Teasergrafik Altpapier vom 11. Februar 2020: Eine Karte des Jemen mit der Staatsflagge des Landes im Hintergrund. Daneben eine Mutter, die ihr hungerndes Kind im Arm hält.
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Das Altpapier am 11. Februar 2020 "Die Fotografie eines verhungernden Kindes erklärt nichts"

11. Februar 2020, 13:00 Uhr

Steht das Spiegel-Cover mit Björn Höcke in der Tradition "der Dämonisierung von Hitler", die "dem banalen Bösen etwas Okkultes und Übermenschliches verleiht"? Soll es dazu verlocken, sich von der "Verantwortung zu befreien, demokratisch wachsam zu bleiben"? Wie lässt sich das "Dilemma" der Kriegsberichterstatter "zwischen Wahrheit und Propaganda" beschreiben? Mit einer Reportage aus dem Jemen liefert eine italienische Journalistin eine bemerkenswerte Antwort. Ein Altpapier von René Martens.

Der 'Hillary-Moment' von Erfurt

Manchmal kommt es ja vor, dass die aufschlussreichsten Texte zur aktuellen Lage gar keine (tages-)aktuellen Einschätzungen sind, sondern Analysen, die vorher entstanden sind. Als Lektüre zum Verständnis der Ministerpräsidentenwahl im Thüringen bietet sich zum Beispiel ein Artikel an, der zu Beginn der vorigen Woche im österreichischen Magazin Anschläge erschienen. Die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl schreibt:

"Liberale Kräfte (…) glauben, dass sie immer noch nach den Regeln der alten Ordnung spielen können. Das Resultat ist das, was als 'Hillary-Moment' in die Geschichte eingegangen ist. Die klar qualifizierte, besser vorbereitete Kandidatin, die alle wichtigen und respektablen öffentlichen Stimmen auf ihrer Seite hat, verliert gegen einen rechten Clown, der weder qualifiziert noch vorbereitet auf das Amt ist. Ein ähnliches Muster haben wir später auch bei der Brexit-Abstimmung und deren Nachwirkungen gesehen. Zurück bleibt eine fassungslose politmediale Öffentlichkeit, die sich ihre Niederlage beim besten Willen nicht erklären kann."

So war’s ja auch bei der Ministerpräsidentenwahl in Erfurt: Es gab einen unqualifizierten, unvorbereiteten Clown (Tommy Kemmerich), und die "politmediale Öffentlichkeit" war, zumindest kurzzeitig, "fassungslos". Strobl weiter:

"Sowohl in den USA als auch in Großbritannien wurden (die) Risse (im System) nicht nur von der extremen Rechten, sondern eben auch von den etablierten und sich radikalisierenden konservativen Parteien erkannt und verstärkt. Es ist keine Frage des Entweder-oder. Beide Lager gehören zusammen und arbeiten gemeinsam in eine Richtung. Mal in engerer Zusammenarbeit, mal mit der Überbetonung und Nuancierung vermeintlicher Differenzen. Dieses Zusammenspiel von parlamentarischer und außerparlamentarischer sowie konservativer und völkischer Rechten ist in vielen Ländern gut zu beobachten".

Wobei an den Vorgängen in Thüringen ja interessant war, dass das von Strobl Beschriebene quasi einher ging: die Zusammenarbeit (siehe etwa FAS und Tagesspiegel) und die "Überbetonung und Nuancierung vermeintlicher Differenzen". Zusätzlich gewürzt wurde diese Mischung dann noch die Leugnung der Zusammenarbeit. Über letztere schreibt Hengameh Yaghoobifarah in ihrer aktuellen taz-Kolumne:

"Sowohl Christian Lindner als auch Thomas Kemmerich bedienen sich gewohnter Rhetorik. Die Floskel 'Wir haben von nichts gewusst' ist nicht nur die deutscheste aller Lügen, sondern eine strategische Naivität, die man auch von hinterlistigen Schlangen jedes Betriebs kennt. Es bleibt jedoch ein Trugschluss zu glauben, man komme besser weg, wenn man sich selbst als abgrundtief dumm darstellt, statt zu seinem Kalkül zu stehen."

Da wäre ich mir nun nicht so sicher. Irgendein Aufsichtsratsposten wird für Kemmerich schon abfallen.

