MDR Investigativ Podcast Organspenden
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MDR INVESTIGATIV - Hinter der Recherche (Folge 77) Immer weniger Organspenden in Deutschland

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2022 hat es weniger Organspenden gegeben, als zuvor. Trotz besserer Finanzierung der Kliniken und Akzeptanz in der Bevölkerung sind weniger Deutsche Organspender als in anderen europäischen Ländern. Ein Grund: Bei fast all unseren Nachbarn in Europa gilt die Widerspruchslösung -  jeder ist potenziell Organspender, außer er lehnt explizit ab. In Deutschland hingegen gilt die die erweiterte Zustimmungslösung. Das heißt, man muss aktiv einer Organentnahme zustimmen.

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MDR Investigativ Podcast Organspenden 36 min
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Esther Stephan (ES): Sie hören den Podcast "MDR Investigativ - Hinter der Recherche". In diesem Podcast sprechen wir mit Journalist*innen über ihre Recherchen, das Thema und die Erlebnisse während der Dreharbeiten. Heute geht es um Organspenden. Denn obwohl seit 2019 immer mehr Geld in Organspenden gesteckt wird, hat es im vergangenen Jahr wieder weniger Organspenden gegeben als zuvor. Und das bedeutet: je weniger Organspenden es gibt, desto mehr Menschen sterben, weil sie eben diese Organspenden nicht bekommen. Ich bin Esther Stephan, ich arbeite für die politischen Magazine des Mitteldeutschen Rundfunks, und heute gibt es eine Premiere. Ich spreche nämlich mit Secilia Kloppmann, die ja auch meine Kollegin hier im Podcast ist.

Hallo Secilia!

Secilia Kloppmann (SK): Hallo Esther!

ES: Es geht um Organspenden. Das ist ja ein Thema, da erinnere ich mich, das ist schon seit Jahren ein Problem, das schleppen wir irgendwie so mit uns rum. Wie bist du dahin gekommen, dich jetzt noch mal damit zu beschäftigen?

SK: In der Tat ist das richtig. Das Thema gibt es schon ewig in den Medien und auch ich selbst, ich bin 2011 als Hörfunkreporterin, ich glaube für den Deutschlandfunk, auf einem Kongress gewesen, von Neurologen und Notfallmedizinern in Leipzig. Und da habe ich das erste Mal davon gehört. Da ging es vor allen Dingen um das Thema Hirntoddiagnostik, die ja eine der Grundvoraussetzungen ist für die Organspende.

Und ich habe auch noch mal geguckt: Seit 2013 habe ich einen Organspendeausweis. Ich weiß jetzt gar keinen wirklichen Anlass, aber offenbar war mir das schon lange wichtig und es ist offenbar schon immer so ein Thema gewesen. Ganz konkret ist es so gewesen: in dem Beitrag bei MDR Exakt gibt es eine Protagonistin, Svenja Teufert. Sie ist Psychologin am Uniklinikum in Leipzig und dort auf der Intensivstation. Svenja und ich, wir sind schon seit sehr, sehr, sehr vielen Jahren sehr eng befreundet. Und wenn man sich so trifft, dann unterhält man sich auch durchaus ab und zu mal über den Job. Ich finde das immer sehr spannend, was meine Freundin Svenja da so tut. Und die erzählte mir dann irgendwann, vor ein paar Jahren, dass sie jetzt auch in dieses Organspende-Team an der Uniklinik gekommen ist und worum es da geht. Und dass es auch für sie ein Grundanliegen ist, dass Organspender viel mehr Wertschätzung erfahren sollten in Deutschland, dass es in anderen Ländern ganz anders ist. Ich fand das spannend und habe gesagt: "Ach komm, lass uns doch da mal gucken, ob wir nicht vielleicht, auch wenn das schwierig wird, eine Familie finden, die wir in dieser schweren Zeit begleiten können." Dann gab es auch schon eine erste Zusammenkunft mit der Uniklinik. Die sind sehr unterstützend und sehr interessiert daran gewesen. Und dann kam Corona und alles lag auf Eis. Die hatten dort ganz andere Sachen zu tun und Drehs waren einfach nicht möglich. Letztes Jahr habe ich dann mal nachgefragt und habe gesagt: "Jetzt könnte das ja ein bisschen vorbei sein mit Corona. Und vielleicht könnte man auch drehen. Wollen wir das nicht mal wieder in Angriff nehmen?" Und dann sagte sie: "Ja, schön wär's! Stell dir vor: wir haben fast gar keine Organspenden!" Es ist so eingebrochen 2022, es gibt kaum Organspenden. Und dann habe ich gedacht: Okay, spätestens jetzt ist es ein Thema. Die bemühen sich so sehr, es ist aber einfach noch schlechter geworden.

ES: Darüber können wir vielleicht gleich noch einmal sprechen, was die Gründe dafür sind. Du hast gerade eben gesagt, dass du von Anfang an schon das Gefühl gehabt hast, es könnte vielleicht schwer werden, eine Familie zu finden, die ihr begleiten könnt. Tatsächlich hast du jemanden gefunden und das ist Kerstin Didszun, mit ihr hast du gesprochen. Sie hat erst 2021 ihren Sohn bei einem Autounfall verloren. Und obwohl das kein klassischer Autounfall gewesen ist, sondern ein Aneurysma im Gehirn. Dieses ist geplatzt und ihr Sohn war dann sofort bewusstlos und hatte dadurch dann einen Unfall. Er hatte einen Organspendeausweis und hat darin ganz klar festgehalten, dass er möchte, dass seine Organe gespendet werden. Und du hast mit Martins Mutter Kerstin gesprochen. Wie ist dieser Kontakt überhaupt zustande gekommen?

