MDRfragt Drei Viertel der MDRfragt-Teilnehmenden finden Kampfpanzer-Entscheidung falsch
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25. Januar 2023, 18:00 Uhr
Dass Deutschland Leopard-2-Panzer an die Ukraine liefern wird, finden rund drei Viertel der MDRfragt-Mitglieder, die sich an der Befragung beteiligt haben, falsch. Viele sorgen sich vor möglichen Folgen dieser Entscheidung, so das Stimmungsbild der aktuellen, nicht repräsentativen, aber gewichteten Befragung. Seit Montagabend haben sich mehr als 28.000 Menschen beteiligt. Tausende Kommentare haben uns erreicht und geben tiefen Einblick in die Gemütslage der Menschen hinter den Zahlen.
- Der Großteil derjenigen, die sich gegen die Leopard-2-Panzerlieferungen aussprechen, befürchtet, dass Deutschland damit zur Kriegspartei wird.
- Die Befürworter der Entscheidung sind dagegen der Ansicht, dass die Ukraine auch auf diese Weise unterstützt werden sollte.
- Generell sind viele MDRfragt-Mitglieder anlässlich dieser Nachricht besorgt.
Rund drei Viertel der MDRfragt-Mitglieder, die sich an der aktuellen Befragung beteiligt haben, finden die Entscheidung falsch, Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an die Ukraine zu liefern. Knapp ein Viertel findet die Entscheidung dagegen richtig.
Uns haben mit dieser Befragung sehr viele Wortmeldungen von MDRfragt-Mitgliedern erreicht, in denen sie die Gründe benennen, warum sie gegen die Kampfpanzerlieferungen sind:
Wir lassen uns immer mehr in diesen Krieg hineinziehen... Die Folgen könnten verheerend sein.
Deutsche Panzer schießen auf Russen. Das hat schon 2x richtig gut funktioniert. Nicht. Natürlich kann man als "Normalbürger" die dahinterliegenden geostrategischen/geopolitischen Vorgänge nicht objektiv einschätzen, aber es bleibt ein verdammt ungutes Bauchgefühl.
Wir machen Sanktionen, um nicht Waffen liefern zu müssen. Alles ist dadurch teurer geworden und viele Firmen haben Existenzängste. Wir frieren für den Frieden und liefern jetzt doch Panzer. Das kann nicht gut sein, gerade für Deutschland.
Panzer sind keine Lego-Bausteine! Es ist unerträglich, halb- oder stündlich Meldungen über Panzer zu hören. Grausam. Wo sind wir hingeraten. Es macht unendliche Angst.
Sorge, dass Deutschland Kriegspartei wird, ist Hauptgrund für Ablehnung der Kampfpanzerlieferungen
Wir haben diejenigen, die die Entscheidung zur Lieferung der Kampfpanzer falsch finden, gefragt, warum sie dieser Meinung sind. Die allermeisten von ihnen - 80 Prozent - befürchten, dass Deutschland damit zur Kriegspartei wird, obwohl aus völkerrechtlicher Sicht diese Gefahr nicht besteht, wie ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags zeigt.
Rund zwei Drittel denken außerdem, dass diese Entscheidung Putin weiter provozieren könnte. Weitere zwei Drittel sind generell gegen Waffenlieferungen ins Ausland.
Wer Waffen und Panzer liefert, ist Kriegspartei. Punkt.
Ich habe Angst, dass sich der Krieg ausweitet. Ich bin aber auch der Meinung, dass Putin einen Grund erfindet, wenn er weitere Länder angreifen will.
Waffen schaffen keinen Frieden.
Zwei Drittel befürchten Verlängerung des Krieges durch die Lieferungen
Eine Sorge von Vielen: Die Kampfpanzerlieferungen könnten dazu beitragen, dass der Krieg verlängert wird. Knapp zwei Drittel sind dieser Ansicht. Dass der Krieg dadurch schneller vorbei sein könnte, denken dagegen 13 Prozent der MDRfragt-Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Und: 16 Prozent vermuten, dass die Auslieferung der Leopard-2-Panzer überhaupt keine Auswirkungen auf den weiteren Kriegsverlauf haben wird.
Rund ein Drittel der Befragten würde sich wünschen, dass sich Deutschland komplett aus dem Krieg heraushält und die Ukraine nicht unterstützt.
Wir sollten uns raushalten, Beziehungen zu Russland sind wichtig.
Ich habe Angst, dass Deutschland in einen Krieg gerät. Warum können wir uns da nicht heraushalten?
Viele schreiben uns in ihren Kommentaren auch, dass sie sich eine Beendigung des Kriegs durch Verhandlungen wünschen würden:
Ich finde jegliche Waffenlieferung falsch. Man sollte sich an einen runden Tisch setzen und miteinander reden.