Welche Falschdarstellungen in der "hitzigen Atmosphäre" seit der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen in Umlauf sind bzw. waren - das steht beim "Faktenfinder" der Tagesschau. Mit einer davon beschäftigt sich Stefan Niggemeier bei Übermedien ausführlich. Um folgende, ursprünglich in der Titelgeschichte des Spiegel zu findende Passage geht es:

"Um Mitternacht [in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag] begann Kemmerich plötzlich zu telefonieren, er wollte die Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow zu seiner Innenministerin machen."

Dass der Spiegel das später richtig stellen musste, weil ein rechter Suppenkasper, der sich als Kemmerich ausgegeben hat, bei der Linken-Politikerin anrief - das ist nicht das Problem. Der Punkt ist vielmehr: Die Formulierung wäre auch dann, wenn Kemmerich tatsächlich angerufen hätte, unzulässig gewesen. Es wäre unzulässig gewesen, so zu tun, als wäre einer von der Spiegel-Leuten "um Mitternacht" dabei gewesen, als Kemmerich die Nummer in sein Telefon tippte.

"Die Spiegel-Passage ist erkennbar so geschrieben, dass sie den Eindruck maximaler Nähe und Informiertheit vermitteln soll",

schreibt Niggemeier - und weist damit darauf hin, dass der Spiegel die Diskussion um Seehofers Modelleisenbahn schon wieder vergessen hat.

Warum werden Terroristen, Serienkiller, Amokläufer und Faschisten ikonifiziert?

Samira El Ouassil wiederum führt, ebenfalls bei Übermedien, die Debatte um das Spiegel-Cover mit Björn Höcke fort (siehe Altpapier):

"Mit Faschisten verhält es sich ja ein bisschen so wie bei der Berichterstattung über Terroristen, Serienkiller und Amokläufer: Man sollte sie nicht durch eine ikonifizierende Ablichtung glorifizieren oder adeln."

Allerdings sind Terroristen, Serienkiller und Amokläufer nun mal gut fürs Geschäft - und Faschisten auch (zumindest bis sie dafür sorgen werden, dass der Spiegel keine Geschäfte mehr machen kann).

El Ouassil analysiert auch die Ästhetik des Titelbildes:

"Die Darstellung von Höcke erinnert mit ihrer harten und kontrastreichen Ausleuchtung an den deutschen Expressionismus der Dreißigerjahre, der im luftleeren Raum schwebende Kopf könnte auch auf einem Plakat in den Kulissen von Babylon Berlin auftauchen. Irgendwo zwischen Doktor Mabuse und Nosferatu der Neuzeit starrt der Faschist grimmig vom Cover. Vor allem der Gesichtsausdruck erinnert unweigerlich an das Wahlplakat von Adolf Hitler aus dem Jahr 1932. Höcke, ein neuer Möchtegern-Führer. Höcke, der Dämon. Damit befindet sich das Porträt in der Tradition der Dämonisierung von Hitler, die historisch und ästhetisch immer schon problematisch war, da sie dem banalen Bösen etwas Okkultes und Übermenschliches verleiht. Die Idee der teuflischen Figur ist auch deshalb verlockend, weil man sich mit ihr von der Verantwortung, demokratisch wachsam zu bleiben, befreien konnte und kann."

Das wirft natürlich die Frage auf, ob der Spiegel genau diesen Effekt erzielen möchte. Oder ob dieser Effekt "nur" ein Kollateralschaden dessen ist, was man - möglicherweise zu Recht - für eine gute Geschäftsidee hielt.

El Ouassil stellt in ihren Text des Weiteren die Aktualität eines Klaus-Theweleit-Interviews aus dem September 2018 heraus, das seinerzeit auch im Altpapier Erwähnung fand. Sie zitiert es, weil es in den aktuellen Weidel-bei-Will-Kontext (siehe erneut Altpapier von Montag) passt. Wie, so Theweleit also schon vor rund eineinhalb Jahren, könne man

"auch noch denken, man wäre denen damit überlegen; könne sie, diskutierend, widerlegen! Der Gipfel! Gegen Leute, die (voll bewusst) aus dem Kontrafaktischen reden (ob Weidel, Gauland oder Trump) kann jeder 'diskutierende' Mensch nur verlieren; weil dieser Typus sich mit jedem vorgebrachten 'Argument' nur den Hintern wischt und eine Behauptung dagegensetzt, die darauf pfeift, 'wahr' oder auch nur 'begründbar' zu sein. Mit solchen Leuten diskutiert man nicht als halbwegs vernünftiger Mensch."