SK: Das, was Svenja Teufert und ihre Kollegin, die Psychologin an der Uniklinik, machen und was auch andere Psychologinnen und Psychologen in dieser Position ist zum Beispiel auch, dass sie Angehörigentreffen organisieren. Das gehört zur Angehörigenbetreuung. Es geht nicht nur darum, die Angehörigen von Menschen, die auf der Intensivstation mit einer entsprechenden Diagnose liegen, zu betreuen, sondern es gibt da auch eine Art Nachsorge. Bei diesen Angehörigentreffen war auch Kerstin Didszun und so ist der Kontakt zustande gekommen.

ES: Was war das für ein Gespräch? Wie lief das?

SK: Ich hatte die Telefonnummer von Kerstin Didszun bekommen und wusste die Eckdaten: Es handelt sich um den Sohn. Es ist ungefähr ein Jahr her. Dann habe ich das erste Mal angerufen und das war schon mit Herzklopfen verbunden: Ich rufe eine fremde Frau an und frage sie über die wahrscheinlich schlimmsten Stunden ihres Lebens aus. Sie war aber schon am Telefon sehr, sehr, sehr offen. Rückblickend war das wirklich schwer.

ES: Es ist ja auch noch gar nicht so lange her, dass ihr Sohn gestorben ist. Ich finde es beeindruckend, dass sie nach so einer kurzen Zeit auch bereit ist, darüber zu sprechen.

SK: Ja, total. Wie gesagt: mir ist es fast schwerer gefallen, weil ich erst einmal wirklich geheult habe. Nach dem ersten Telefonaten habe ich überlegt: "Kann ich dieses Thema überhaupt machen, das überhaupt durchstehen?" Dann hatten wir den Termin für die Aufnahmen. Dafür sind wir nach Berggießhübel gefahren. Das ist nicht weit weg von Dresden. Kerstin Didszun war einfach ganz taff und offen. Natürlich war sie trotzdem zwischendurch auch sehr traurig. Aber am Ende war es ihr einfach ein ganz großes Anliegen auch über ihren Sohn Martin zu sprechen, die Vorfälle zu schildern. Immer wieder kam auch durch, wie stolz sie darauf ist, dass ihr Sohn schlussendlich sechs anderen Menschen zumindest die Chance auf ein besseres Leben, auf ein gesundes Leben gegeben hat, weil mehrere Organe gespendet wurden.

ES: Wir können uns auch noch mal einen Ton anhören, in dem sie darüber spricht.

Das war wirklich so, dass man gesagt hat: "Du kannst nicht begreifen, was hier passiert.  Aber dann hat es wenigstens einen Sinn." Im Grunde genommen wurden Herz, Lunge, Leber, Bauchspeicheldrüse und die Nieren gespendet. Wir haben also durchgezählt und gedacht: "Gottseidank. Dann ist es wenigstens viel, was geholfen werden kann."

Kerstin Didszun

ES: Wie war es dann, als du sie tatsächlich getroffen hast? Mit welchem Gefühl bist du in das Gespräch mit Kerstin Didszun reingegangen?

SK: Schon mit einem bisschen mulmigen Gefühl. Wir hatten zwar telefoniert, aber natürlich weiß man nicht so richtig, was einen erwartet. Ich hatte auch ein bisschen Sorgen. Ich treffe eine Frau, deren Sohn vor einem Jahr verstorben ist. Ich bin keine Psychologin, ich bin Journalistin. Ich unterhalte mich mit ihr über ein eine ganz schwere Zeit in ihrem Leben. Und dann hat man ja auch Befürchtungen, dass man da etwas auslöst, also bei ihr Traumata noch mal weckt. Ich hoffe, dass es nicht so war. Sie hat diesen Eindruck nicht gemacht. Wir waren auch danach immer noch mal in Kontakt. Sie war sehr offen, sehr herzlich. Ich würde an dieser Stelle auch gerne meinem Kameramann Sven Giebel noch mal ein großes Kompliment machen. Es ist ganz wichtig, dass man jemanden hat, der ganz sensibel mit den Leuten umgeht.

ES: Ein Kind zu verlieren ist ja wirklich das Allerschlimmste, was man sich vorstellen kann. In dieser Organspende-Situation eine Stütze zu finden, finde ich wirklich, ist eine sehr altruistische Handlung. Konnten die vielleicht auch rausfinden, welchen Menschen dadurch geholfen werden konnte?

SK: Das ist tatsächlich eine Frage, die bei Kerstin Didszun geblieben ist, denn das ist in Deutschland nicht möglich. Man weiß es also nicht. Die Angehörigen bekommen von der Deutschen Stiftung Organspende später einen Brief mit Eckdaten. Zum Beispiel: "Die Leber ist an einen Mann im mittleren Alter gegangen." Oder: "Die Niere ging an ein Kind." Mehr weiß man nicht. Man weiß nicht, wo die Leute leben oder das genaue Alter. Kerstin Didszun meinte halt schon, das wäre für sie schon wichtig. Nicht, um zu kontrollieren, ob die auch alles richtig machen mit den Organen ihres Sohnes, sondern nur um zu wissen, wie es den Menschen geht. Aber das ist in Deutschland nicht möglich.

