Teasergrafik Altpapier vom 14. September 2020: Porträt Autor René Martens
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Das Altpapier am 14. September 2020 Diskursverschiebung ins Menschenverachtende

14. September 2020, 18:45 Uhr

Wollte man zwei Gegenpole in der Berichterstattung über Moria benennen, wären dies Isabel Schayani vom WDR und Silke Hasselmann vom Deutschlandfunk. Außerdem auf der Agenda: Der Spiegel hat mal wieder eine Homestory aus der rechten Szene im Angebot. Ein Altpapier von René Martens.

"Wir haben heute gesehen, dass die Leute das Abwasser trinken"

Dass sie die Fernsehjournalistin der Stunde ist, wird Isabel Schayani wohl nicht gern hören gerade, denn bestimmt wäre es ihr lieber gewesen, sie hätte am Freitag nicht nach Moria reisen müssen, um über die dortige Situation zu berichten und ihren herausragenden Status unter Beweis zu stellen. Diesen Status hat sie sogar noch ausgebaut, seitdem sie 2019 den Grimme-Preis in der Kategorie Besondere Journalistische Leistung gewonnen hat (Disclosure: Ich war Mitglied der zuständigen Nominierungskommission)

Viral gingen und gehen derzeit ein Gespräch mit Schayani, das in der "Aktuellen Stunde" des WDR lief (in der sie Sätze sagt wie: "Wir haben heute gesehen, dass die Leute das Abwasser trinken") und eine Live-Schaltung zu ihr aus der gestrigen "Anne Will"-Sendung.

Zu sehen ist Schayani hier mit einer Familie, die sie schon von früheren Recherchen kennt. Sie sitzen vor einer geschlossenen Lidl-Filiale bzw. im derzeitigen "Wohnzimmer" der Familie, wie Schayani es formuliert. Thomas Hummel schreibt dazu in einer SZ-Nachkritik:

"Ein Mädchen sitzt neben ihr, die Reporterin kennt sie von mehreren Lager-Besuchen seit Oktober. ‚Es war nicht mehr das Kind, was ich gesehen hatte, als wir im Februar hier waren. Und im Februar war's schon übel.’ Sie stockt bei diesen Worten zweimal. Es wirkt, als müsste sie gleich losweinen. Schayani kann kaum verbergen, wie emotional mitgenommen sie ist. Puristen unter den Journalisten könnten ihr das als unprofessionell vorwerfen. Doch die spürbare Gefühlslage, die Betroffenheit Schayanis verleiht dem Interview eine seltene Authentizität und Intensität. Es ist kaum möglich, sich dem zu entziehen."

"Puristen unter den Journalisten" ist natürlich eine hübsche Formulierung für Menschen ohne Verstand, Moral und Gewissen.

Spiegel-Redakteur Nils Minkmar nennt bei Twitter den Einspieler in der Talkshow gar einen "historischen Moment".

Ohne Verweis auf die Schalte zu Schayani kommt Andrea Dernbach in ihrer Tagesspiegel-Rezension aus:

"Man hätte sich gewünscht, womit die Talks kürzlich schon in den Anfängen von Black Lives Matter kämpften: Mehr Betroffene zu hören statt der etablierten Köpfe. Und neue Fragen: Das von der Seebrücke initiierte Städtebündnis, das in ganz Europa kommunal viel mehr Menschen aufnehmen will, als Horst Seehofer selbst in seinen kühnsten Alpträumen erscheinen dürften, wäre so eins. Und könnte sicher auch mit der Expertise von Betroffenen aushelfen, die einst flüchteten und jetzt mitplanen. Es gibt inzwischen neue Antworten auf alte Fragen. Sie müssen es im TV-Parlament nur noch merken."

Eine aus Dernbachs Sicht alte Antwort hat in der Sendung der CSU-Mann Manfred Weber formuliert, und die "Anne Will"-Redaktion hat bei Twitter daraus eines dieser vermaledeiten Texttäfelchen gemacht.

Um auf Isabel Schayanis Bemerkung "Im Februar war's schon übel" zurückzukommen: Beim damaligen Aufenthalt ihres Teams ist ein ebenfalls bemerkenswertes Dokument ihrer Arbeit zum Thema Moria entstanden: "Hoffnung, nur noch Hoffnung: Kinder im Lager Moria", eine eindringliche Reportage für WDRforyou. Die lief im März und ist 19 Minuten lang; für nicht ganz so Geduldige gibt es eine fünfminütige Kurzfassung in den "Weltbildern" des NDR.