Um den Krieg mit einem Friedensvertrag und Nichtangriffsverpflichtungen nach der Charta der Europäischen Union zwischen Ukraine und Rußland zu beenden, gibt es keine sichtbaren diplomatischen Unterstützungen durch Deutschland im gemeinsamen Handeln der EU. Warum finden sich keine Staaten der UN oder EU wie bei den Verhandlungen mit dem Iran oder Nahen Osten?
Wie realistisch Aussichten auf Verhandlungen sind, können Sie hier bei der Tagesschau lesen.
Unterstützung der Ukraine ist Hauptgrund für Befürworter der Entscheidung
Knapp ein Viertel der MDRfragt-Mitglieder, die sich an dieser Befragung beteiligt haben, befürworten die Entscheidung, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Für die deutliche Mehrheit von ihnen - 85 Prozent - ist es wichtig, dass die Ukraine durch Deutschland unterstützt wird. Zudem ist die Mehrheit von ihnen der Meinung, dass die Lieferungen notwendig sind, um die Demokratie zu verteidigen und um einen Sieg gegen Russland herbeizuführen.
In ihren Kommentaren haben uns viele MDRfragt-Mitglieder geschrieben, weshalb sie die Entscheidung begrüßen:
Ich sehe leider keine Alternative dazu. Außer man lässt Putin einfach machen. Und das wäre die schlechteste Variante.
Die Ukraine muss unterstützt werden, um Europa zu schützen.
Das Dilemma ist doch, dass Russland unter Putin sich diesen Konfikt nur erlaubt, weil es nicht mit entschiedener Gegenwehr gerechnet hat. Eine Eskalation kann sich Russland nicht erlauben, weil es dadurch viel mehr zu verlieren hätte. Ein Verzweiflungsakt eines einzelnen Irren scheint zwar möglich, sehe ich aber als sehr unwahrscheinlich an.
Alles, was verdammt nochmal nötig ist, sollte getan werden, um der Ukraine zu helfen. Ich glaube, vielen, die das ablehnen, sind die Konsequenzen gar nicht bewusst, wenn die Ukraine diesen Krieg verlieren sollte.
Die meisten Befürworter finden übrigens auch, dass die Entscheidung für die Lieferungen zu spät kam.
Sorge, Angst und Wut sind die vorherrschenden Gefühle der MDRfragt-Mitglieder
Dennoch: Insgesamt sind die vorherrschenden Gefühle der MDRfragt-Mitglieder hinsichtlich der Kampfpanzerlieferungen Sorge, Angst und Wut. Nur wenige sehen darin eher einen Hoffnungsschimmer bzw. haben Zuversicht.
Die Kommentare der MDRfragt-Mitglieder zeigen auch: Viele hinterlässt die Nachricht zwiegespalten.
Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits hat die Ukraine alles Recht der Welt, sich zu verteidigen und ihr Land zurück zu erobern. Andererseits wird dieser Krieg immer weiter verlängert und so viele Menschen sterben. Das ist so schrecklich!!!
Obwohl wir die Ukraine unterstützen müssen, bin ich äußerst besorgt.
Ich weiß nicht, was richtig oder falsch ist. Auf der einen Seite sollten wir Putin nicht weiter reizen, denn er könnte irgendwann komplett durchdrehen. Auf der anderen Seite sollten wir der Ukraine Unterstützung gewähren, damit Russland keinen Boden gewinnt.
In der Diskussion beschäftigt viele auch das Zögern von Bundeskanzler Olaf Scholz im Vorfeld der Entscheidung und die Rolle der USA:
Diese Entscheidung ist keine eigene Entscheidung der Bundesregierung, sondern ein Einknicken vor dem internationalen Druck der anderen Staaten.
Aus meiner Sicht hat Bundeskanzler Scholz gezeigt, dass er keine Durchsetzungskraft besitzt. Er hätte dabei bleiben sollen, dass es keine Kampfpanzer für die Ukraine aus Deutschland gibt.
Ich finde richtig, dass Bundeskanzler Scholz mit seiner Entscheidung gewartet hat, bis auch die USA Panzer schicken, was sie ja schon längst hätten tun können. Es ist eine Gratwanderung.
Über diese Befragung
Die Kurzbefragung "Leopard-Panzerlieferung an die Ukraine: richtig oder falsch?" lief vom 24.01.2023, 22.30 Uhr bis zum 25.01.2023, 18 Uhr.
Insgesamt sind bei MDRfragt
64.497 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 25.01.2023, 18.00 Uhr).
28.198 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.
Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 376 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 4.083 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 11.150 Teilnehmende
65+: 12.589 Teilnehmende
Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 14.620 (52 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 6.757 (24 Prozent)
Thüringen: 6.821 (24 Prozent)
Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 11.542 (41 Prozent)
Männlich: 16.587 (59 Prozent)
Divers: 69 (0,02 Prozent)
Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.
Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 25. Januar 2023 | 21:45 Uhr