ES: Warum ist das nicht möglich?

SK: Das hat Datenschutzgründe. Was es allerdings schon gibt, ist, dass die Leute, die ein Organ empfangen haben, sich per Brief bei den Angehörigen melden können, wenn sie das wollen. Das passiert relativ selten. Dazu muss man sagen: Es sind ja immer Schwerkranke, die so ein Organ bekommen. Das heißt, die haben erst einmal diese Operation, dann ändert sich deren Leben, sie müssen wieder zurück finden ins Leben und so weiter. Das ist nicht von heute auf morgen. Du hast ein neues Herz oder eine neue Lunge und alles geht plötzlich ganz normal weiter. So ist es nicht. Manchmal gibt es auch Probleme mit dem Organ. Wenn man ein Organ bekommt, nimmt es der Körper auch nicht zwingend an. Es kommt vor, dass Menschen sich melden, aber das dauert oft sehr lange. Ich glaube es ist die Ausnahme.

ES: Du hast eben gesagt, dass gerade 2022 die Organspenden total eingebrochen sind, dass es viel weniger gibt. Wieso war das in diesem Jahr so?

SK: Das ist tatsächlich die große Frage, mit der sich in Deutschland viele Menschen rumschlagen, mit denen ich gesprochen oder Kontakt gehabt habe, wie die Deutsche Stiftung Organspende oder auch die Ansprechpartner an der Uniklinik in Leipzig. Wenn man schaut, waren die Zahlen in Deutschland 2020 und 2021 auf einem seit Jahren niedrigen Niveau. Es gab vielleicht kleinere Einbrüche. Das liegt natürlich daran, dass es die Corona-Jahre waren, dass die Kliniken überlastet waren, dass man nicht transplantiert hat, wenn es eine Corona-Infektion gab. Aber für diesen Einbruch 2022 gibt es keine richtige Erklärung.

ES: Abgesehen von 2022: Was ist das Problem, dass wir dieses Thema Organspende jetzt schon so lange mit uns herumschleppen? Wieso gibt es so wenig Organspenden in Deutschland?

SK: Also einfach beantwortet kann man sagen: Es gibt einfach zu wenig Menschen, die sich bereit erklären bei einem eigentlich sehr selten eintretenden Todesfall… also eigentlich ist es sehr selten, dass man überhaupt Organspender werden kann und dann auch ihre Organe an einen Schwerkranken zu spenden. Dazu muss man sich ja bereit erklären. Wenn man genauer hinguckt, dann sieht man, dass das ganz viele verschiedene Gründe hat. Lange Zeit hat man gesagt: Wir haben zu wenig Organspendeausweise in Deutschland. Denn die Voraussetzung, dass man Organspender werden kann ist, dass man seinen Willen, möglichst schriftlich, zum Beispiel mit einem Organspendeausweis, aber auch in der Patientenverfügung oder zumindest zum Beispiel für die Familie schriftlich fixiert hat. Das machen viel zu wenig Menschen. Es gibt Umfragen, die gibt’s schon ewig, die zeigen: Zwischen 80 und 90 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass Organspende eine gute Sache ist. Aber nur knapp 40 Prozent haben das geregelt oder haben einen Organspendeausweis. Da kommen wir dann zu diesem Problem, wie erwähnt, es ist immer noch freiwillig. Ich muss einen Organspendeausweis haben oder muss es irgendwie schriftlich fixieren. Fast alle Länder in Europa, aber zum Beispiel auch die USA, haben das anders geregelt. Dort gilt jeder erstmal per se als Organspender. Natürlich soll und muss er widersprechen, wenn er das nicht möchte. Hierzulande muss man freiwillig, aus eigenem Antrieb, diesen Spenderausweis ausfüllen. Hinzu kommt, dass das auch nirgendwo zentral registriert ist. Ich habe den Ausweis im besten Falle in meinen Fahrzeugpapieren oder in meinem Portemonnaie. Aber vielleicht liegt er auch zu Hause in der Schublade und keiner weiß es. Gerade nach Unfällen kommen Menschen oft als Organspender in Frage. Dann muss es logischerweise auch schnell gehen. Aber im Zweifelsfall weiß das niemand. Und dann gehen immer wieder wichtige Organspender auch verloren. Wir hatten im Jahr 2022 869 Organspender, von denen werden dann oft mehrere Organe entnommen, aber 869. Im Jahr vorher waren es übrigens 933, dass wir diesen Einbruch auch gleich noch mal erklärt haben. Aber bei 869 kann man sich vorstellen, dass jeder Einzelne zählt. Wenn er dann nicht entdeckt wird oder die Spende nicht durchgeführt wird, obwohl er vielleicht eine Organspende wollte, weil der Ausweis nicht gefunden wird, dann sieht man auch, wo das Problem ist. Man muss sich also in Deutschland im Prinzip überhaupt nicht damit auseinandersetzen, wenn man das nicht möchte. Anderswo muss man das machen. Wenn man sagt, man möchte das nicht, dann muss man widersprechen. Und dann darf man auch nicht vergessen: In Deutschland – und das kann an den Zahlen auch ganz deutlich sehen - gibt es nach wie vor eine große Verunsicherung, aufgrund dessen, dass ja 2012 der Organspendeskandal bekannt geworden ist. Und das kann man sehen: 2010 waren es noch knapp 1300 Organspender, 2011 dann 1200, 2012 dann noch ein bisschen über tausend und dann 2013, also als es bekannt geworden ist, sackt die Zahl auf 876. Das merkt man auch immer wieder. Wir haben auch eine Befragung gemacht über unser Befragungstool "MDR fragt". Auch da kommt immer wieder die Angst vor Missbrauch als Grund vor, weshalb man skeptisch gegenüber einer Organspende oder dem Ausfüllen eines Organspendeausweises ist.

