mdrFRAGT - Das Meinungsbarometer für Mitteldeutschland Hartz-IV-Befragung: Menschen in Mitteldeutschland haben keine Angst vor sozialem Abstieg
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05. Februar 2020, 05:00 Uhr
Fördern oder Fordern - Was steht für Sie beim Thema Hartz IV im Mittelpunkt? Das wollte mdrFRAGT - das Meinungsbarometer für Mitteldeutschland von Ihnen wissen. Der Großteil der Befragten gab an, keine Angst vor Hartz IV zu haben.
In Mitteldeutschland haben Menschen 15 Jahre nach der Einführung von Hartz IV keine Angst vor dem sozialen Abstieg. Das ist das Ergebnis einer großen MDR-Befragung zu Meinungen und persönlichen Auswirkungen der Reform "Agenda 2010". Demnach haben mehr als drei Viertel der Befragten keine Sorgen, einmal selbst sogenannte Hartz-IV-Leistungen beziehen zu müssen. Wer heute Arbeit suche, der finde auch eine, dem stimmten mehr als 80 Prozent der Befragungs-Teilnehmer überwiegend zu.
Überwiegende Mehrheit für Prinzip "Fördern und Fordern"
Etwa jeder fünfte Teilnehmer der Befragung hat selbst schon einmal Hartz IV-Leistungen erhalten und sich dabei vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen gefühlt. Das sagte fast die Hälfte aller betroffenen Befragten, rund jeder Dritte fühlte sich stark eingeschränkt. Dennoch sprach sich mit 95 Prozent eine überwiegende Mehrheit für das dem Sozialgesetz zugrunde liegende Prinzip "Fördern und Fordern" aus. Wer Leistungen vom Staat bekomme, müsse dafür auch Gegenleistungen erbringen.
An der MDR-Befragung haben sich 12.204 Bewohner aus den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beteiligt. Die Befragung wurde mit dem neuen MDR-Meinungsbarometer "mdrFRAGT" in der Zeit vom 29. Januar bis 2. Februar durchgeführt. Bei der nicht repräsentativen Online-Befragung können sich seit Mitte Januar die Einwohner aus den drei Ländern anmelden und zu aktuellen Themen ihre Meinung äußern, um so zu einem breiten Stimmungsbild beizutragen. Bislang haben sich mehr als 15.000 Nutzerinnen und Nutzer angemeldet.
Die Ergebnisse im Detail
Ihre persönliche berufliche Situation bzw. die Gesamtsituation auf dem Arbeitsmarkt schätzen die mdrFRAGT-Teilnehmerinnen und Teilnehmer positiv ein. So hat die große Mehrheit der Befragten (76 Prozent) keine Sorge, einmal selbst Hartz IV zu beziehen. Zudem stimmen 81 Prozent der Befragten im Großen und Ganzen der Aussage zu "Wer heutzutage Arbeit sucht, findet auch eine".
20 Prozent der Befragten haben selbst schon einmal Hartz IV bezogen. Der überwiegende Teil davon (76 Prozent) fühlt bzw. fühlte sich während dieser Zeit "stark eingeschränkt" (31 Prozent) bzw. "vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen" (45 Prozent).
"Fördern und Fordern" als sinnvoll empfunden
Die überwiegende Mehrheit der mdrFRAGT-Teilnehmerinnen und Teilnehmer spricht sich für das Prinzip "Fördern und Fordern" aus. So stimmen 95 Prozent der Aussage zu "Wer Leistungen vom Staat bekommt, muss auch Gegenleistungen erbringen". Was Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger angeht, ist das Ergebnis nicht so eindeutig. 40 Prozent stimmen zu, dass Hartz-IV-Sanktionen abgeschafft werden sollten, 56 Prozent sind dagegen. Auch ist etwa die Hälfte der Befragten dafür, dass Hartz-IV-Sätze nicht gekürzt werden sollen, ebenso viele sprechen sich für eine Kürzung aus.