Zu würdigen gilt es auch die aktuelle Gesamtbericherstattung von WDR4you aus Moria, zu der auch Bamdad Esmaili wesentlich beiträgt. Wer härtere Bilder vertragen kann, als sie zum Beispiel zu Beginn der "Anne Will"-Sendung zu sehen waren, wer also die Folgen von Tränengas-Einsätzen gegen Kinder sehen will: Bei der RND-Redakteurin Marina Kormbaki und der als Producerin und Stringer unter anderem für Vice tätigen griechischen Journalistin Daphne Tolis gibt es entsprechendes Material.

"Gemäßigte Unmenschlichkeit"

Als eine Art Anti-Schayani des deutschen Journalismus hat sich am Wochenende die Deutschlandfunk-Redakteurin Silke Hasselmann im Rahmen eines Pro und Contras hervorgetan [Nachtrag, 18.45 Uhr: Der Kommentar lief zum ersten Mal am Freitag im DLF, ein Pro und Contra hat erst Deutschlandfunk Kultur am Samstag daraus gebaut. Anmerk. d. Autoren]. Sie sagt in ihrem Kommentar:

"Zumindest solange der begründete Verdacht im Raum steht, dass einige Lagerbewohner nicht nur die Löscharbeiten behindert, sondern die Feuer selbst gelegt haben, darf Deutschland niemanden von dort herholen. Auch keine unbegleiteten Minderjährigen. Denn abgesehen von der immer schwierigen Frage, wer eigentlich wonach entscheidet, wer ausgewählt wird, stellt sich die Frage welche Botschaften das in die Welt senden würde (…) Eine auf jeden Fall: Brandstiftung kann sich lohnen!"

"Der @DLF kommentiert im AfD-Stil",

Es wäre aber ungerecht, Hasselmann als Gesicht der Barbarei zu brandmarken. Das Problem ist eher, dass der Deutschlandfunk ein Bekenntnis zur Barbarei als Teil eines ideologischen Spektrums sieht, das eine Abbildung im Programm verdient. Stephan Detjen aus dem DLF-Hauptstadtstudio antwortet auf Bahners:

"Kommentare im @dlf bilden eine breite Vielfalt von Meinungen ab, die auch unsere Redaktionen prägt. Das entspricht unserem rechtlichen Auftrag."

Zur Erhängung des iranischen Ringers Navid Afkari gab es noch kein Pro und Contra im DLF. Das ist vielleicht schon fast ein kleines Wunder.

Dass der Deutschlandfunk der Debatte über den Hasselmann-Kommentar auch in den eigenen Programmen Raum gibt, zeigt ein Interview mit dem Historiker Jürgen Zimmerer, das heute Morgen bei "Studio 9" (Deutschlandfunk Kultur) zu hören war. Dass Hasselmanns Beitrag "vor menschenverachtenden Passagen trieft" und eine "Diskursverschiebung ins Menschenverachtende" bedeute, sagt Zimmerer unter anderem - wobei der Begriff Diskursverschiebung in dem Interview gleich mehrmals fällt.

Zu den Absurditäten in der Brandstiftung-darf-nicht-belohnt-werden-Argumentation von Hasselmann und Co. gehört ja, dass eine der zentralen Entscheidungen der deutschen Flüchtlingspolitik durch Brandstiftungen ausgelöst wurde: die Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl 1993. Siehe dazu aus völlig unterschiedlichen Blickwinkeln Pro Asyl und Jasper von Altenbockum (FAZ) jeweils 2012 sowie "Panorama"-Redaktionsleiter Volker Steinhoff 2013.

Die seltsame Logik in Hasselmanns Beitrag hat Jagoda Marinic in einem Tweet auf den Punkt gebracht:

"Bei welchem Thema bringt man nen Text, der sagt: Wenn ein Haus brennt, wird keiner gerettet, solange nicht klar ist, ob es der Nachbar war."

