Noch besorgniserregender als bei überregionalen Zeitungen wie der Welt, die ihre Anbiederung an Unternehmen noch als großen Coup verkaufen, verflüchtigt sich die Unabhängigkeit bei Lokalzeitungen.

Im gleichen Text zitiert Waldvogel Thomas Krüger, den Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung, der ein paar Fragen stellt, auf die Antworten von Jahr zu Jahr immer weniger ausfallen müssen, was nicht daran liegt, dass einfach immer alles schlechter wird, sondern daran, dass die Auflagen kontinuierlich fallen.

"'Wie frei ist die Presse im Regionalen und im Lokalen?', fragte Krüger ins Publikum im Wiener Rathaussaal. Nach dem Prinzip 'eine Hand wäscht die andere' bestünden mit zunehmendem wirtschaftlichem Druck vermehrt problematische Abhängigkeiten, die eine kritische Berichterstattung verhindern würden: 'Welcher Redaktor schreibt einen kritischen Kommentar über wichtige Anzeigenkunden? Wer kritisiert den Bürgermeister, den er schon seit Jahren kennt und schätzt?'"

Und wo wir hier gestern über einen privaten Konzern mit Millionengewinnen gesprochen haben, der sich durchaus vorstellen könnte, Zuschüsse zu bekommen, weil er zwischendurch auch mal Sendungen zeigt, in denen es nicht allein um die Quote geht: Im Lokalen wäre die Frage doch wirklich berechtigt, ob man Verlage, die ihre Redakteure über Ratssitzungen, Ausschüsse und Haushaltsverhandlungen berichten lassen, obwohl die Abrufzahlen später kaum messbar sind, nicht die Möglichkeit bekommen sollten, dafür an öffentlich-rechtlichen Gebühren beteiligt zu werden.

Ich finde, das wäre keine so schlechte Idee.

Altpapierkorb (Meinungen zur Arbeitszeiterfassung, Roboterberichte, Game of SWR-Thrones, Facebook-Live-Sperren)

+++ Steffen Grimberg hat sich für seine MEDIEN360G-Kolumne angesehen, was die Gewerkschaften zum Arbeitszeiterfassungsurteil aus Brüssel sagen. Überraschender Sonderfall in dieser Branche: Die Journalisten-Gewerkschaften finden Arbeitszeiterfassung ganz gut – die Arbeitgeber nicht so. Und das ist schon ein guter Hinweis darauf, wie nötig sie ist.

+++ Gerhard Gnauck schreibt für die FAZ über einen polnische Dokumentarfilm zum Missbrauch in der katholischen Kirche, der in Polen für viel Wirbel sorgt (für 45 Cent bei Blendle). Der zwei Stunden lange Film ist mit englischen Untertiteln bei Youtube zu finden.

+++ Holger Pauler für Übermedien über automatisierte Fußball-Fehler. Schönster Satz: "Dass die Maschine (noch) kein wirkliches Sprachgefühl hat und je nach Spielverlauf relativ wahllos aus einer Handvoll vorgegebener Formulierungen und Floskeln auswählt, unterscheidet sie allerdings kaum von ihren menschlichen Kollegen. Beim so genannten Fachmagazin 'Kicker' oder dem Branchenführer 'Sportbild' sind seit Jahrzehnten Redakteure am Ball, denen keine Stanze zu peinlich ist."

+++ Harald Fidler hat für den Standard ein Interview mit dem Journalistik-Professor Jay Rosen geführt, der ein paar interessante Dinge dazu sagt, wie Journalisten mit Rechtspopulisten umgehen sollten: "Wenn man weiß, dass das Ergebnis eines Interviews Falschinformation oder Desinformation ist, dann hat man eine ethische Verantwortung, sich zu fragen, ob man dieses Interview führen soll."

+++ Spannender als die letzte Staffel Game of Thrones, die Katja Belousova hier für die Welt verreißt ("selbst Pornoautoren zu platt") ist möglicherweise – jedenfalls für Menschen, die diese Kolumne lesen – die Intendantensuche beim SWR. Gut, es geht nicht um Sex, aber dafür um eine veritable Schlammschlacht. Sehr spannender Text von Josef-Otto Freudenreich für die Wochzeitung Kontext.

+++ Der Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Schweiger hat für die Uni Hohenheim untersucht, wie Medien der Vertrauenskrise entgegenwirken können. Fabian Prochazka, der an der Studie mitgearbeitet hat, sagt: "Am Anfang steht häufig eine Unzufriedenheit mit der Berichterstattung über ein Thema. Die Leute suchen dann aktiv nach alternativen Darstellungen, die im Internet immer zu finden sind. Es gibt einen Riss im Vertrauen, weitere Recherche, ein Spiralprozess kommt in Gang. (…) Nimmt man eine bessere Berichterstattung wahr, kann sich die Spirale auch in die andere Richtung drehen."

+++ Stefan Niggemeier hat für Übermedien untersucht, wie das Geschlechterverhältnis auf den Kommentarseiten in Zeitungen ist. Spoiler: nicht viel anders als in Werner Höfers "Internationalem Frühschoppen" – in den Sechzigern.

+++ Helmut Markwort schafft es jetzt vielleicht doch in den BR-Fernsehrat. Das berichtet unter anderem die SZ auf ihrer Medienseite. Und nein, Markwort hat es nicht unter dem Pseudonym Moritz Rodach versucht, das Wirtschaftsministerium kommt zu dem Ergebnis, dass es keine Interessenkonflikte gibt.

+++ Die ARD bündelt ihre regionalen Talkshows im ersten, berichtet Joachim Huber für den Tagesspiegel, allerdings nicht die des MDR: "Wo bleibt der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) mit seinem 'Riverboat'? Auch diese Talkshow ist erfolgreich und wird beispielsweise vom RBB übernommen. Der Osten Deutschlands bleibt, was das öffentlich-rechtliche ARD-Fernsehen angeht, unterrepräsentiert."

+++ Der ehemalige ZDF-Mann Udo von Kampen vertritt Gabor Steingart nun doch nicht mehr als Moderator in seinem Podcast, denn er berät Unternehmen, um die es in dem Podcast gehen könnte, berichtet der Branchendienst PR-Report.

+++ Ein Autorenteam der SZ bekommt bei der Nannenpreis-Verleihung für seine NSU-Berichterstattung einen Sonderpreis, schreibt der Verlag Gruner & Jahr auf seiner Website.

+++ Der ehemalige WDR-Intendant Friedrich Nowottny wird 90. Michael Hanfeld widmet ihm ein Porträt auf der FAZ-Medienseite (für 45 Cent bei Blendle). Uwe Kamman porträtiert ihn für den Tagesspiegel.

+++ Und zum Abschluss noch einmal zurück zum Thema vom Anfang. Nach dem Christchurch-Attentat will Facebook seine Regeln für Live-Videos verschärfen, berichtet unter anderem die Tagesschau. "So sollen Nutzer schon nach einer schwerwiegenden Regelverletzung 'eine bestimmte Zeit lang' keine Live-Videos übertragen dürfen. Das kündigte Facebook kurz vor dem Beginn eines 'Christchurch-Gipfels' in Paris an (…)" Was man also schon mal sagen kann: Es wird nicht das letzte Mal sein, dass wir hier darüber schreiben.

Neues Altpapier gibt es am Freitag.