Podcast | MDR AKTUELL "Die Fascho-Jägerin?!" – Der Podcast über Lina E.
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16. Oktober 2023, 14:26 Uhr
Junge Linksextremisten attackieren jahrelang im Verborgenen Neonazis. Unter den Angreifern: Lina E. – eine unscheinbar wirkende Studentin. 2020 wird sie festgenommen und steht später als Staatsfeindin vor Gericht. Für viele Linke ist sie dagegen eine Ikone. "Free Lina" ist auf zahlreichen Häuserwänden zu lesen, bundesweit gibt es Demos. Wie hat sich Lina E. radikalisiert? Haben wir es wirklich mit einer neuen Dimension linker Gewalt zu tun? Antworten sucht der Podcast "Die Fascho-Jägerin?!".
Die Festnahme von Lina E. macht im November 2020 bundesweit Schlagzeilen. In den Medien verbreitet sich ein Foto: Die junge Frau steigt aus einem Hubschrauber, die Hände gefesselt, flankiert von maskierten Polizisten. Die Ermittlungen übernimmt die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Ende Mai 2023 werden Lina E. und drei Mitangeklagte in Dresden wegen der Angriffe auf Neonazis als kriminelle Vereinigung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Aufwendige und monatelange Recherchen
Die Reporter Edgar Lopez, Anton Zirk und Marc Zimmer haben zu dem Fall monatelang recherchiert, Akten und Dokumente gewälzt und sich in die Geschichte eingegraben. Sie sind nach Kassel gefahren, wo Lina E. in gutbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen ist, und nach Chemnitz, wo Lina E. in der JVA saß.
Sie hatten Kontakt zu Freunden, Verwandten und früheren Wegbegleitern und sie fuhren nach Eisenach, wo ein entscheidender Überfall auf Neonazis passierte.
Natürlich waren sie auch in Leipzig-Connewitz unterwegs, wo Lina E. lebte und die Gruppe mutmaßlich ihre Taten plante. Das Rechercheteam hat dutzende Gespräche geführt, mit Mikrofon und ohne.
All das ist eingeflossen in den Podcast "Die Fascho-Jägerin?!". Darin schildern auch zwei Mitglieder der linksautonomen Szene ihre Sicht der Dinge.
Beide haben ähnlich wie Lina E. Neonazis angegriffen. Die Reporter stießen nach Aussage von Anton Zirk aber oft auch auf eine Mauer des Schweigens – bei den Behörden als auch im Umfeld von Lina E.: "Es gab auch viele Menschen, die gar nicht mit uns reden wollten. Bei der Recherche war deshalb oft Geduld und auch mal ein Umweg gefragt."
Es gab auch viele Menschen, die gar nicht mit uns reden wollten. Bei der Recherche war deshalb oft Geduld und auch mal ein Umweg gefragt.
Spektakulärer Kronzeugen-Auftritt
Besonders ausführlich verfolgten die Autoren den Prozess gegen Lina E. und die drei weiteren Angeklagten. Es war lange Zeit die einzige Möglichkeit, die Angeklagten zu erleben.
Edgar Lopez hat den Prozess an fast allen Tagen direkt vor Ort beobachtet. Als das Medieninteresse zwischenzeitlich deutlich nachließ, saß er manchmal als einziger Journalist im Zuschauerraum.
Er hat auch den spektakulären Auftritt eines Kronzeugen erlebt: "Dass jemand aus der linken Szene gegen die eigenen Leute umfassend aussagt, das kommt normalerweise nicht vor." Zu dem Mammut-Prozess äußert sich im Podcast auch einer der Verteidiger von Lina E..
Zu den Autoren
Marc Zimmer, 34, ist freier Journalist und lebt in Leipzig. Er produziert Filme, Podcasts und Audio-Reportagen für verschiedene Medien. Bis 2022 war er für das Nachrichtenradio MDR AKTUELL als Reporter und Nachrichtenredakteur im Einsatz.
Anton Zirk, 33, ist freier Journalist und wohnt in Leipzig. Er produziert Podcasts, Audio- und Videoreportagen u.a. für das MDR-YouTube-Format "exactly".
Edgar Lopez, 36, ist freier Journalist aus Leipzig. Er arbeitet seit zwei Jahren für die MDR-Recherche-Redaktion. Zu seinen thematischen Schwerpunkten gehören politischer Extremismus und Innere Sicherheit.
Der Fall Lina E. und die Folgen
Der Staat betrachtet Lina E. als gefährliche Gewalttäterin. In Teilen der linken Szene wird sie dagegen als Ikone verehrt. In vielen Städten werden Unterstützer-Demonstrationen organisiert, die teilweise in Gewalt umschlagen. Auf Häuserwänden ist "Free Lina" zu lesen. Die linke Szene fühlt sich zu Unrecht kriminalisiert und kritisiert das Verfahren und die Ermittlungsbehörden.
Unmittelbar nach dem Dresdner Urteil kam es in Leipzig und anderen Städten zu Ausschreitungen. Die Sicherheitsbehörden befürchten weitere Anschläge von untergetauchten Linksextremisten und eine Eskalation der Gewalt.
Die politische Debatte hat längst begonnen – über Connewitz, antifaschistische Gruppen und die staatliche Finanzierung von linken Projekten. "Der Fall Lina E. ist auch deshalb so spannend, weil er zum Sinnbild dieser aufgeheizten Diskussion geworden ist", stellt Marc Zimmer fest.
Der Fall Lina E. ist auch deshalb so spannend, weil er zum Sinnbild dieser aufgeheizten Diskussion geworden ist.
Das Storytelling und der besondere Sound
Erzählt wird die Geschichte der Lina E. und ihre Auswirkungen in sechs Folgen. Im Prolog werden die Hörer mit dem Fall vertraut gemacht und mit den Debatten, die es um antifaschistisches Engagement und Extremismus gibt. Dann geht es sehr detailliert um die Überfälle auf Neonazis, den Mythos des Stadtteils Connewitz, die Person Lina E. und sehr ausführlich um den Prozess am Oberlandesgericht Dresden. Der sechste und letzte Teil beschäftigt sich mit der politischen Dimension und der Debatte um Linksextremismus.
Host ist Marc Zimmer, der oft sehr persönlich mit Empfindungen und Erlebnissen durch die Stories führt. Viele Reportage-Elemente und originale Interview-Situationen zusammen mit seinem Partner Anton Zirk machen Situationen und Ereignisse nacherlebbar. Ihnen zur Seite steht Prozessbeobachter Edgar Lopez, immer wenn es um Inhalte des Verfahrens geht. Der Podcast nimmt die Hörer mit an Orte des Geschehens, arbeitet mit vielen exklusiven Originaltönen und Archiv-Schätzen. Gestützt wird die Erzählweise durch eine extra für den Podcast und seine Inhalte produzierte Originalmusik von Dirk Reichardt, jamXmusic.
Die ersten beiden Podcast-Episoden werden am 16. Oktober 2023 veröffentlicht. Vier weitere Folgen erscheinen dann im Wochenrhythmus immer montags. Alle Folgen können werbefrei in der App der ARD-Audiothek gehört werden, aber auch auf mdr.de, bei Spotify, Amazon, Apple Podcasts, Google Podcasts und auf YouTube. Das Podcast-Team freut sich über Anregungen, Hinweise und Kritiken. Dazu reicht eine E-Mail an folgende Adresse: fascho-jaegerin@mdraktuell.de.