Ohnehin fällt ja auf, dass beim Thema Geflüchtete eine "Logik" in Anschlag gebracht wird, die sonst nirgendwo Anwendung finden würde. Darauf weist zum Beispiel Dominic Johnson für die taz hin:

"Das ständige Beschwören einer ‚europäischen Lösung‘ ist eine Ausrede fürs Nichtstun: Ja, ich würde ja Flüchtlinge aufnehmen, aber nur wenn alle 27 EU-Staaten es machen. Man stelle sich vor, die europäischen Länder würden ihre Corona­politik dergestalt betreiben: Ja, wir brauchen wohl Kontaktbeschränkungen und Testmöglichkeiten und Hilfe für die Wirtschaft, aber erst wenn alle 27 Mitglieder es gleichzeitig tun? Dann wären schon Millionen Europäer an Covid-19 gestorben und die Wirtschaft befände sich im freien Fall. Aber so funktioniert die europäische Flüchtlingspolitik."

Man muss da vielleicht gar nicht Corona als Beispiel bringen: Bei keinem anderen gesellschaftlichen oder auch nur Alltags-Thema würden es Journalisten für eine halbwegs ernstzunehmende Reaktion halten, wenn ein Politiker oder ein Verantwortlicher sinngemäß sagte: Wir haben hier ein Problem, und das könnten wir lösen, aber weil andere sich nicht beteiligen, lösen wir es halt nicht, aus die Maus.

Eine noch einen etwas härteren Remix von Silke Hasselmanns Lied hat der unter anderem für Springers Welt kolumnierende Alan Posener produziert. In einem Kommentar unter einem Facebook-Post schreibt er: "Stehen wir doch zu unserer Unmenschlichkeit. Die übrigens gemäßigt ist. Auf der Ferieninsel Lesbos geht es allen besser als dort, wo sie herkamen."

Hm, es gibt Menschlichkeit und Unmenschlichkeit, und dazwischen gibt es nichts. Gäbe es gemäßigte Unmenschlichkeit, gäbe es auch humane Hinrichtungen.

"Es wird immer schlimmer"

Fürs ND hat Robert D. Meyer ein ausführliches Interview mit Moritz Tschermak vom Bildblog unter anderem über die Berichterstattung von Bild-Zeitung und bild.de zu Solingen (Altpapier) und Christian Drosten (Altpapier) geführt:

"In den vergangenen Jahren haben wir im Bildblog viele heftige Fehler, üble Kampagnen der Redaktion, Persönlichkeitsrechtsverletzungen aller Art dokumentiert. Auch da hat sich dann, egal wie groß der Druck von Außen war, egal wie groß die Empörung war, eigentlich nicht viel geändert. Letztlich wird es immer schlimmer, wie jetzt eben die Berichterstattung aus Solingen zeigt."

Um einen Aspekt, der momentan glücklicherweise nicht ganz oben auf der Agenda steht, geht es in dem Interview auch:

"Es gibt in der Corona-Berichterstattung der ‚Bild‘-Redaktion einige interessante politische Personalien, beispielsweise Gesundheitsminister Jens Spahn. Vor Corona war er schon lange ein großer Liebling von ‚Bild‘. Derzeit durchlebt er eher wellenförmige Schwankungen, was die positive und negative Berichterstattung über ihn angeht. Das sind aus unserer medienkritischen Sicht ganz aufregende Zeiten."

Meyer fragt nach, ob da "vielleicht die Frage der Kanzlerkandidatur bei der Union eine Rolle" spiele. Tschermak dazu:

"Es wäre sehr ungewöhnlich, wenn ‚Bild‘ nicht versuchen würde, bei der Wahl zum CDU-Vorsitz und damit verbunden auch bei der Kanzlerkandidatur der Union mitzumischen. Wir haben bei früheren Personalentscheidungen bereits gesehen, dass man sich klar auf eine Seite schlägt. Das eindeutige Favorisieren von Friedrich Merz zum Beispiel bei der vergangenen Wahl zum CDU-Vorsitz, was dann am Ende nicht geklappt hat. Diese Kampagne der 'Bild'-Redaktion war ohne Schwierigkeiten zu erkennen."

