Nach Bürgerbefragung in Paris E-Scooter-Verbot in Leipzig und Dresden kein Thema
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23. April 2023, 08:00 Uhr
Paris hat als erste Stadt die E-Scooter wieder von den Straßen verbannt. In einer Bürgerbefragung hatten sich 89 Prozent der Befragten dafür ausgesprochen. Ab September ist der Verleih in der französischen Hauptstadt verboten. In Dresden und Leipzig sollen die E-Scooter dagegen weiter zum Straßenbild gehören. Allerdings gibt es hier strengere Regeln.
- In Leipzig können E-Scooter nur an festen Stationen ausgeliehen werden. Beschwerden von Bürgern über "Stolperfallen" gibt es bislang nicht.
- Für die E-Scooter-Verleiher ist Leipzig noch kein tragfähiges Modell, da es zu wenige Stationen für die Roller gibt.
- Dresden will die Regeln für E-Scooter weiter verschärfen, weil der Betrieb ohne feste Stationen häufig zu Konflikten führt.
Leipzig hat sich lange Zeit gelassen mit der Zulassung der Elektroroller. Erst Ende 2021 wurden die ersten Verleihstationen in Betrieb genommen, etwa drei Jahr nach Paris und zwei Jahre später als in Dresden. Aber Leipzig habe aus den Fehlern der anderen gelernt, sagte der Sprecher der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), Marc Backhaus, MDR SACHSEN. Denn anders als in Paris oder auch in Dresden gebe es in Leipzig einen "stationsflexiblen Betrieb". Das heißt, die Roller können nur an festen Stationen ausgeliehen und abgegeben werden. "In Leipzig gibt es bisher keine Beschwerden von Bürgern über herumliegende Roller." Ein Verbot wie in Paris sei deshalb auch kein Thema. Die LVB hat in Leipzig die Einführung des E-Scooter-Betriebs für die Stadt übernommen.
In Leipzig gibt es bisher keine Beschwerden von Bürgern über herumliegende Roller.
E-Scooter-Unternehmen Tier: Leipzig ist Verlustgeschäft
Derzeit bieten in Leipzig die beiden Unternehmen Tier und Voi E-Scooter an, insgesamt etwa 500 Leifahrzeuge. "Bisher ist das ein Verlustgeschäft", wie Tier-Sprecher Patrick Grundmann MDR SACHSEN sagte. "89 Stationen für die E-Scooter sind in Betrieb, davon wurden 68 von der Stadt Leipzig und der LVB bereitgestellt". Die übrigen seien bei Unternehmen wie etwa dem Lebensmittelmarkt Konsum eingerichtet worden. Ursprünglich seien von der Stadt 129 E-Scooter-Stationen bereits zum vergangenen Sommer zugesagt worden.
In Leipzig gebe es außerdem die Besonderheit, dass nur drei E-Scooter pro Abstellfläche stehen dürfen. "Wenn die Abstellfläche voll ist, muss der Nutzer woanders hinfahren. Und dadurch, dass diese so weit auseinander sind, ist das kein schönes Nutzungserlebnis. Da springen uns auch viele Nutzer ab."
Seit Oktober 2021 haben laut Grundmann rund 40.000 Nutzer die E-Scooter in Leipzig ausgeliehen und damit 135.000 Fahrten gemacht. "Das hört sich erstmal viel an, ist aber im Vergleich zur Größe der Stadt wenig."
Wenn die Abstellfläche voll ist, muss der Nutzer woanders hinfahren. Und dadurch, dass diese so weit auseinander sind, ist das kein schönes Nutzungserlebnis. Da springen uns auch viele Nutzer ab.
Ein E-Scooter-Verbot ist in Deutschland allerdings auch nicht so leicht möglich wie in Frankreich, so der Betreiber Tier. E-Scooter seien hier fester Bestandteil der Straßenverkehrsordnung. "Es gebe allerdings die Möglichkeit, es so ungemütlich wie möglich für die Betreiber zu machen, wie Leipzig," so Tier-Sprecher Grundmann. LVB -Sprecher Backhaus hält dagegen: "Wir wollen die verschiedenen Interessen in der Stadt in Einklang bringen." Er verspricht aber: Weitere Stationen sollten in der nächsten Zeit hinzukommen.