ES: Um das noch einmal zusammenzufassen: Bei diesem Organspendeskandal ging es darum, dass sich einzelne Krankenhäuser nicht an diese Listen gehalten haben.

SK: Richtig. Also es gab verschiedene Kliniken in ganz Deutschland, unter anderem in Göttingen, in München. Auch die Universitätsklinik in Leipzig war da beteiligt. Und dort ist es so gewesen, dass die Warteliste, aktuell stehen da gerade rund 8500 Schwerkranke in Deutschland drauf. Die brauchen Organe, also ein neues Herz, Lunge Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse. Und 2012 ist bekannt geworden, dass an einzelnen Kliniken Menschen bevorzugt worden sind, weiter oben auf die Warteliste gekommen sind. Es gab einen Verdacht, der ist nie so ganz restlos ausgeräumt worden, aber auch nicht restlos aufgeklärt worden. Da soll es auch um Geld gegangen sein. Grundsätzlich ging es aber um Reputation, um besonders viele Transplantationen, weil zum Beispiel auch Chefarzt Gehälter an die Anzahl der Transplantationen gekoppelt waren. Also das waren so ein bisschen die Hintergründe ohne da jetzt ins Detail zu gehen. Und man muss natürlich auch sagen, wenn jetzt jemand auf diese Warteliste weiter nach oben kommt, heißt das ja, dass es für den, der auf der Warteliste eigentlich oben gestanden hätte und da schon lange wartet, weil er sehr schwer krank ist, unter Umständen, dass es lebensbedrohlich oder sogar zum Tod geführt hat. Das ist nicht restlos aufgeklärt worden, weil man es wahrscheinlich nicht immer so nachweisen kann. Aber das ist natürlich die Konsequenz.

ES: Und jetzt stehen die Deutschen ganz anders oder zum Teil wirklich nach diesem Skandal anders zur Organspende. Ihr habt mit "MDR fragt" zusammengearbeitet wie ist das so abgelaufen? Wie hat das funktioniert?

SK: Also erstmal hat das richtig gut funktioniert. Also der Ansatzpunkt war eigentlich in den Gesprächen, die ich mit Svenja Teufert geführt habe, aber auch mit der Transplantationsbeauftragten der Uniklinik mit Svitlana Ziganshyna, da war eines der großen Themen, dass sie - siehe auch weniger Organspenden 2022, wobei nicht an der Uniklinik, das muss man auch sagen – es waren zwar trotzdem wenig. Es waren, glaube ich, nur elf über das ganze Jahr. Aber da war der Einbruch trotzdem nicht da, also, wie deutschlandweit. Also die haben tatsächlich das sogar ein bisschen gesteigert von 2021 auf '22, aber auf sehr niedrigem Niveau, wenn man über elf Organspender spricht. Aber eines der großen Problemen, vor denen sie da wohl immer wieder stehen, ist, wenn derjenige, der schwer krank und unrettbar krank auf der Intensivstation liegt und der potenziell Organspender sein könnte, wenn es dazu keinen schriftlichen Willen oder wenigstens mal einen mündlichen, das in der Familie angesprochen hat, Willen kundgetan hat, ob er Organspender sein möchte oder nicht, dass es dann so ist, dass die Angehörigen oft ablehnen. Also, und das hat auch die Befragung dann noch mal gezeigt aufgrund dieser, dass die einfach nicht so richtig fassen konnten, woran das jetzt liegt. Da kam dann eben diese die Idee, auf, dieses Jahr wunderbar vorhandene Tool des MDS zu nutzen, im der erfragt da werden Menschen aus Mitteldeutschland, also Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen befragt. Das ist nicht repräsentativ, muss muss man immer dazu sagen, ist aber gewichtet in dem Falle. Zu unserer Befragung haben da 24.000 Menschen teilgenommen. Und auch da hat sich noch einmal bestätigt, zum Beispiel also, dass es da einfach verschiedene Gründe gibt. Zum Beispiel also 27 Prozent haben gesagt, ich würde auf jeden Fall das ablehnen. Die Organspende, weil ich einfach nicht weiß, was der verstorbenes gewollt hätte. 23 Prozent haben gesagt ich würde ablehnen, weil ich unsicher bin, ob ich überhaupt das richtige mache und was ich auch interessant fand. Das muss man sich auch immer wieder vor Augen, für wenn man darüber spricht, 19 Prozent also fast jeder Fünfte hat immer noch gesagt ich würde ablehnen, weil ich in dieser schwierigen Situation, in der ich bin, weil mein Angehöriger, der liegt da auf der Intensivstation. Ich habe eigentlich etwas anderes zu tun, und ich habe ganz andere Sorgen. Und ich habe einfach gar keine nerven, mich jetzt in dieser schwierigen Situation auch noch damit zu beschäftigen. Und dann würde ich einfach ablehnen. Und es sind natürlich ganz, ganz wertvolle Organspenden, die da verloren gehen. Und man kann auch an dieser Stelle auch einfach nur nochmal appellieren an jedem, der das hört, ob er und dass der Mann geht und ob der für sich das eigentlich, wie er das für sich beantwortet. Wenn er sich das vorstellt, er wäre derjenige, über den entschieden werden muss, und es müssen dann die Kinder machen. Es muss die Partnerin machen, es muss der Partner machen. Oder es müssten die Eltern machen. Also in welche Situation man auch die Angehörigen bringt, wenn man nicht das klar hinterlässt, was man möchte. Man kann ja Nein sagen, und dann ist es auch in Ordnung. Es geht ja wirklich nur darum, dass man da auch seine eigene Familie auch entlastet mit einer ganz klaren Entscheidung Ja oder Nein.