Jenseits von Babylon Erfurt: Der Krieg im Jemen

Wie immer, wenn die Berichterstattung derart dominiert wird von Themen wie dem "Beben" bzw. "Politbeben" in Thüringen und dem guten alten "Chaos" in der CDU, kann man sich als Medienkritiker natürlich die Frage stellen, welche großen Fragestellungen in solchen medialen Ausnahmesituationen völlig aus dem Blick geraten. Wer die Muße hat, seine Aufmerksamkeit von Babylon Erfurt abzuwenden, dem sei ein Text über den Krieg im Jemen und das "Dilemma" der Kriegsberichterstatter "zwischen Wahrheit und Propaganda" empfohlen, den Francesca Mannocchi für die März-Ausgabe des Schweizer Magazins Reportagen (€) geschrieben hat:

"Jeder Krieg birgt für den, der darüber ohne die üblichen Stereotype berichten will, ein ethisches Dilemma. Jede Partei im Konflikt verfolgt ihre eigene Agenda. Und damit auch ihre eigene Propagandastrategie. Im Fall von Jemen kommen zu den Interessen der beiden Konfliktparteien die Agenden von Drittländern hinzu, die starken Einfluss haben (…). Es gibt keine magischen oder alchemistischen Regeln, um über einen Konflikt gut zu berichten. Unparteilichkeit ist auch keine Lösung. Man kann nicht unparteiisch bleiben angesichts von Kindern, die vor Hunger sterben."

Hintergrund:

"Gemäss der Organisation Save the Children sind seit Beginn des Krieges 85 000 Kinder (…) gestorben, (…) und wenn die Hungersnot in Jemen auch zu hundert Prozent menschengemacht ist, ist es schwierig festzustellen, ob der Hunger als Kriegsverbrechen eingestuft werden kann oder nicht."

Welchen Agenden man nutzt, wenn man aufschreibt, was man gesehen hat, und wenn man die in ihrer Wahrhaftigkeit nicht anzuzweifelnden Schilderungen von Menschen wiedergibt, mit denen man vor Ort gesprochen hat - all diese Fragen, die in vielen journalistischen Beiträgen aus Kriegsregionen sonst gar nicht oder allenfalls am Rande verhandelt werden, bringt Mannocchi in außergewöhnlicher Eindringlichkeit immer wieder aufs Tapet, und das ist die große Stärke ihres Textes. Sie schreibt unter anderem:

"Ehrlichkeit in einem komplexen Konflikt wie demjenigen in Jemen bedeutet, ein vernünftiges Maß zu finden zwischen dem, was sie dich sehen, filmen oder fotografieren lassen (…) (u)nd dem, was du nicht siehst, dir aber leicht vorstellen kannst."

Die Route der Reise organisiert haben die Huthi-"Rebellen". Das bedeutete:

"Wir wurden nie allein gelassen, kein Interview fand ohne das Beisein der Rebellenfunktionäre statt. Keine Mahlzeit, kein Aufwachen, das nicht von ihren Augen und Ohren begleitet wurde. Das beeinflusste natürlich das Verhalten derer, denen wir begegneten."

Mannocchi benennt auch das Problem, dass "zu viel Nähe Undurchsichtigkeit schafft":

"Die ikonische Fotografie eines verhungernden Kindes zum Beispiel emotionalisiert, aber sie erklärt nichts. Sie banalisiert."

Sie erkläre jedenfalls nicht, wer wirklich ihren Hungertod verantwortet.

In einem Gespräch zur Reportage (€) äußert sich Mannocchi dann noch zu der Frage, warum das Thema Jemen so wenig präsent ist in den Medien:

"Es ist schwierig, überhaupt als Reporterin oder Reporter in Jemen reinzukommen. Die offizielle jemenitische Regierung sitzt im Süden des Landes, in Aden, aber die humanitäre Katastrophe spielt sich vor allem im Norden ab, wo die Huthi-Rebellen sitzen – natürlich hat die Regierung kein großes Interesse daran, Visa auszustellen, so dass man dann aus feindlichem Gebiet berichtet. Ein anderer Grund: Jemen ist – ähnlich wie der Irak, Syrien oder momentan Libyen – Schauplatz eines internationalen Stellvertreterkrieges geworden. Ausländische Kräfte dominieren den Konflikt. Europäische Länder vertreten verschiedene Interessen in der gesamten Region, es fehlt eine gemeinsame Position. Die Unübersichtlichkeit führt zu medialem Desinteresse."