Beates Schwester spielt Rachmaninow

Über die rechte Netzaktivistin Naomi Seibt kann man sich recht gut informieren in einem Beitrag, den Correctiv und "Frontal 21" vor einigen Monaten veröffentlichten. Und die Plattform Bento hat sie Ende 2019 als eine von "Beates Schwestern" (gemeint: Zschäpe) porträtiert. Der Spiegel, "der Erwachsenen-Ableger von Bento" (Moritz Hürtgen), hat nun aber leider eine Homestory (€) rausgehauen, in der es mal wieder wimmelt vor unfreiwillig ins Parodistische abgleitenden Sätzen:

"Die Begegnung findet zunächst am Esstisch der Familie statt, mit Blick auf das schwarze Klavier, auf dem Naomi Seibt Rachmaninow spielt, und auf eine fast deckenhohe Harfe, deren Kauf Naomi Seibts jüngere Schwester in langen Diskussionen bei ihrer Mutter durchgesetzt hat.

Naomi Seibts Zimmer liegt im ersten Stock, die Treppe rauf, dann rechts: ein kleiner Raum, so klein, dass manche ihrer Zuschauer ihn für ein Badezimmer halten, was vor allem an den Türen des weißen Kleiderschranks liegt, die auf den ersten Blick aussehen, als wären sie gefliest."

Zu Homestories mit Leuten vom rechten Rand ist schon alles gesagt, außer vielleicht, dass sich zu diesem Thema sagen lässt, was Bildblogger Tschermak über die Bild-Zeitung anmerkt: Es wird immer schlimmer. Oder, um es mit dem Rechtsextremismus-Experten Andreas Kemper zu sagen:

"5 Seiten im Spiegel über Naomi Seibt??? Als die #AfD entstand, gab es im Spiegel im Juli 2013 ganze 5 Zeilen."

Wo bleibt die klassische Kulturkritik?

Markus Ehrenberg kritisiert im Tagesspiegel die Transformation der Kultursendung "Aspekte" in ein "Reportageformat":

"Sicher, dem neuen ‚Aspekte‘-Konzept ist eine Chance zu geben und schon gar den beiden jungen Moderatoren. Sicher ist aber auch: Kulturjournalismus sollte ARD, ZDF & Co. schon ein bisschen mehr sein, als an unterschiedlichste Plätze zu gehen und dort Kulturschaffende zu befragen. Wo bleibt die klassische Kulturkritik (…)? Dass das Interesse des ZDF an derlei Kulturberichterstattung im linearen Fernsehen nicht mehr allzu stark ausgeprägt ist, zeigte zuletzt Ende 2018 die Absetzung des 3sat-"Kulturpalasts".

"Jung" würde ich die beiden Moderatoren nun nicht gerade nennen. Jo Schück ist am Wochenende 40 geworden - Herzlichen Glückwunsch nachträglich! -, und Katty Salié ist 45 Jahre alt. Und "Aspekte" moderieren sie ja nun auch schon seit 2014. Die brauchen keinen Welpenschutz. Ansonsten finde ich ganz dufte, was Ehrenberg schreibt. Was jene nicht verwundern wird, die am vergangenen Dienstag das Altpapier gelesen haben. Dort schrieb ich:

"Auch wenn man das ‚Reportage‘-Konzept erst nach den ersten Sendungen wird beurteilen können: Kulturjournalismus sollte schon ein bisschen mehr sein, als rauszugehen und Kulturschaffende zu treffen. Die letzten Reste von klassischer Kulturkritik scheinen mir mit der Einführung des neuen Konzepts jedenfalls über die Wupper zu gehen (…) Dass das Interesse des ZDF an Kulturberichterstattung im linearen Fernsehen nicht mehr allzu ausgeprägt ist - das zeigte übrigens auch Ende 2018 die Absetzung des 3sat-‚Kulturpalasts‘."

Mit einem gewissen Abstand zur Dienstags-Kolumne würde ich noch ergänzen: Vielleicht sollte man das Wording des ZDF von einer Umwandlung der Sendung gar nicht übernehmen. Was es eher träfe: "Aspekte" wird eingestellt, und stattdessen gibt es eine neue Sendung mit dem selben Titel und den selben Moderatoren.


