Sonntag | 01.12.2024 Nussknacker-König Markus Füchtner - zu Gast im Sonntagsbrunch
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Sein Arbeitsweg ist nicht sehr lang, aber gerade ziemlich anstrengend und zeitraubend. Um quer durch den Sehnsuchtsort der Weihnachtsschmuck-Fans zu fahren, braucht man nicht nur Zeit, sondern auch Geduld, denn es sind sehr viele Menschen in der Adventszeit im Paradies des erzgebirgischen Kunsthandwerks unterwegs, um dort zu schlendern und zu schwelgen.
Und Markus Füchtner muss da mindestens zweimal am Tag durch, um von seinem Zuhause dorthin zu kommen, wo er - wie schon seine Vorfahren seit mehr als 200 Jahren - an dem drechselt, sticht, sprüht, malt, was die Magie des Ortes ausmacht.
Ich verstehe, dass die Leute herkommen und sich wohlfühlen. Ich finde es sehr schön, dass die Leute herkommen, Wertschätzung zeigen und etwas Geld ausgeben, um etwas zu kaufen, was wir mit Leidenschaft herstellen, wovon wir leben.
"Die Weihnachtszeit ist eine stressige Zeit"
Wenn er mit seiner Familie nicht am anderen Ende von Seiffen wohnen würde, schliefe er wohl gleich in den Spänen unter der Drechselbank, sagt Markus Füchtner, der in der Werkstatt seiner Vorväter und -Mütter (die haben auch immer mitgearbeitet) aufgewachsen ist, die Tradition mit dem Duft des frischen Holzes eingeatmet hat und jetzt noch immer und wieder die Figuren herstellt, die sein Urururgroßvater Mitte des 19. Jahrhunderts im Erzgebirge erfand: Nussknacker.
Das ganze Leben hat sich in meiner Kindheit in der Werkstatt abgespielt, man war ständig umgeben von Figuren. Ich bin da reingewachsen. Ich wohne ganz bewusst nicht im Haus der Werkstatt, sonst würde ich dort in den Spänen schlafen. Ich tue mich schwer, die Werkstatt zu verlassen. Ich habe immer so viele Ideen im Kopf
Aber was heißt "herstellen"? Markus Füchtner ist nicht nur an historischer Genauigkeit gelegen - er tüftelt gerade daran, Nussknacker auch technisch wie damals um 1870 herum zu drechseln, also ohne Strom -, er spricht auch mit den Figuren, die in seiner kleinen Werkstatt mit riesiger Tradition entstehen. Er haucht ihnen Leben ein.
Ich spreche auch mit den Figuren, die in der Werkstatt entstehen. Wir hauchen einem Stück Holz eine Seele ein.
"Unser Vorhäusl ist wie eine Art Zeitschleuse"
Und bis hierhin klingt die Geschichte auch wie von lieblichem Adventslicht übergossen. Aber ganz so glatt und einfach läuft es dann doch nicht, auch nicht in Seiffen, auch nicht bei Markus Füchtner, der nicht aus Selbstherrlichkeit gern mal ein Shirt mit dem Aufdruck "Nussknacker-König" trägt. In 8. Generation Holzspielzeugmacher, Nachfahre des erzgebirgischen Nussknacker-Erfinders, Unternehmer, Vater, Sinnsucher sein - das braucht mehr als Geschick an der Drechselbank. Das braucht ein Bewusstsein für das, was Seiffen so anziehend macht. Und das rieselt nicht wie die Späne der Drechselbank auf einen herab.
Für meinen Großvater war die Werkstatt sein Leben, die Malstube war sein Wohnzimmer. Mir wurde vorgelebt, dass das etwas Besonderes ist, was wir da haben und machen.
Wenn man die Magie der erzgebirgischen Weihnacht verstehen will, hilft ein Gespräch mit Markus Füchtner, der die Tradition lebt und einen kleinen Nussknacker auch schon in die Welt sowie ins Weltall geschickt hat, der sich ohne seine Figuren nicht mehr wohl fühlt, der sich aber auch selber viele Fragen gestellt hat. Und der sich jeden Tag geduldig durch weihnachtsseelige Gästegruppen schlängelt, um in seine historische Werkstatt zu kommen. Durch's Vorhäusl wie durch eine Zeitschleuse zu treten und mitten drin zu sein in der Geschichte von Nussknacker und Co. Markus Füchtner - der perfekte Gast zum ersten Advent.
Ich möchte gern Menschen entschleunigen und für Geduld werben. Was wir machen, das dauert eben ein bisschen. Man nimmt nicht nur einen Nussknacker von uns mit, sondern auch ein gutes Gefühl.