Lässt das Verwaltungsgericht Berlin eine Klage gegen einen fehlerhaften Tweet der Polizei zu?

Zurück ins letztlich dann ja doch sehr, sehr übersichtliche Deutschland. Der Tagesspiegel wirft einen Blick auf ein noch recht frischen Teilbereich des weiten Feldes Medien und Juristerei. Ausgangspunkt des Artikels ist eine Klage des Neuköllner Kiezladens Friedel 54 vor dem Berliner Verwaltungsgericht, die sich gegen eine von der Polizei via Twitter verbreitete und erst relativ spät korrigierte Falschmeldung richtet. Diese, veröffentlicht im Sommer 2017 auf dem offiziellen Twitter-Account "Polizei Berlin Einsatz" (@PolizeiBerlin_E), lautete:

"Lebensgefahr für unsere Kolleg. Dieser Handknauf in der #Friedel54 wurde unter !Strom! gesetzt. Zum Glück haben wir das vorher geprüft."

Das mit dem Strom und der Lebensgefahr stimmte bloß nicht. Zu den Folgen schreiben die Autorinnen Madlen Haarbach und Helena Piontek:

"Korrigiert hat die Polizei ihren fehlerhaften Tweet jedoch erst am folgenden Tag. In einem separaten Tweet und einer Polizeimeldung. Da hatte sich der Vorwurf längst verselbstständigt. 'Lebensgefährlicher Anschlagsversuch' berichtete der Radiosender rbb 88.8, 'Bild'-Reporter Michael Sauerbier schrieb von einem 'Mordversuch'."

Es geht bei dem Vorgehen von Friedel 54 auch um Grundsätzliches:

"Es sei nicht der erste Fall, in dem die Polizei auf Twitter fahrlässig mit Informationen umgehe und versuche, die öffentliche Diskussion zu ihren Gunsten zu drehen, sagt einer der beiden Kläger. Dabei verweist er auf mutmaßliche Falschdarstellungen der Hamburger Polizei bei den G20-Demonstrationen 2017 – und den öffentlich geäußerten Verdacht der Berliner Polizei, bei einer Demonstration in der Rigaer Straße 2016 mit 'Säure-Konfetti' beworfen worden zu sein. Damals verbreitete die Polizei, mit mutmaßlich chemisch behandeltem Konfetti beworfen worden zu sein. Später nahm die Polizei diese Aussage zurück, Hinweise auf chemische Substanzen fanden sich nicht."

netzpolitik.org-Autorin Marie Bröckling nennt in einem Thread noch Fälle von Tweets, die in dem Tagesspiegel-Text nicht erwähnt sind. Zur generellen Einordnung ebenfalls hilfreich: ein vor einem Monat erschienener t-online-Beitrag. Demnach ist

"das Engagement von Polizeibehörden auf Social-Media-Kanälen (…) umstritten. Gerade in Situationen, in denen die Polizei nicht mehr neutraler Beobachter, sondern selbst Akteur ist (…). Forscher um Peter Ulrich von der TU Berlin schreiben in ihrer Analyse zu den Ereignissen um die G20-Proteste: 'Mit der Nutzung von Twitter bringt die Polizei ihre Perspektive in Echtzeit in die Debatte über das sich entwickelnde Protestgeschehen ein', schreiben die Forscher. 'Sie vollzieht damit eine problematische Gratwanderung, sobald sie aktiv in die politische Deutung der Ereignisse eingreift, in denen sie zudem Konfliktbeteiligte ist.'"

Nun könnte es zwar zielführend sein, dass sich ein Gericht zu diesem Themenkomplex positioniert. Allerdings, so betont der Tagesspiegel:

"Welche Erfolgsaussichten die Klage hat, ist bislang unklar. Noch prüft das Verwaltungsgericht, ob sie überhaupt zugelassen wird."

