Sonntag | 24.09.2023 Hans-Eckardt Wenzel - unser Gast im Sonntagsbrunch
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Und dann liegt er wieder bei Sonnenaufgang auf der Wiese, irgendwo am Rand, wie er sagt und es nicht nur geografisch meint, und hört laut Musik. Die Musik, die gerade entstanden ist, die Ergebnisse der vergangenen Nacht, in der Hans-Eckardt Wenzel - meist einfach nur "Wenzel" genannt - das getan hat, was er seit mehr als vier Jahrzehnten erfolgreich und hochproduktiv tut: komponieren.
Die erste Zeile ist Gottesgabe, der Rest ist Fleiß.
Wie eine Seidenraupe...
Hans-Eckardt Wenzel erschafft Poesie. Mehr als 500 Lieder hat er auf inzwischen 45 Alben veröffentlicht, ein paar hundert sollen noch in den digitalen Speicher-Schubladen liegen.
Ich zähle nicht, ich habe viel mehr, als ich veröffentliche. Das ist wie bei einer Seidenraupe, man spinnt und spinnt. Ich tue das auch für mich, damit ich erträglich bleibe für meine Umwelt.
Der Mann ist ein Getriebener seiner Mission: Menschen - und sich selbst - mit Liedern zu trösten und dem Unsinn dieser Welt zu widersprechen. Ruhelos mit Poesie der Schönheit auf der Spur, um uns vor dem Verbittern zu bewahren.
Verbittern ist die höchste Form von Egoismus letztenendes [...] Die Schönheit rettet uns vor dem Verbittern.
Unzählige Preise hat "Wenzel" dafür schon bekommen, dafür pilgern seine Fans jedes Jahr in Massen zu einem Festival, auf dem nur er spielt. Dafür arbeitet er die Nächte durch.
Wenn ich schreibe, vertraue ich immer weniger den Räuschen der Nacht. Nur komponieren mache ich noch nachts.
Jahrzehntelanger Erfolg als musikalischer Laie
"Wenzel" ist musikalischer Autodidakt, der nie ein Instrument an einer Musikschule gelernt hat, der aber alle Instrumente seiner ganzen Band erstmal selbst einspielt, um zu hören, was das Lied, das er gerade geschrieben hat, sagen will. Die Worte kommen später. Wenn sie denn kommen.
Ich habe kein Instrument gelernt, ich bin ein kompletter Laie, was Musik betrifft. Ich wäre gern versierter im musikalischen Handwerk.
Manche Lieder warten auch noch darauf, dass er selbst sie mit Worten zu fassen bekommt. Bis dahin bleiben sie dort, am Rand von Mecklenburg-Vorpommern, am Stettiner Haff, verwahrt.
Wofür ihn seine Fans schätzen
Überhaupt: Sich am Rand halten, nicht am geografischen, war immer sein Prinzip. Sich nie gemein machen, sich immer treu bleiben. Wahrscheinlich bleiben "Wenzel" genau deshalb seine Fans so besonders treu, dass sie gern wie er auf der Bühne, Matrosenshirt tragen.
Die Gesellschaft braucht die Ränder. Das ist die Funktion der Kunst.
Zum MDR SACHSEN-Sonntagsbrunch hat der Komponist keines seiner zum äußeren Erkennungszeichen gewordenen blau-weiß geringelten Oberteile tragen. Die sind für ihn Bühnenkleidung. Dann weiß er: Jetzt wird's ernst - mit der Poesie, mit dem Trösten und mit dem Widersprechen.
Das Lied kann trösten oder dem Unsinn widersprechen.