Fragen und Antworten
Hauptinhalt
Wie viele Arbeitslose gibt es in Thüringen?
Im September 2024 galten 67.600 Frauen und Männer in Thüringen als arbeitslos. Die sogenannte Arbeitslosenquote lag damit bei 6,1 Prozent (Vormonat 6,2 Prozent). Bundesweit betrug die Quote 6,0 Prozent.
Allerdings erfasst die Arbeitslosenquote längst nicht alle Personen, die keiner Beschäftigung nachgehen oder erwerbslos sind (siehe Unterbeschäftigung und stille Reserve). Auch Personen, die zusätzlich zu einem Job Leistungen wie Arbeitslosengeld II (Hartz IV) beziehen, fließen nicht in die Statistik ein.
Wie wird die Arbeitslosigkeit gemessen?
Jeden Monat verkündet die Bundesagentur für Arbeit ihre neueste Statistik zur Arbeitslosigkeit. Die Daten werden von den regionalen Arbeitsagenturen und Jobcentern erhoben. In Deutschland ist gesetzlich festgelegt, wer als arbeitslos gilt. Eine wichtige Rolle spielen auch Verordnungen und Weisungen an die Mitarbeiter der Bundesarbeitsagentur, der Jobcenter und Arbeitsgemeinschaften in den Kommunen.
In Deutschland gelten nur Personen als arbeitslos, die erwerbsfähig sind. Das sind Personen ab 15 Jahren bis zum Renteneintrittsalter, die mindestens drei Stunden pro Tag arbeiten könnten. Zusätzlich dürfen sie keiner Arbeit nachgehen oder weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten, müssen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung suchen und für einen Job sofort zur Verfügung stehen. Generell nicht als arbeitslos angesehen werden Schüler, Studenten und Rentner, auch im erwerbsfähigen Alter. Zudem müssen sich die Betroffenen bei den Behörden persönlich arbeitslos gemeldet haben.
In Deutschland entspricht die Arbeitslosenquote dem prozentualen Anteil der Arbeitslosen an den Erwerbspersonen. In anderen Ländern werden andere Verfahren zu Berechnung angewendet. Auch Einrichtungen wie die International Labour Organization nutzen andere Messmethoden zur Erhebung der Arbeitslosenzahl. Wie Arbeitslosigkeit gemessen wird, ist also eine politische Entscheidung.
Werden Arbeitsmarktzahlen verheimlicht?
Oft wird der Vorwurf geäußert, dass die offiziellen Arbeitsmarktzahlen geschönt seien und die tatsächliche Zahl an Arbeitslosen verschwiegen werde. Fakt ist: Die Arbeitslosenquote erfasst längst nicht alle Menschen ohne Beschäftigung. Durch Gesetzesänderungen hat sich die Zählung häufig geändert - meist so, dass die offiziellen Arbeitslosenzahlen sanken.
In der Statistik fehlen beispielsweise diejenigen, die durch Instrumente der Arbeitsmarktpolitik gefördert werden oder Personen ab einem bestimmten Alter. Dabei handelt es sich um die Gruppe der Unterbeschäftigten. Außerdem gibt es noch die sogenannte stille Reserve - das sind jene, die dem Arbeitsmarkt zwar nicht zu Verfügung stehen, ihm aber unter bestimmten Umständen zur Verfügung stehen würden.
Nicht korrekt ist der Vorwurf, dass diese Zahlen nicht kommuniziert werden. Die Unterbeschäftigten werden im monatlichen Arbeitsmarkt bekanntgegeben, die stille Reserve wird vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) immerhin geschätzt. Das Problem: Diese Zahlen werden meist nicht in einem Atemzug mit den offiziellen Zahlen genannt. Stefan Theuer vom IAB Sachsen-Anhalt/Thüringen sagt, "in der Öffentlichkeit diskutiert wird die Quote. Nur mit dieser trägt man der komplexen Situation auf dem Arbeitsmarkt aber nicht Rechnung".
Was sind Unterbeschäftigte?
