ARD-Podcast von MDR und HR Wendehausen – Heimat im Todesstreifen
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02. Oktober 2024, 13:05 Uhr
Enteignung, Vertreibung, Flucht und Familienschicksale – all das erlebten die Menschen im DDR-Grenzdorf Wendehausen. Jahrzehntelange lebten sie ganz nah an der Grenze zwischen Ost und West. Sie sahen jeden Tag die Todeszone, den Eisernen Vorhang. Die Zeit prägt die Menschen vor Ort bis heute, aber auch die nachfolgende Generation. Davon erzählt der Podcast "Wendehausen – Heimat im Todesstreifen" - eine Kooperation von Mitteldeutschem und Hessischem Rundfunk.
Wendehausen – ein Dorf im DDR-Sperrgebiet an der thüringisch-hessischen Grenze. Die Bewohnerinnen und Bewohner lebten mit scharfen Kontrollen, Repressalien, Enteignungen oder Vertreibungen. Für den Podcast waren die Autoren Pierre Gehmlich und Björn Menzel in Wendehausen in Thüringen und im benachbarten Heldra in Hessen unterwegs. Sie sprachen mit denen, die die Zeit mit der Grenze und ihren Abbau erlebt haben.
Wie war das Leben im Todesstreifen? Die Protagonisten und Protagonistinnen erzählen emotional und eindrücklich wie sie selbst ihr Gut abreißen mussten, weil es zu nah an der Grenze stand, oder wie sie als Kinder in andere Orte zwangsumgesiedelt wurden, wie Klassenkameraden in den Westen flohen oder auch, wie es war, als Soldat mit Schießbefehl an der Grenze zu stehen.
Bewegende Schicksale
Autor Björn Menzel bewegen vor allem die Schicksale: "Ich bin nahe der Grenze im Harz aufgewachsen. Doch vieles, was sich rund um die ehemalige innerdeutsche Grenze ereignet hat, habe ich nicht mitbekommen. Einiges habe ich nicht einmal gewusst – bis wir das erste Mal nach Wendehausen gefahren sind und jene Menschen treffen durften, die schlimmste Schicksale erleben mussten."
Diese Soldaten an der Grenze, das hätten wir auch sein können. Wir haben Glück gehabt.
Nahegegangen sind beiden Autoren auch die Gespräche mit zwei ehemaligen Grenzsoldaten, die im Ernstfall auf Menschen geschossen hätten, die aus der DDR fliehen wollten. "Sie haben uns erzählt, unter welchem Druck sie damals standen und wie sie heute auf diese Zeit schauen", sagt Autor Pierre Gehmlich. "Wir kommen beide aus der DDR und waren Jugendliche, als die Mauer fiel. Diese Soldaten an der Grenze, das hätten wir auch sein können. Wir haben Glück gehabt."
Beide kommen im Podcast aber auch mit der nachfolgenden Generation ins Gespräch, die diese Zeiten nur aus Erzählungen kennt und die Repressalien unter denen ihre Eltern und Großeltern litten, kaum nachfühlen können.
Prägende Erfahrungen
Den Rahmen jeder Folge bilden Matthias Montag (MDR) und Eberhard Nembach (HR). Die beiden Journalisten kommen aus der Region, haben die 1989 die Wende dort erlebt und sie beobachten die gesellschaftlichen Entwicklungen und ordnen sie ein.
"Es macht mir Mut, dass wir heute den Blick auf die Gemeinsamkeiten legen können und gleichzeitig daran erinnern, dass uns die Grenze trennte, nicht das Menschsein. So tragisch die Erfahrungen, Zwänge und Schicksale im Damals waren, so können wir – ich sage zum Glück – im Heute zusammen reflektieren und verstehen", sagt Matthias Montag.
Eberhard Nembach war 1989 junger Journalist in Westdeutschland. "Ich habe die Grenzöffnung damals als ungeheuer beglückenden Moment erlebt. In den DDR-Grenzdörfern der Sperrzone, die vorher für uns Wessis tabu waren, habe ich viele offene, optimistische und freundliche Menschen getroffen. Ich frage mich manchmal, wo dieses grenzüberschreitende Aufbruchsgefühl von damals geblieben ist. Wollen wir daran nicht wieder anknüpfen?"
Pre-Listening und Diskussionsabend
Am 26. September 2024 wurden Auszüge des Podcasts im Gemeindezentrum Wendehausen vorgespielt. Im Anschluss gab es eine Diskussion mit Zeitzeugen, Heimatverein und Redaktionen des Hessischen und Mitteldeutschen Rundfunks.
Alle vier Folgen des Podcast "Wendehausen – Heimat im Todesstreifen" sind ab werbefrei in der App der ARD-Audiothek zu hören, aber auch auf mdr.de, bei Spotify, Amazon, Apple Podcasts und auf YouTube. Wenn Sie Fragen und Anregungen zum Podcast haben, schreiben Sie gern an wendehausen@mdraktuell.de