Interview Gut schlafen trotz Hitze

22. Juni 2023, 07:35 Uhr

Jeder Dritte schläft im Sommer schlechter als sonst im Jahr. Frauen sind davon sogar noch etwas stärker betroffen als Männer und jüngere Menschen stärker als Ältere. Woran liegt das? Hat die Temperatur wirklich so einen starken Einfluss auf unser Schlafverhalten? Ist es gut nackt zu schlafen oder neben einem Ventilator? MDR SACHSEN hat mit Dr. Carolin Marx gesprochen. Sie arbeitet am Zentrum für gesunden Schlaf in Dresden.

Welchen Einfluss hat die Temperatur auf unseren Schlaf?

Dr. Carolin Marx: Die Wärmeregulation ist ein ganz wichtiger Punkt im Schlaf, weil wir im Übergang vom Wachzustand bis zum Tiefschlaf ein Grad Körpertemperatur verlieren. Wenn das nicht möglich ist, kommen wir nicht in den Tiefschlaf. Das ist wie ein Uhrwerk, das ineinander greift. Wenn die Umgebungstemperatur zu warm ist, dann kann der Körper nicht mehr richtig runter regulieren. Wenn es zu kalt ist, wenn wir frieren, kann er es auch nicht. Dann will der Körper uns nicht noch mehr abkühlen.

Welche Raumtemperatur ist für einen guten, erholsamen Schlaf ideal?

In der Literatur findet man Angaben zwischen 16 und 18 Grad. Ich persönlich mag es ein bisschen wärmer. Das ist individuell sehr verschieden. Bis 20 Grad sind gute Raumtemperaturen, die der Körper gut bewältigen kann.

Im Sommer ist es nachts oft sehr heiß. Wie kann ich gut schlafen bei Hitze?

Bei Hitze kann ich meinen Körper unterstützen, indem ich eine lauwarme Dusche nehme. Man sollte weder zu heiß, noch zu kalt duschen. Das Stichwort ist handwarm duschen und nicht nur 30 Sekunden, dann ist nur die Haut kalt, sondern ruhig mal entgegen der Ökobilanz zwei bis drei Minuten das Wasser laufen lassen oder auch mal ein Bad nehmen. Wichtig ist es, abends durchzulüften. Wenn eine Klimaanlage da ist, den Raum vorher runterkühlen. Nachts sollte man nicht unter der kalten Klimaanlage liegen. Ventilatoren sind eine gute Idee, aber man sollte den Wind lieber indirekt genießen und nicht direkt darunter liegen.

Frau unter der Dusche
Wer nachts schwitzt, dem hilft eine Dusche. Aber bitte lauwarm. Bildrechte: Colourbox.de

Warum ist guter Schlaf im Urlaub wichtig?

Der Schlaf hat eine Vielzahl von Funktionen. Die Regeneration ist eine der wichtigsten des Schlafs. Wenn wir uns in der Ferienzeit erholen wollen, ist das Schlafen eine ganz wichtige Sache.

Wie klappt es, dass man gerade in der freien Zeit wirklich gut schläft?

Meine Erfahrung ist, dass viele Patienten im Urlaub anfangs erst recht nicht gut schlafen können. Eben weil sie sich diesen Druck machen, jetzt gut schlafen zu müssen. Am besten ist es, sich abends hinzulegen und neugierig zu beobachten, was passiert denn da. Dann entspanne ich mich automatisch und kann dann auch gut schlafen.

Stimmt diese These: Je kürzer man im Bett verbringt, desto tiefer der Schlaf?

Das kann ich bestätigen. Das ist auch eine der ersten Interventionen, die wir bei unseren Patienten in der Psychotherapie machen, nämlich die sogenannte Bettliegezeit zu verkürzen. Der Körper holt sich immer genau das, was er braucht. Hatte ich am Tag eine hohe körperliche Belastung, dann brauche ich mehr Tiefschlaf. Wenn ich dem Körper die Zeit verknappe, wo er sich das holen kann, dann holt er sich den Tiefschlaf, wenn es geht.

Heißt das, wenn ich nachts mal nicht schlafen kann, ist es am besten aufzustehen?

Ja, das ist eine gute Variante. Es ist so, dass der Schlaf in einer bestimmten Sequenz verläuft: In der ersten Nachthälfte ist mehr Tiefschlaf vorhanden und wenn ich dann wach werde, dann ist es in Ordnung, dann hatte ich ja erstmal den Tiefschlaf. Im Tiefschlaf findet die tiefere Regeneration statt. In den Morgenstunden haben wir eher die leichteren Schlafphasen, die sind auch wichtig, aber eher zur Emotionsregulation und zur Gedächtnisbildung. Das heißt, wenn ich zu kurz geschlafen habe, bin ich auch nicht richtig fit.

Die tiefere Regeneration findet in der ersten Nachthälfte statt.

Dr. Carolin Marx

Manchmal sind es die Bettpartner, die stören. Strahlen die auch zu viel Wärme ab?

Mitunter sind es in der Tat die Bettpartner, die uns um den Schlaf bringen. Das ist das Schnarchen, das ist die Bewegung und im Sommer natürlich auch die abstrahlende Wärme. Gegen "alleine schlafen" ist nichts einzuwenden, man kann ja vor- und nachher miteinander kuscheln.

Sie sagen gut schlafen kann man lernen. Aber wie?

Wir gucken, wo liegen die Ursachen der Schlafstörung und dann schauen wir nach Methoden, wie man diese Ursachen beheben kann. Und das kann man ganz praktisch erlernen. Je öfter wir das wiederholen, umso intuitiver wird es. Dann machen wir nicht mehr die gleichen Fehler.

Ist es bei Hitze besser nackt zu schlafen oder doch leicht bekleidet?

Generell ist es gut, so leicht bekleidet wie möglich zu schlafen, auch nackt, wenn man es mag. Da kann die Wärme besser zirkulieren. Egal wie dünn der Stoff ist, den ich auf der Haut habe, er hindert den Körper daran, die Wärmeregulation gut zu machen. Unbekleidet ist eine ganz gute Idee.

Schlafender Mann mit Bart
Wer es mag, kann in heißen Sommernächten ruhig nackt schlafen. Dann kann die Wärme besser zirkulieren. Bildrechte: Colourbox.de

Kann man mit Psychotherapie den Schlaf verbessern?

Das kann man. Gerade die nicht organischen Schlagstörungen, die psychisch bedingt sind, kann man gut mit einer Psychotherapie verbessern. Wenn man ein Medikament nimmt, ist es immer nur für den Moment besser, aber nicht nachhaltig. Mit einer Intensivtherapie geht es besser und schneller.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 21. Juni 2022 | 12:40 Uhr