Dienstags direkt | 26.03.2024 | 20 - 23 Uhr Zeitumstellung, Schichtarbeit und Frühlingsanfang: Wie tickt unsere innere Uhr?
Hauptinhalt
22. April 2024, 18:18 Uhr
Wie jetzt, vor oder zurück? Am Ostersonntag werden die Uhren wieder auf die Sommerzeit umgestellt - von zwei auf drei Uhr. Die Zeitumstellung ist vielen Deutschen lästig, das Europäische Parlament hat die Abschaffung der Zeitumstellung längst beschlossen, aber immer noch liegen die Pläne auf Eis. Wie wirkt die Zeitumstellung auf unseren Schlaf und unseren Biorhythmus?
Die eigene innere Uhr - unser Biorhythmus - wird nach Meinung vieler Experten immer noch stark unterschätzt. Die Macht der sogenannten zirkadianen Rhythmen ist nach Forschungen von Chronobiologen viel größer als wir denken. Die innere Uhr ist für unseren Schlaf essenziell, ebenso wie für die Gesundheit und unsere Leistungsfähigkeit. Sie wirkt bis in die Arbeitsschutzgesetze und Modelle von Schichtarbeit hinein. Wie leistungsfähig kann ein Arzt im 24-Stunden-Dienst sein? Wie lange darf ein LKW-Fahrer auf der Autobahn fahren? Wird das alles eingehalten?
Das Zusammenlegen von Zeit mit dem Stand der Sonne ist zentrales Thema bei der Organisation der Zeitzonen und auch bei der Debatte um die Sommerzeit. Um durch die längere Helligkeit am Abend in Privathaushalten Strom zu sparen, wurde die Sommerzeit ursprünglich eingeführt. Welche Vorteile bietet sie? Die EU verständigte sich zwar vor fünf Jahren über eine Abschaffung der Zeitumstellung, aber nicht drauf, ob nun die Sommer- oder die Normalzeit abgeschafft werden soll. Ein Argument: Ein größerer Flickenteppich aus Zeitzonen hat mehr Nachteile als das Festhalten an der Zeitumstellung. Wie würde es Deutschland gehen mit der Rückkehr zur Normalzeit - oder auch umgangssprachlich Winterzeit? Wie funktioniert Wirtschaft über Zeitzonen hinweg? Über Zeitumstellung, Schichtarbeit und den Frühlingsanfang sprechen wir bei Dienstags direkt.
Gäste
• Thomas Kantermann, Experte für Chronobiologie und Gesundheitspsychologie an der FOM Hochschule Essen
• Carolin Dick-Marx, Praxis für gesunden Schlaf Dresden
• Korbinian von Blanckenburg, Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL)
• Helmut Friedlein, Landesvorstands im Marburger Bund
Interviews:
• Clemens Arndt, Sprecher des Landesamtes für Schule und Bildung Sachsen
• Schulleiterin Mandy Frömmel Bardhaldi
Thomas Kantermann, Experte für Chronobiologie
"Die Chronobiologie des Menschen wird im Alltag unterschätzt, die Bedeutung für die Arbeitswelt ist immens. Die großen Themen sind Nacht- und Schichtarbeit, Zeitzonenreisen (Jetlag), der frühe Schulanfang für (vor allem) Jugendliche und auch die Uhrumstellung zweimal im Jahr. Wir brauchen eine Schlafdemokratie und ein grundlegendes Verständnis dafür, dass Menschen helle Tage und dunkle Nächte brauchen um gesund zu bleiben. Hinzukommt: die Begriffe Zeitumstellung und Sommerzeit sind Marketing. Wir stellen nicht die Zeit um, sondern allein die Uhren, und mit Sommer hat die Uhrumstellung wenig zu tun. Wir wechseln durch die Umstellung der Uhren für sieben Monate im Jahr die Zeitzone Richtung Osten – ein simpler Trick mit jedoch ernsten Folgen: die Uhrumstellung fordert Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit vieler Menschen ernsthaft heraus."
Carolin Marx-Dick, Praxis für gesunden Schlaf Dresden
"Ein stabiler Biorhythmus ist die Grundlage für psychische und körperliche Gesundheit."
Helmut Friedlein, Landesvorstands im Marburger Bund
"Gesetzliche Ruhezeiten und Arbeitszeitgrenzen sind nicht verhandelbar. Sie schützen Ärztinnen und Ärzte vor Überlastung und dürfen deshalb nicht nur auf dem Papier gelten. Wenn Ärzte am Limit und darüber hinaus arbeiten, sind Patienten in Gefahr!"
Korbinian von Blanckenburg, Wirtschaftswissenschaftler Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL)
"Bei ganzjähriger Normal- beziehungsweise Winterzeit hätten wir zur Sommersonnenwende Mitte Juni in Ostpolen von 3 bis 20 Uhr Sonne, in Westspanien von 6 bis 21.30 Uhr. Doch wohl nur wenige Menschen würden sich über Sonnenlicht um 3 Uhr in der Früh freuen. Würde man sich auf die Sommerzeit als neuen Standard festlegen, hätte man zur Wintersonnenwende Mitte Dezember in Westspanien Sonne von circa 10 bis 19 Uhr. In Deutschland von 9.15 Uhr bis 17 Uhr. Der späte Sonnenaufgang wird dabei von vielen Menschen als nicht optimal empfunden. Es ist vertrackt. Wir brauchen eine Neusortierung der Zeitzonen. Länder östlich von Deutschland wechseln in die Zeitzone ‚GMT +2‘. Und Spanien wechselt in die ‚GMT‘ und wäre damit in derselben Zeitzone wie Portugal oder Großbritannien. Dann hätte man das Problem nicht, dass eine ganzjährige Sommer- oder Winterzeit die Spanier so extrem treffen würde."
Moderation: Sina Peschke
Redaktion: Katrin Tominski
Redaktionsleitung: Ines Meinhardt
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Dienstags direkt | 26. März 2024 | 20:00 Uhr