Vorgespräche in Sachsen-Anhalt abgeschlossen Warum die Spitzen von CDU, SPD und FDP über eine neue Koalition verhandeln wollen

07. Juli 2021, 12:00 Uhr

Die Landesvorsitzenden der drei Parteien haben auf einer Pressekonferenz über ihre Pläne für weitere Gespräche informiert. Man sei sich in vielen Punkten einig, etwa bei den Landesfinanzen. Die drei Partner würden "dem Land gut tun", hieß es. Vor der Aufnahme von Verhandlungen müssen sich die Parteien nun intern abstimmen. Von den Grünen, die nun außen vor sind, kam bereits Kritik.

Die Spitzen von CDU, SPD und FDP wollen in Sachsen-Anhalt erstmals gemeinsam über eine Koalition für das Land verhandeln. Das verkündeten die Landesvorsitzenden der drei Parteien am Dienstag. Sven Schulze, Landeschef der CDU, sprach von einer "guten Basis", die drei Partner würden "dem Land gut tun".

Tags zuvor hatte es ein erstes gemeinsames Gespräch zwischen den drei Parteien in Magdeburg gegeben. Vor der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen müssten allerdings erst die Parteien intern entscheiden. Ab dem 19. oder 20. Juli könne dann verhandelt werden. Dafür seien bislang drei Wochen eingeplant.

Juliane Kleemann, Ko-Vorsitzende der SPD in Sachsen-Anhalt, sagte, eine mögliche Koalition könne "etwas für die Menschen tun". Das Land müsse nach der Corona-Pandemie "stabilisiert und weiter entwickelt" werden. Dem schloss sich Lydia Hüskens, Ko-Vorsitzende der FDP an. In den bisherigen Gesprächen sei es darum gegangen, was für Sachsen-Anhalt jetzt zähle.

Mit Blick auf die von Streit geprägte bisherige schwarz-rot-grüne Koalition sagte Schulze, in einem neuen Bündnis solle "jeder Partner nachweisen können, dass er in dieser Koalition gebraucht wird". Prüfaufträge wie noch vor fünf Jahren soll es nicht wieder geben. Über die Vergabe von Ministerien sei bislang noch nicht gesprochen worden.

Wo die Parteien erste Einigungen in den Sondierungen erzielen konnten

Darauf, worüber man sich verständigt hat, gingen die fünf Politiker nur knapp ein. Laut Sven Schulze sei vor allem über die Landesfinanzen gesprochen worden. Er sprach von gemeinsamen Ideen und Lösungen, die die klammen Kommunen im Land langfristig finanziell absichern sollen. Auch für ein Vergabegesetz gebe es einen Lösungsvorschlag. Genauer wurde Schulze nicht. Die SPD hatte hier einen Mindestlohn für öffentliche Aufträge gefordert. CDU und FDP hatten das bislang abgelehnt. Kostspielig wiederum seien gemeinsame Ideen für Investitionen in die Gesundheitsversorgung.

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Auch bei Infrastrukturprojekten wie dem Ausbau der A14 in der Altmark herrsche Einigkeit. Für die Wirtschaft kündigte Schulze zudem weitere Corona-Hilfen und einen Abbau von Bürokratie und Beschränkungen an, um an Fördermittel zu gelangen.

Die beiden Landesprogramme zur Demokratieförderung sollen weiterentwickelt werden. Genauer wurde Schulze nicht. Weniger weit sei man etwa bei der Frage einer Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des Runfunkbeitrags.

Laut Juliane Kleemann sei für die SPD wichtig gewesen, dass Beschlüsse der vergangenen Koalition bestehen bleiben. Als Beispiel nannte sie das 2018 beschlossene Kinderförderungsgesetz.

Lydia Hüskens sagte, dass zukünftig die Kommunikation mit Behörden für Menschen, Vereine und Unternehmen einfacher werden sollen, sollten die Verhandlungen erfolgreich verlaufen. Auch wolle man den Waldumbau vorantreiben.

Grüne werfen CDU vor, sich gegen "verbindlichen Klimaschutz" entschieden zu haben

Nicht an den Verhandlungen beteiligt werden Bündnis 90/Die Grünen sein. Auch sie hatten mit der CDU sondiert. Sven Schulze bedankte sich auf der Pressekonferenz für ein "angenehmes Gesprächsklima" zwischen beiden Parteien. Im Vergleich zu SPD und FDP habe man hier aber nur kleinere Fortschritte erzielen können.

