Übergriffe gegen Minderjährige Sachsens Landeskirche beginnt mit Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt
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25. März 2022, 16:57 Uhr
Wenn Kinder sich in Kirchgemeinden engagieren, erwarten sie nichts Schlimmes. Allerdings hat es auch in der evangelischen Landeskirche Sachsens Fälle von sexualisierter Gewalt und Missbrauch gegeben. Dieser dunklen Seite ihrer Geschichte stellt sich die Kirche jetzt und beginnt im Erzgebirge mit der Aufarbeitung.
Die evangelische Landeskirche Sachsens will in einer Gemeinde im Erzgebirge erstmals Fälle sexualisierter Gewalt unabhängig aufarbeiten. In Kühnhaide-Pobershau soll das am 1. April mit einer öffentlichen Veranstaltung beginnen, teilte die Landeskirche mit. Auch Landesbischof Tobias Bilz werde daran teilnehmen, hieß es. An dem Tag sollen Aufgaben und Ziele des Verfahrens erläutert und auch die Sicht der Betroffenen eingebracht werden. Ob sich die Opfer aber tatsächlich äußern, steht noch nicht fest. "Es steht ihnen frei, ob sie teilnehmen", sagte eine Kirchenamtssprecherin. In der Aufarbeitunsgkommission arbeiten Psychologen und ein Jurist mit.
Chorleiter soll sich Mädchen sexuell genähert haben
Ein ehrenamtlicher Kantor soll sich von 1995 bis 1999 in Pobershau mehreren Mädchen sexuell genähert haben. Die Kinder waren laut der Wochenzeitung "Der Sonntag" zwischen elf und 15 Jahre alt. Nach Angaben des "Spiegel" wusste der Vater eines der Mädchen bereits seit 1999 von dem Missbrauch und stellte den Kantor zur Rede. Ende 2018 zog er den Pobershauer Pfarrer Burkhard Wagner ins Vertrauen, der den Kantor im Mai 2019 suspendierte.
2020 hatte eine unabhängige Kommission ihre Arbeit aufgenommen. Sie sollte das Ausmaß des Missbrauchs und Verantwortlichkeiten ermitteln und Strukturen offenlegen, die solche Fälle begünstigten. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte zuerst über die Übergriffe in Pobershau berichtet und damit die Dinge ins Rollen gebracht.
Staatsanwaltschaft: Taten waren verjährt
Die drei betroffenen Frauen hatten bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz 2019 Anzeige gegen den ehrenamtlichen Kantor erstattet. Da die Taten spätestens 2012 verjährt waren, sei das Verfahren jedoch am 12. Mai 2020 eingestellt worden, hieß es von der Staatsanwaltschaft. In der Vernehmung habe der Mann die "sexuellen Näherungen teilweise eingeräumt", hieß es.
Auch Missbrauchsfälle in Chemnitz in 1960er Jahren
Ende 2021 hatte das Landeskirchenamt auch Missbrauchsfälle aus den 1960er und 1970er Jahren in Chemnitz öffentlich gemacht, die in der dortigen Gemeinde aufgearbeitet werden sollen. Es geht dabei um wiederholte Übergriffe auf vier bekannte Jugendliche durch einen hauptamtlichen Jugendwart, der später Diakon in Moritzburg war und 2013 starb. Insgesamt sind dem Landeskirchenamt mehr als 20 betroffene Männer bekannt, die den sexuellen Quälereien des Jugendwarts ausgesetzt gewesen waren.
MDR (sth)/dpa/epd
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 25. März 2022 | 19:00 Uhr