ES: Genau, die dann eben nicht in dieser schwierigen Situation sind: Meine Tochter, mein Sohn, liegt da auf der Intensivstation, und jetzt muss ich auch noch so etwas entscheiden, wo man dann verständlicherweise sagt: Okay, im Zweifelsfall entscheide ich mich lieber für nichts.

Wie ist denn das? Du hast mir im Vorgespräch erzählt, das es auch total interessant ist, wie wir in Deutschland mit den Organspenderinnen und -spendern selber umgehen. Also die geraten ja immer so ein bisschen aus dem Blickfeld. Wenn wir darüber sprechen, geht es viel um die Angehörigen. Die müssen entscheiden. Und es geht um die Leute, die die Organe bekommen. Was er auch total super ist für die. Aber du hast mir erzählt, zum Beispiel in den USA sind die Leute, deren Organe gespendet werden, totale Helden.

SK: Das stimmt. Und das war ja eigentlich auch so von Anbeginn der Geschichte, die ich gemacht habe, auch so ein bisschen meine Intention, dass man die Organspender mehr auch in den Mittelpunkt rücken muss. Deshalb haben wir zum Beispiel auch die Geschichte von Martin präsent und länger auch erzählt. Und in den USA, ich kann das jedem empfehlen, der sich dafür interessiert, da kann man auf YouTube eingeben: Honor Walk. Und das ist aber harter Tobak. Das muss man wirklich aushalten können. Das sind Videoaufnahmen, wenn Menschen hirntot sind, Organspender werden, die werden dann zusammen mit den Angehörigen durch ein Spalier von Patienten, Freunden, Mitarbeitern der Klinik in diesen Operationssaal zur Entnahme-Operation gefahren. Da wird geklatscht, und derjenige wird auch noch einmal gefeiert. Und es wird auch noch mal ein bisschen was erzählt über sein Leben. Und ich glaube auch, dass das, auch wenn das natürlich eine ganz, ganz schwierige Situation ist für die Angehörigen. Aber das drückt eben auch noch mal eine Wertschätzung aus. Also es ist nicht so, wie wir nehmen den jetzt, also mal salopp gesagt, und operieren jetzt mal die Organe raus. Und dann ist gut so. Sondern es wird noch einmal darauf hingewiesen: Also das ist ein Mensch, der musste sterben. Aber der hilft jetzt auch ganz vielen anderen ein besseres Leben zu führen. Ob das jetzt hier in Deutschland so funktioniert, das wage ich zu bezweifeln.

Es ist auch eine andere Kultur. Das hat auch viel mit Religiosität zu tun und mit Gebeten und so weiter. Das ist für uns, wenn wir uns das anschauen, so ein bisschen drüber.

ES: Aber es ist trotzdem, finde ich, sehr interessant, wie es tatsächlich dann auch den Blick vielleicht auf diesen medizinischen Prozess der Organspende jetzt erstmal, wie das das vielleicht auch verändert, die Diskussion, wie wir auch darüber sprechen.

SK: Naja. Und man sieht eben auch in den USA. Wir hatten ja schon die Zahlen. Auf 1 Million Einwohner kommen da 44,5 Organspender. Also da gibt es sicherlich auch Zusammenhänge.

ES: Jahr Wow, hier sind es ja gerade mal zehn auf 1 Million. Also es ist nur ein knappes Viertel. Jetzt warst du ja an der Uniklinik in Leipzig unterwegs und hast da zum Beispiel mit dem Leiter des Transplantationszentrums, Professor Daniel Seehofer, gesprochen und auch mit Svitlana Ziganshyna, das ist die Transplantationsbeauftragte der Uniklinik Leipzig. Wie sehen die denn eigentlich die Situation? Gibt’s irgendetwas, was die sich gewünscht hätten?