Die beiden Landesvorsitzenden der Grünen, Susan Sziborra-Seidlitz und Sebastian Striegel, verschickten parallel eine Pressemitteilung. "Konstruktive Gespräche ersetzen keine Einigung in der Sache", hieß es darin. Die CDU habe sich "gegen verbindlichen Klimaschutz" entschieden, die Lösungsideen auf diesem Feld seien nicht mehr zeitgemäß.

Schulze widersprach dem auf der Pressekonferenz. Das Thema Klimaschutz sei auch für die mögliche Koalition ein "wesentliches Projekt". Es gebe zudem bereits verbindliche Vorgaben. Marcus Faber, Ko-Landesvorsitzender der FDP, ergänzte, man wolle Land- und Forstwirte aber stärker einbeziehen.

Wunsch vieler CDUler könnte sich mit Koalition erfüllen – bei SPD und FDP gibt es auch Zögern und Kritik

Die SPD-Spitzen hatten ihre Partei bereits am Dienstagabend in einer Landesvorstandssitzung auf die Gespräche eingestimmt. Teilnehmende sollen sich dabei beschwert haben, dass aus den Medien mehr über die Sondierungen zu erfahren gewesen sei als aus den Berichten des Sondierungsteams. Die Parteien hatten im Vorfeld allerdings Verschwiegenheit zu Inhalten vereinbart.

Eine mögliche Koalition aus CDU, SPD und FDP war für viele Abgeordnete der CDU schon vor der Wahl die Wunschkoalition. Ein strikterer Klimaschutz, wie ihn die Grünen auch in den Sondierungen gefordert hatten, gilt in Teilen von Fraktion und Partei als "ideologisch" verbrämt. Überhaupt hatte man vor fünf Jahren nur aus der Not heraus mit den Grünen koaliert: Mit einer starken AfD und ohne die FDP im Landtag war das die einzige Option. Näher war man sich seitdem aber kaum gekommen, auch weil die CDU in Sachsen-Anhalt besonders eng mit Waldbesitzenden, Jägern und konventionellen Landwirten vernetzt ist.

Ergebnisse Wahlkreise und Gemeinden

Grafik zur Landtagswahl 2021, Gemeindeergebnisse
Mindestens 83 Abgeordnete ziehen nach der Wahl am 6. Juni 2021 in den achten Landtag in Sachsen-Anhalt ein. Bildrechte: MDR

In der FDP wiederum herrschte nach der Wahl Skepsis, ob die Partei in einem Dreierbündnis nicht zu kurz kommen könnte: Rein rechnerisch haben CDU und SPD auch ohne die Liberalen eine Mehrheit im Landtag. Die beträgt allerdings nur eine Stimme. Weder CDU- noch SPD-Führung scheinen dabei der CDU-Fraktion zuzutrauen, in jeder Abstimmung die Reihen geschlossen zu halten. Lydia Hüskens sagte am Mittwoch, CDU und SPD hätten ihr das Gefühl gegeben, dass man die FDP unbedingt brauche.

Allerdings gibt es in der SPD auch Vorbehalte gegen die FDP. Zuletzt hatten sowohl die Vereinigung der Arbeitnehmenden als auch die Jugendorganisation der SPD in Halle sich gegen eine Zusammenarbeit mit der FDP ausgesprochen.

Wie es jetzt zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen kommen soll

Bei der SPD beraten am Wochenende die Parteigremien aus Vorstand und den Kreisspitzen. Am Freitag kommende Woche steht dann ein Parteitag an. Dort muss über die Aufnahme von Verhandlungen entschieden werden. FDP und CDU werden sich am kommenden Dienstag in ihren Landevorständen abstimmen. Bei der CDU stimmen dann auch die Vorsitzenden der Kreisverbände mit ab.

Bis eine neue Landesregierung steht kann es noch mehr als zwei Monate dauern. Sollte ein Koalitionsvertrag stehen, müssen nämlich sowohl die Mitglieder von CDU als auch von SPD über die Einigung abstimmen. Dieser Prozess allein dürfte einen Monat dauern.

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MDR SACHSEN-ANHALT/Thomas Vorreyer

Dieses Thema im Programm: MDR S-ANHALT | MDR SACHSEN-ANHALT Heute | 07. Juli 2021 | 19:00 Uhr

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