In der Arbeitslosenstatistik tauchen diejenigen nicht auf, die durch Instrumente der Arbeitsmarktpolitik gefördert werden. Das betrifft die Fort- und Weiterbildung genauso wie Trainings- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Wer einen Ein-Euro-Job hat oder einen Gründungszuschuss erhält, ist damit offiziell nicht arbeitslos.
Nicht erfasst werden außerdem alle Personen ab einem Alter von 58 Jahren, die mindestens seit zwölf Monaten Arbeitslosengeld II beziehen und in dieser Zeit keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten bekommen haben.
Zusätzlich streicht die Arbeitsagentur alle aus der Statistik, die eine Vermittlung erschweren, weil sie krankgeschrieben sind oder ihre Pflichten bei der Jobsuche nicht erfüllen. Sie alle fallen in die Kategorie der Unterbeschäftigten. Neben der Arbeitslosenquote taucht in der Statistik deshalb auch die Zahl Unterbeschäftigung auf. Sie wird berechnet, indem man die offizielle Arbeitslosenquote und die Zahl der Unterbeschäftigten im engeren Sinne addiert.
So wies die Arbeitsagentur in Thüringen beispielsweise im Juni 2024 fast 86.249 Unterbeschäftigte (ohne Kurzarbeit) aus. Das entspricht einer Quote von 7,7 Prozent. Offiziell arbeitslos gemeldet waren "nur" rund 67.092. Über 19.000 Frauen und Männer kamen demzufolge noch einmal hinzu, die bei der offiziellen Arbeitslosenquote fehlen.
Was ist die stille Reserve?
Neben den offiziell Arbeitslosen und Unterbeschäftigten gibt es noch die Gruppe der stillen Reserve. Dabei handelt es sich um diejenigen, die sich nicht bei Arbeitsagentur oder Jobcentern melden, aber noch eine Bindung zum Arbeitsmarkt aufweisen. Ihre Zahl lässt sich folgerichtig nur schätzen und taucht in der offiziellen Statistik der Bundesagentur nicht auf.
Zur stillen Reserven gehören beispielsweise Ehepartner, die keiner Beschäftigung nachgehen. Oft sind es auch Jugendliche oder junge Erwachsene, die weder ein Leistungsanspruch noch ein Vermittlungsangebot erwarten. Aber auch Rentner und Erwerbsunfähige können Teil der stillen Reserve sein. Entscheidend für die Eingruppierung ist, dass sie unter besseren Bedingungen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden.
Sind Vergleiche mit älteren Arbeitsmarktzahlen möglich?
Vor der Corona-Pandemie im Jahr 2020, als die Arbeitslosigkeit stieg, hieß es oft, in Thüringen herrsche die geringste Arbeitslosigkeit seit den 90er-Jahren. Doch ist dieser Vergleich zulässig? Durch Gesetzesänderungen wurde die Zählung oft geändert. Die heutige Arbeitslosenzahl ist damit kaum mit früheren vergleichbar. In den Nullerjahren flossen noch Erwerbslose in die Arbeitsmarktstatistik ein, die jetzt als Unterbeschäftigte gelten. In der Folge sank die Arbeitslosigkeit, da viele Erwerbslose aus der Statistik fielen.
Nur in wenigen Fällen führten Gesetzesänderungen dazu, dass die Arbeitslosenzahlen in der amtlichen Statistik stiegen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Hartz-IV-Reform, da ab 2005 die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger in die Statistik einbezogen wurden. Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) erhöhte dieser Hartz-IV-Effekt die Arbeitslosenzahl damals um etwa 380.000.
Für Analysen lassen sich diese Änderungen im Grunde berücksichtigen. Dabei gilt: Je regionaler man Zahlen vergleichen will, desto schwieriger wird es. "Durch Gebietsreformen hat sich viel geändert", sagt Stefan Theuer vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Sachsen-Anhalt/Thüringen. Zudem weist er darauf hin, dass in Ostdeutschland erst mit Beginn der Neunzigerjahre eine zuverlässige statistische Erhebung entwickelt wurde, um valide Zahlen zu liefern.