SK: Man muss sagen, dass die beide wirklich richtig satt sind von der Politik, so wie das geregelt ist. Die hätten sich beide natürlich die Widerspruchslösung gewünscht. Professor Seehofer hat das explizit gesagt, hat natürlich auch Verständnis dafür geäußert, dass das gar nicht so einfach ist, auch für Menschen, sich zu entscheiden. Aber natürlich, er als Mediziner sieht immer wieder, dass Menschen nicht versorgt werden können. Und man darf nicht vergessen: Jeder Zehnte auf der Warteliste, der verstirbt, weil er kein Organ bekommt. Und für Svitlana Ziganshyna war es auch noch mal wichtig, gerade auch in Hinblick auf die Politik, darauf hinzuweisen, dass wir so eine deutsche Zwiespältigkeit haben. Ja, also, es gibt ja den Eurotransplant-Verbund. Da sind auch viele andere Länder drin, die zum Beispiel eine Widerspruchslösung haben. Das heißt, wir in Deutschland, wir lehnen das ab. Wir wollen das den Bürgern nicht zumuten, dass sie sich entscheiden müssen. Aber wir nehmen Organe aus Ländern, wo die Widerspruchslösung grundsätzlich ist. Und wir nehmen auch Organe aus Ländern, wo zum Beispiel eine Organentnahme nach Herz-Kreislauf-Stillstand möglich ist. Das ist ja in Deutschland gar nicht möglich und auch für die Bestimmungen, für die Hirntoddiagnostik nicht so sind wie bei uns. Also da gab es schon ein großes Unverständnis darüber.

ES: Es ist jetzt nicht so, dass politisch nichts passiert ist. Es gibt immer wieder diese Debatte. Müssen wir vielleicht weg von dieser Zustimmungslösung, in der wir sagen: ich persönlich entscheide mich jetzt dafür, diesen Organspendeausweis zu nehmen und anzukreuzen, wie ich mich entscheiden möchte, hin zu einer Widerspruchslösung, in der man eben explizit sagen möchte, dass man nicht Organspenderin, Organspender sein möchte, wie es eben in vielen anderen Ländern geregelt ist. Da gibt es ja wirklich auch schon lange politische Diskussionen, die hast du dir auch nochmal angeschaut?