Arbeit im Niedriglohnsektor soll besser entlohnt werden
Die große Mehrheit der mdrFRAGT-Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist dafür, dass Arbeit im Niedriglohnsektor besser bezahlt wird und es bei den Einkünften einen deutlichen Unterschied zwischen arbeitenden Menschen und Hartz-IV-Empfängern gibt. Fast die Gesamtheit der Teilnehmenden (98 Prozent) spricht sich dafür aus, dass Menschen, die arbeiten mehr Geld zur Verfügung haben sollten als Hartz-IV-Empfänger. Ein ähnlich hoher Prozentsatz (89 Prozent) fordert, dass der Mindestlohn in Deutschland angehoben werden sollte. Zudem sind 84 Prozent der Befragten der Meinung, dass der Unterschied zwischen den Einkünften von Vollzeitbeschäftigten und Hartz-IV-Empfängern derzeit nicht groß genug ist.
Hartz-IV-Sätze für Kinder zu niedrig
Was die Höhe der Hartz-IV-Sätze für Erwachsene angeht, ist das Stimmungsbild der mdrFRAGT-Gemeinschaft relativ ausgeglichen. Fast ein Drittel der Befragten (30 Prozent) findet die Sätze zu niedrig, 24 Prozent empfinden sie als genau richtig und 23 Prozent für zu hoch. Der Regelsatz für eine allein stehende Person liegt derzeit bei 432 Euro. Anders sieht das jedoch bei den Hartz-IV-Sätzen für Kinder aus. Für knapp die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (45 Prozent) sind diese zu gering. 18 Prozent empfinden sie als genau richtig, 7 Prozent als zu hoch. Je nach Alter des Kindes liegen die Regelsätze zwischen 250 Euro bis 328 Euro pro Monat.
Über die Befragung
Vom 29. Januar bis zum 2. Februar 2020 wollten wir von den mdrFRAGT-Teilnehmerinnen und Teilnehmern wissen: "Fördern oder Fordern – Was steht für Sie beim Thema Hartz IV im Mittelpunkt?" 12.204 registrierte Mitglieder haben online abgestimmt - etwa 85 Prozent der mdrFRAGT-Gemeinschaft - die weiterhin wächst.
50 Prozent der Befragten kommen aus Sachsen, 27 Prozent aus Sachsen-Anhalt und 23 Prozent aus Thüringen. Das entspricht in etwa der Verteilung der Einwohner in den drei Bundesländern.
In der Altersgruppe von 16 bis 30 haben drei Prozent, von 30 bis 50 20 Prozent, 51 bis 65 42 Prozent und 65+ 35 Prozent ihre Meinung geäußert.
Insgesamt haben mehr Männer (61 Prozent) als Frauen (39 Prozent) an der Befragung teilgenommen.
Die Befragungen sind nicht repräsentativ, aber sie werden nach statistischen Merkmalen wie Geschlecht, Bildung und Beruf gewichtet. Die Gewichtung ist eine Methode aus der Wissenschaft, bei der es darum geht, die Befragungsergebnisse an die real existierenden Bedingungen anzupassen. Konkret heißt das, dass wir die Daten der Befragungsteilnehmer mit den statistischen Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgleichen.
Wenn also beispielsweise mehr Männer als Frauen abstimmen, werden die Antworten der Männer weniger stark, die Antworten der Frauen stärker gewichtet. Die Antworten verteilen sich dann am Ende so, wie es der tatsächlichen Verteilung von Männern und Frauen in der Bevölkerung Mitteldeutschlands entspricht.
Dabei unterstützt ein wissenschaftlicher Beirat das Team von "mdrFRAGT". Mit dem MDR Meinungsbarometer soll ein möglichst breites Stimmungsbild der Menschen in Mitteldeutschland eingefangen werden – mit möglichst vielen Teilnehmenden.
Dieses Thema im Programm: Exakt - Die Story | 05. Februar 2020 | 20:45 Uhr