Altpapierkorb (Zur Situation der Pressefreiheit in Italien, Silke und Holger ohne Jochen und Elmar, deutsche Film- und Serienmacher bräuchten mehr Zeit für die Stoffentwicklung)

+++ Wie war das Verhältnis der Hauptstadtjournalisten zu Annegret Kramp-Karrenbauer bzw. wie hat es sich entwickelt? @mediasres hat dazu Günter Bannas befragt den 2018 pensionieren Hauptstadtpolitikberichterstatter der FAZ (Altpapier, Altpapier). Der sagt: "Kritisch sei das Verhältnis zwischen ihr und den Medien in der Karnevalszeit 2019 geworden, als Kramp-Karrenbauer für eine Büttenrede heftige Kritik erntete: 'Von da an setzte sich der Eindruck durch, da ist eine Frau aus der Provinz, die das Berliner Geschäft nicht richtig versteht.'"

+++ Mit den Undercover-Recherchen von Correctiv zu den Desinformations-Geschäftsstrategien der Klimaleugner-Szene (Altpapier), beschäftigt sich nun auch jetzt.de. Raphael Weiss hat die Rechercheure Katarina Huth und ihren Kollegen Jean Peters dazu befragt, "wie Leugner*innen des Klimawandels die Politik beeinflussen wollen" bzw. "wie leicht man falsche Studien und Expertenmeinungen kaufen kann".

+++ Die SZ hat auf ihrer Medienseite diverse Korrespondenten zur Situation der Pressefreiheit in den Ländern, in denen sie derzeit arbeiten, schreiben lassen. Die Beiträge aus den USA, Russland und Großbritannien liefern nicht sonderlich viel Neues, aber in Elisa Britzelmeiers Text zur Lage in Italien stehen einige Dinge, die man hier zu Lande noch nicht so oft gelesen hat: "Vor einem Millionenpublikum im italienischen Fernsehen hat Emma D'Aquino unlängst gewarnt, es sehe nicht gut aus für die Pressefreiheit im Land. Die Journalistin sprach von 'gefährlichen Dimensionen' und meinte damit nicht nur, dass 19 ihrer Kolleginnen und Kollegen unter ständigem Polizeischutz stünden. Sie sprach auch von den Beleidigungen und Bedrohungen. Zuletzt traf es die Tageszeitung La Repubblica: Lega-Chef Matteo Salvini hatte sich heftig empört (…). Als Innenminister wetterte Salvini regelmäßig gegen den Berufsstand, schickte Pressevertreter bei Versammlungen weg, unterstellte ihnen zu 'lügen'. Prominentestes Ziel war Anti-Mafia-Autor Roberto Saviano - Salvini drohte, ihm den Polizeischutz zu entziehen. Vom früheren Koalitionspartner Cinque Stelle ist immer wieder Ähnliches zu hören (…). Die Arbeit für Journalisten in Italien ist aber auch auf anderer Ebene schwierig: Behörden sind bekannt für Intransparenz, längst nicht alle haben Pressestellen."

+++ Ebenfalls in der SZ: die Nachricht, dass alleiniger Chefredakteur der Berliner Zeitung und Berliner Kurier nun der von der Frankfurter Neuen Presse gekommene Matthias Thieme ist, "der vor Kurzem als Digital-Chef angefangen hat". Die bisherigen Chefredakteure, Jochen Arntz und Elmar Jehn, galten in der Spitze des Hauses offenbar nicht mehr als cool. "Neu-Verleger Holger Friedrich hatte die alte Chefredaktion im Interview mit der SZ Anfang November noch als 'coole Typen' bezeichnet, bei denen man schlecht beraten wäre, sie infrage zu stellen", schreibt Verena Mayer jedenfalls. Allerdings ist Coolness ja auch eine schnell verderbliche Währung. Siehe zu dieser Personalie u.v.a. auch epd/Chrismon.

+++ Woran hapert es bei fiktionalen Stoffen aus Deutschland? Thomas Schadt, der als als Leiter der Ludwigsburger Filmakademie in seine vierte Amtszeit geht, sagt zu dem Thema im Interview mit der Stuttgarter Zeitung: "Ein gutes Buch braucht Zeit. In Deutschland haben wir bundesweit 250 Millionen Euro im Jahr allein an Fördergeldern, Netflix, Sky und auch die öffentlich-rechtlichen Sender sind groß in die Serienproduktion eingestiegen. Am Geld liegt es also nicht, wenn deutsche Produktionen international keine so große Rolle spielen, sondern eher daran, dass man zu schnell in die Produktion geht. Andere Länder investieren oft mehr in die Stoffentwicklung, das würde ich mir für unsere Filmkultur auch wünschen."

Neues Altpapier gibt es wieder am Mittwoch.

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