SK: Ja, richtig. Also vorab muss man vielleicht sagen: es gab in Deutschland sogar zwei Änderungen, um die Organspende voranzubringen. Und wenn man Böse wäre, könnte man sagen so wie wir das in Deutschland immer versuchen: Wir versuchen es erst mal mit viel Geld und wundern uns dann, wenn es nicht funktioniert. Und man könnte auch noch voranstellen, wir müssen es immer anders machen als die anderen: ganz viel Geld ausgeben, um dann dazustehen und uns zu wundern, worum es nicht funktioniert. Das schaffen wir ja in anderen Bereichen auch. Aber mal zu den Fakten. Also es gab 2019, die zweite Änderung des Transplantationsgesetzes. In Zuge dessen sind vor allen Dingen die Finanzen aufgestockt worden. Also für die Universitätskliniken die Svitlana Ziganshyna, die ja auch in dem Beitrag eine große Rolle spielt, die ist die Transplantationsbeauftragte der Leipziger Uniklinik. Deren Job ist dadurch erst möglich geworden. Die haben da eine Stabsstelle eingerichtet. In diesem Organspende-Team sind verschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht in Vollzeit. Svitlana Ziganshyna ist die einzige, aber es gibt die Psychologinnen, es gibt Intensivpfleger und so weiter. Und das kostet natürlich auch alles Geld. Und es hat schon auch was gebracht. Also das hat sie mir im Interview auch bestätigt. Es hat schon gebracht, dass die Strukturen besser geworden sind und dass die alle besser zusammenarbeiten. Sie hat zum Beispiel so ein Screening-System. Das heißt, jeder der in der Uniklinik in Leipzig auf so einer Intensivstation liegt mit einer entsprechenden Diagnose, das sind ja oft, das müssen wir vielleicht auch noch mal ganz kurz erwähnen, also nach Unfällen oder vor allen Dingen nach Hirnblutungen. Aneurysma war zum Beispiel bei Martin, bei dem Sohn von Kerstin Didszun die Ursache dafür, ist es ja immer sehr plötzlich. Also Menschen, die, wo es sein könnte, dass sie in kürzester Zeit hirntot sind oder die vielleicht schon aufgrund eines Unfalls in diesem Zustand angeliefert werden. Also die werden dort erfasst, erstmal als potenzielle Organspender. Jedenfalls gibt es dadurch schon eine viel bessere Möglichkeit, zum Beispiel auch auf Angehörige frühzeitiger zuzugehen und auch innerhalb des Ärzteteams zu sprechen. Denn es gibt ja auch bestimmte Voraussetzungen auch für die Organspende. Also zum Beispiel müssen die dann wirklich teilweise auch länger künstlich am Leben erhalten werden. Und so weiter. Also das hat es schon gebracht. Was es auch gebracht hat, ist eine bessere Vergütung für die Entnahmekliniken. Vor 2019 waren das 5.300 Euro pro mehr Organentnahme. Jetzt sind es rund 19.000. Jetzt mag man sich vielleicht wundern, warum das zu viel ist. Aber laut Svitlana Ziganshyna war das halt vorher auch nicht ausreichend. Und damit muss man leider sagen auch nicht so wirklich attraktiv, weil die Bestimmungen, die wir haben, für eine Organentnahme in Deutschland, die sind laut Svitlana Ziganshyna die weltweit strengsten. Also das kostet natürlich auch Geld, wenn man da verschiedenste Diagnosen erst machen muss und so weiter. Und von dem Geld werden eben auch die Psychologen bezahlt, sowie die Svenja Teufert. Das war das Erste, was gemacht wurde. An den Zahlen, was es jetzt gebracht hat, seit 2019, kann man das ehrlich gesagt, überhaupt nicht sehen. Also da hat sich nichts verbessert. Aber man muss sagen 2019, dann kam 2020, 2021. Wir hatten es erwähnt. Corona, Ausnahmesituation in den Kliniken. Da kann man jetzt vielleicht auch sagen: Okay, also hätte vielleicht etwas gebracht, hat es aber nicht. Und dann kam aber auch relativ zügig hinterher eine Gesetzesinitiative von verschiedensten Bundestagsabgeordneten, wo es darum ging, dass man diese Widerspruchslösung auch in Deutschland einführt. Die gilt in ganz, ganz vielen Ländern in Europa. Und da ist es halt so: Man gilt erst mal als Organspender per se. Man kann und soll natürlich widersprechen. Es gibt in ein paar Ländern dann noch so eine erweiterte Widerspruchslösung. Das heißt, ich kann meinen Willen kundtun. Im Zweifelsfalle können aber die Angehörigen im Falle des Falles dann noch mal drüber entscheiden. Aber man muss auch ganz, ganz deutlich sagen und das zeigen auch die Zahlen: Man sieht einfach einen riesenriesengroßen Unterschied zu uns. Also zum Beispiel 2022 auf 1 Million Einwohner in Deutschland sind 10,34 Organspenden gekommen. In Tschechien, wo die Widerspruchslösung gilt, sind es 28,3. In Österreich waren es über 25, und in Spanien zum Beispiel sind es 46 auf 1 Million. Da ist die Lage wesentlich besser. Es gab auf jeden Fall eine Diskussion über diese Widerspruchslösung, und es gab verschiedene Bundestagsabgeordnete, es waren so rund 230 aus verschiedensten Fraktionen, also man kann jetzt nicht sagen das war jetzt irgendwie nur ein Anliegen der CDU oder der SPD. Es war damals war ja noch Jens Spahn Gesundheitsminister, der wollte die Widerspruchslösung, auch der jetzige, Karl Lauterbach, Angela Merkel hat das unterschrieben. Auch der aktuelle FDP-Generalsekretär, auch Hermann Otto Solms zum Beispiel von der FDP. Es gab auch viele CSU-Politiker, zum Beispiel Andreas Scheuer oder Hans-Peter Friedrich. Es gab von den Linken Gregor Gysi, Dietmar Bartsch, Sahra Wagenknecht. Ich zähle das extra so auf, weil das haben wirklich sehr, sehr viele unterschrieben, auch sozusagen parteienübergreifend außer - und jetzt kommt es – es gibt keinen einzigen Namen von den Grünen, und es gibt nur einen AfD- Abgeordneten, der es unterschrieben hat. Und das ist nämlich leider auch so ein bisschen der Punkt. Es gab da eine große Debatte 2020 im Bundestag, und die AfD hatte sich sowieso von vornherein, bis auf diese eine Ausnahme, also komplett gegen diese Widerspruchslösung positioniert. Die wollten im Prinzip alles so lassen, wie es ist. In dieser Debatte ist dann noch von den Grünen tatsächlich ein Abgeordneter, hatte sich dafür eingesetzt,. Dieter Janecek heißt der. Der hatte zwar nicht diese Initiative unterschrieben, aber der hatte sich auch ganz klar pro Widerspruchslösung positioniert. Und deshalb erzähle ich das jetzt. Es war eben einfach bei den Grünen 2019, 2020 die Ausnahme. Also damals war es vor allen Dingen Annalena Baerbock. Die war damals Parteivorsitzende, zusammen mit Robert Habeck, und die hatte sich, und die hatte wirklich vehement gegen die Einführung der Widerspruchslösung agiert. Es war auf jeden Fall auch damals so, dass die grüne Fraktion, das wurde mir auch bestätigt, da doch sehr einig agiert hat. Und die haben sich dann im Prinzip alle hinter sie gestellt, und sie hatte dann einen Entwurf eingebracht und hat damit, wenn man böse sein kann, haben Sie es eigentlich damit verhindert, dass sich etwas ändert.

Aus meiner Sicht verkennt die Widerspruchsregelung, dass man nicht einfach Regelungen aus anderen Ländern auf die deutsche Situation, auf die Rechtslage und die Situation in den Krankenhäusern kopieren kann. Wem gehört der Mensch? In unseren Augen gehört er nicht dem Staat, nicht der Gesellschaft, er gehört sich selbst. Ungefragt, ohne Widerspruch. Und daher bitte ich Sie um Zustimmung zur Entscheidungslösung.