Dresden: "Rote Zonen" und Sammelstellen für E-Scooter
Auch in Dresden, wo es die E-Scooter bereits seit Sommer 2019 gibt, hat die Stadt aus den Erfahrungen gelernt. Die Stadt setzt inzwischen auf strengere Regeln für E-Scooter, nachdem der "stationslose Betrieb" häufig zu Konflikten durch "falsch oder widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge" auf Gehwegen führe. "Betroffen sind hierbei insbesondere Rollstuhlfahrer, ältere und mobiliätseingeschränkte Personen und Familien mit Kinderwagen," teilte die Stadt auf Anfrage von MDR SACHSEN mit.
Die Stadt hat deshalb bereits "Rote Zonen" ausgewiesen, in denen gar keine E-Roller abgestellt werden dürfen – zum Beispiel auf dem Altmarkt, dem Theaterplatz, am Fürstenzug oder auch rund um den Goldenen Reiter. Die Zonen werden dem Nutzer in der App des Betreibers Lime angezeigt. Außerdem plant auch die Stadt Dresden nach eigenen Angaben die Errichtung von Sammelstellen für E-Scooter, Leihfahrräder und E-Mopeds. "Dies soll zur besseren Sichtbarkeit und Ordnung im öffentlichen Raum beitragen." Die Rückgabe von Fahrzeugen an diesen Stellen sei dann verpflichtend und ein Abstellen im Umfeld werde nicht mehr möglich sein, so die Stadt.
E-Scooter sinnvoll für Stadtrandlagen
Ein pauschales Verbot der E-Scooter wie in Paris sieht die Stadt Dresden dagegen nicht als den richtigen Ansatz. Ziel der Stadt sei es vielmehr, die E-Scooter stärker in Stadtrandlagen zu bringen. "Die Bewältigung der sogenannten 'letzten Meile' (gemeint: letztes Stück von der Haustür zu Bus oder Bahn; d. Redaktion) ist ein erklärtes Ziel der Unternehmen im E-Scooter Segment, dem sie nun nachkommen müssen." Die Stadt hat dafür eigens einen Verteilschlüssel für die Stadtgebiete in den neuen Sharingleitlinien festgeschrieben.
Die Bewältigung der sogenannten 'letzten Meile' ist ein erklärtes Ziel der Unternehmen im E-Scooter Segment, dem sie nun nachkommen müssen.
Die Stadt Dresden hält außerdem eine Nachbesserung des Bundes bei der Elektrokleinstfahrzeugverordnung für notwendig. Denn diese enthalte bisher keine geeigneten Regeln zum Abstellen der E-Scooter. "Abstellorte könnten beispielsweise nicht der für den Fußverkehr vorgesehene Gehweg oder Radabstellanlagen sondern der Straßenraum (Pkw-Stellplätze) sein." Bisher führe die Gleichstellung mit dem Radverkehr beim Abstellen zu Akzeptanzschwierigkeiten und führe E-Scooter-Verkehr über Gehwege.
Klimabilanz der E-Scooter bislang eher schlecht
Einen Nutzen für den Klimaschutz sieht die Stadt durch die Roller bisher aber nicht. "Umfragen zum Mobilitätsverhalten der E-Scooter-Nutzer zeigen zwar etwas Potenzial bei der Einsparung von Pkw-Fahrten auf, hingegen werden deutlich mehr Wege im Umweltverbund (ÖPNV, Rad, Fuß) durch Fahrten mit E-Scootern ersetzt." Dies werde kritisch gesehen. Hinzu komme die in Dresden niedrige Auslastung der Fahrzeuge. "Im Vergleich dazu sind beispielsweise die Leihräder in Dresden (MOBIbike) um das Fünffache nachgefragter."
MDR (kbe)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Hörer machen Programm | 20. April 2023 | 06:20 Uhr