Altpapierkorb (Charlie-Hebdo-Prozess, automatisch geschönte Katastrophenbilder, der mutmaßlich größte deutsche #MeToo-Fall der Republik, Jens Spahn gegen junge Welt)

+++ Einen Überblick über die ersten acht Tage im Prozess gegen 14 Hintermänner des Terroranschlags auf die Charlie-Hebdo-Redaktion (siehe Altpapier) liefert Annabelle Hirsch für die FAS: "Bisher war es vor allem der (Prozess) des Kennenlernens (der) Nebenmänner, Kriminelle, die ihre eigene Rolle im Geschehen (Waffenbeschaffung etc.) konsequent herunterspielen. Es war aber auch der des brutalen Wiedererlebens des ersten Anschlagstags: Es wurden Bilder gezeigt, Überwachungsvideos, die vorführen, wie die Kouachi-Brüder in die Redaktion eindringen und fast zwei Minuten lang mit einer Kalaschnikow auf die Konferenzteilnehmer schießen. Die Überlebenden, auch solche, von denen man noch nie gehört hatte, erzählten ganz eindringlich, was sie erlebt haben, wie es roch, wie es sich anfühlte, was sie dachten, und vor allem, wie sie seitdem überleben."

+++ Am Mittwoch war an dieser Stelle die Berichterstattung über die Waldbrände in Kalifornien ein Thema. Berit Glanz beschäftigt sich bei Zeit Online mit der Frage, wie die Software von Smartphones die Wahrnehmung dieser Katastrophe verändern und somit die Realität beschönigen kann: "Die medialen Rahmenbedingungen formen nicht nur im etablierten medienwissenschaftlichen Sinne unsere Weltwahrnehmung; die Software unserer Smartphones wirkt mit ihren Eigenlogiken nun als aktiver Faktor in immer größerem Ausmaß automatisch auf die Abbildung der Realität ein. Als die Menschen in Kalifornien, Oregon und Washington State versuchten, ihren orangenen Himmel zu fotografieren, stießen sie auf ein interessantes Problem: Der automatische Weißabgleich der Kameras in ihren Smartphones filterte die Orangetöne aus dem Himmel heraus. Die orangene Realität entsprach nicht der Programmierung der automatischen Bildkorrektur, mit denen Smartphones schon vor einer aktiven Bildbearbeitung durch die Nutzerin Fotos vorkorrigieren. (…) Die Smartphone-Aufnahmen der Realität verändern diese automatisch zu einer heileren Welt, der orangene Himmel wird wieder blau eingefärbt."

+++ Wie das Landgericht Berlin im Oktober 2019 die Berichterstattung über einen Fall verbot, bei dem es sich - "falls wahr ist", was unter anderem "in eidesstattlichen Versicherungen von acht Patienten steht" - "um einen der größten #MeToo-Skandale der Republik" handelt, rekapituliert der Spiegel (€). Es geht um einen Berliner Arzt, über den Buzzfeed und Vice gleichzeitig berichtet hatten. Spiegel-Reporter Jürgen Dahlkamp schreibt, das Gericht habe den Artikel als "Vorverurteilung" eingestuft: "Der Artikel sei nicht ausgewogen genug; der Verfassungsgrundsatz 'im Zweifel für den Angeklagten' werde mit dieser Art von Journalismus ausgehebelt. Buzzfeed-Anwalt Hegemann hält dagegen: Dass die Indizien gegen den Arzt 'besonders dicht', ja geradezu 'erdrückend' seien, könne man nicht den Journalisten vorwerfen. Und dass der Arzt vor der Veröffentlichung kaum etwas gesagt habe, erst recht nicht. Es gehe nicht an, dass ein Verdächtiger nur schweigen müsse, und schon sei ein Gericht der Meinung, der Artikel sei nicht ausgewogen und gehöre verboten."

+++ Noch was Juristisches: Der heute oben schon erwähnte Jens Spahn geht gegen die junge Welt vor, die darüber in eigener Sache berichtet: "(I)n dieser Woche forderten er und sein Ehemann, der Journalist und Burda-Cheflobbyist Daniel Funke, von dieser Zeitung erstmals unverzügliche Textlöschungen und die Abgabe von Unterlassungserklärungen – wegen angeblich unzulässiger Berichterstattung. Bei Nichtbefolgen drohen sie mit weiteren juristischen Schritten. Dabei bestreiten die Herren nicht, dass die angegriffenen jW-Beiträge der Wahrheit entsprechen." Die Zeitung kündigt an, sich keinen "Maulkorb" verpassen lassen zu wollen.

Neues Altpapier gibt es wieder am Dienstag.

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