Annalena Baerbock

SK: Ich finde das ist wirklich leider, leider Unsinn. Weil Widerspruchslösung heißt ja Widerspruchslösung, weil man widersprechen kann. Und ungefragt. Das hat damit einfach gar nichts zu tun. Also es geht darum, dass wir alle mündige Bürger sind, die auch eine mündige Entscheidung treffen können. Aber man muss wirklich rückblickend noch einmal sagen, die waren zwar damals die kleinste Fraktion, deshalb ist es vielleicht ein bisschen unfair mit 67 Abgeordneten. Aber wenn die sich ein bisschen progressiver verhalten hätten, dadurch dass es Befürworter und Gegner in allen Fraktionen gab, bis auf die AfD, hätten sie wahrscheinlich dafür sorgen können, dass es eine Lösung gibt, die allen Schwerkranken hier in Deutschland besser hilft.

ES: Und was ist denn jetzt daraus geworden? Am Ende?

SK: Rausgekommen ist das, was wir jetzt im Moment haben. Annalena Baerbock hat dann zusammen mit Politikerinnen der Linken und der SPD einen eigenen Gesetzesentwurf eingebracht. Der nennt sich "Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende" in Klammern: erweiterte Zustimmungslösung. Das heißt, es ist das alte, bisher nur wieder mit mehr Geld und mit einigen Verbesserungen, die natürlich sinnvoll sind. Unter anderem, das Gesetz ist ja dann 2020 verabschiedet worden, sollte gelten ab 2022 und ab 2022 sollte tatsächlich sehr sinnvoll ein zentrales Register eingeführt werden, wo zumindestens alle Spendenwilligen oder vielleicht auch - im Detail weiß ich es nicht genau - diejenigen, die es eben nicht möchten, zentral erfasst sind. Darauf warten wir immer noch. März 2022 ist jetzt schon mal ein Jahr her. Ich hatte im Bundesgesundheitsministerium angefragt: nächstes Jahr. Nächstes Jahr wird es dann da sein. Und außerdem Geld wird ausgegeben für die Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger, zum Beispiel in Arztpraxen, in Rahmen von Erste-Hilfe-Kursen, Ausweisstellen. Also muss man sich jetzt vorstellen, man holt seinen Führerschein ab, oder man braucht einen neuen Pass und soll dann dort auf diesem Amt aufgeklärt werden. Ich möchte jetzt den Leuten, die da sitzen wirklich nicht zu nahe treten. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die da wirklich groß Lust drauf haben. Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ich da groß Lust drauf hätte, wenn ich einfach nur meinen Personalausweis abholen möchte, dass ich da mit jemand mir völlig fremden dieses Thema erörtern möchte. Also weiß ich nicht, ob das wirklich gut funktioniert. Und klar, ich kann zu meinem Arzt gehen. Aber da muss man ja auch sagen: wir sprechen hier auch über wirklich über extrem enge Kapazitäten in Arztpraxen und ich glaube einfach fest dran, wenn man es zentral regeln würde, mit einem Widerspruch, die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, die sind wirklich mündig genug. Die können sich das selbst beantworten und können sagen Ja oder Nein.

ES: Dann läuft es vielleicht am Ende auch einfach wieder auf so einen Flyer hinaus, der dann bei den anderen in der Praxis liegt.

SK: Genau so ist es. Ich hatte das auch noch mal angefragt. Also es sind natürlich dann wieder Unmengen Gelder dafür eingeplant bei den Flyern. Das war noch im sechsstelligen Bereich. Das war jetzt nicht so viel, die da gedruckt worden sind. Aber alleine für die Arztpraxen sind dann 20 Millionen Budget für diese Beratungsleistung, die natürlich honoriert werden müssen, eingeplant. Und da fragt man sich wirklich: Hätte man es nicht einfach einfacher machen können?

ES: Wie ist das denn gesamtgesellschaftlich? Wie stehen die Deutsche mittlerweile jetzt heute zur Organspende? Und zu den politischen Lösungen, die da im Raum stehen?

SK: Also was ich sagen kann: Bei der Befragung von "MDR fragt", da haben wir auch danach gefragt. Zur Zustimmung für eine Widerspruchslösung. Und 66 Prozent haben angegeben, sie wären für eine Widerspruchslösung. Da muss man ja auch einfach sagen, also offenbar sind zumindest die befragten Menschen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen da weiter als die Politik.

ES: Liebe Secilia, ich danke dir!

SK: Ich danke dir, Esther.

ES: Das war der Podcast "MDR Investigativ - Hinter der Recherche". Den Film von Secilia Kloppmann, den finden Sie in der ARD Mediathek und auf der Website des MDR. Außerdem finden Sie auf tagesschau.de einen ausführlichen Text zum Thema. Den verlinke ich Ihnen auch noch einmal in den Shownotes. Die neue Folge dieses Podcast, die erscheint dann in zwei Wochen. Und wenn sie die nicht verpassen wollen, dann können Sie uns gerne in der ARD-Audiothek abonnieren. Da finden Sie zum Beispiel auch den Podcast Tabubruch vom MDR. Und in der neuen Folge spricht Juliane Neubauer mit Claudia. Claudia weiß schon seit sie klein ist, dass sie Depressionen hat und mit Mitte 30 geht sie dann in die Psychiatrie. Heute kämpft sie dafür, dass die Krankheit sichtbarer wird. Falls Sie mit uns in Kontakt treten wollen, dann können sie das sehr gerne tun. Und zwar erreichen Sie uns per E-Mail unter investigativ@mdr.de. Machen Sie es gut und bleiben Sie gesund!

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Exakt | 15. März 2023 | 20:15 Uhr

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