Passanten mit Einkaufstüten.
Beim Modekauf geht für die MDRfragt-Mitglieder Preis und Qualität vor Nachhaltigkeit. Bildrechte: IMAGO / Nikito

MDRfragt Nachhaltige Mode: Mehrheit für strengere Regeln für Hersteller

16. Mai 2023, 17:41 Uhr

Bekleidung und Schuhe werden in Massen unter oft schwierigen Arbeitsbedingungen zu niedrigen Löhnen produziert, Modeketten locken mit billigen Kleidungsstücken, die oft nicht lange halten. Recycelt wird kaum: Beim Meinungsbarometer MDRfragt ist die Mehrheit der rund 20.000 Menschen für Beschränkungen und höhere Auflagen, damit Mode nachhaltiger wird. Viele achten bei der Wahl ihrer eigenen Garderobe aber auf andere Dinge. Das zeigt die aktuelle, nicht repräsentative, aber gewichtete Befragung.

Vor zehn Jahren stürzte in Bangladesch die Textilfabrik Rana Plaza ein. Bei dem Unglück starben rund 1.100 Menschen, mehr als doppelt so viele wurden verletzt. Als Reaktion darauf verpflichteten sich zahlreiche Modehersteller und Handelskonzerne am 16. Mai 2013 darauf, für mehr Brand- und Gebäudeschutz bei der Modeproduktion in Bangladesch zu achten. Zum zehnten Jahrestag dieses Abkommens wollten wir von der MDRfragt-Gemeinschaft wissen: Sollte es mehr politische Vorgaben in der Textilbranche geben? Und was zählt für sie beim Kleidungskauf?

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Mehr Regulierung vor allem beim Chemikalieneinsatz gewünscht

Viele MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer sprechen sich für eine stärkere Regulierung der Modeproduktion durch die Politik aus. Vor allem was den Einsatz von Chemikalien betrifft, wünscht sich die große Mehrheit, dass Deutschland und die EU höhere Auflagen und Mindeststandards festlegen sollten. Aber auch bessere Arbeitsbedingungen und Sozialstandards finden mehrheitlich große Zustimmung. Vier von zehn befürworten zudem mehr Regulierung beim Thema Wasserverbrauch, rund jeder Dritte auch in Sachen Energieverbrauch. Lediglich zehn Prozent sprechen sich generell gegen höhere Standards aus.

Höhere Auflagen Kleiderproduktion
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Die Reparatur würde sich wieder lohnen

Die MDRfragt-Mitglieder haben uns mitgeteilt, warum sie höhere Auflagen sinnvoll finden. Für Horst-Udo würden die Kleidungsstücke dann teurer und es würde weniger weggeworfen. Der 52-Jährige aus Dresden ist der Ansicht: Dann würde sich die Reparatur auch wieder lohnen. Monika, 70 Jahre und aus Leipzig, wünscht sich zwar eigentlich mehr Produktion in Europa. Aber wenn in Asien oder Afrika produziert wird, sollten in ihren Augen alle Produktions-, Umwelt-, und Arbeitsbedingungen stärker geprüft werden. Sie findet:

Es kann nicht sein, dass diejenigen, die diese Ware produzieren, davon nicht würdevoll leben können.

Monika, 70 Jahre, Leipzig

Nein zu mehr Bürokratie

Bärbel aus dem Erzgebirgskreis, Jahrgang 1960, gibt aber auch zu bedenken: "Ich habe auf einer Indienreise mit dem Reiseleiter über Billigproduktion gesprochen und dabei erfahren, was uns schlecht erscheint, ist für die Menschen dort hilfreich. Sie haben bezahlte Arbeit, müssen nicht für Arbeit durch das ganze Land ziehen. Wenn in der Familie zwei oder drei Personen in einer solchen Fabrik arbeiten, können sie sich eine Wohnung, Essen und etwas Luxus leisten." Der 53-jährige Frank lehnt höhere Auflagen ab: "Was will/soll denn die EU noch alles regeln. Brauchen wir wirklich noch mehr Bürokratie? Vielleicht regelt es doch der Markt?", meint der Mann aus dem Burgendlandkreis.

Fast Fashion-Trend sollte eingeschränkt werden

Was gerade angesagt ist, legt die Modebranche in Trends fest, die zum Teil immer kurzlebiger sind. Wenn die Kollektionen nicht nur in kurzer Folge wechseln, sondern die einzelnen Kleidungsstücke auch noch zu günstigen oder günstigsten Preise – dafür aber auch mit mäßiger Qualität – angeboten werden, spricht man von Fast Fashion. Dieser Strategie verschiedener großer Modeketten sollte aus Sicht der befragten MDRfragt-Mitglieder Einhalt geboten werden: Mehrheitlich befürworten sie eine Einschränkung der Fast Fashion-Praktiken, für ein komplettes Verbot spricht sich hingegen nur knapp die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus.

Fast Fashion einschränken
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"Fast Fashion ist schlichtweg nicht nötig"

Die Befragten haben uns geschrieben, warum sie Fast Fashion ablehnen. Mario aus Magdeburg, Jahrgang 1984, kritisiert gleich mehrere Aspekte: "An dem Phänomen Fast Fashion hängt so viel dran, schlechte Produktionsbedingungen, Ausbeutung der Arbeitnehmer, lange Lieferketten, Umweltverschmutzung bei der Herstellung und durch das schnelle Aussortieren. An diesem Kreislauf muss schnell etwas geändert werden."

Die 38-jährige Karin aus Mittelsachsen hält Fast Fashion schlichtweg nicht für nötig. Sie zahlt lieber ein paar Euro mehr für bessere Qualität und Tragekomfort und meint, so länger etwas davon zu haben.

Ich brauche nicht jede Woche, jeden Monat neue Klamotten. Ich kann mich auch öfter im gleichen Pulli oder der gleichen Hose zeigen.

Karin, 38 Jahre, Mittelsachsen

Es fällt schwer, auf ein Schnäppchen zu verzichten

Andere Befragte sehen sowohl Nach-, als auch Vorteile bei Fast Fashion. In den Augen von Elvira aus dem Ilm-Kreis gibt es zwar mehr Billigmode als gebraucht wird. Die 69-Jährige ist aber auch der Meinung, dass sich viele Menschen nur günstige Kleidung leisten können. "Manche Menschen leben nur von der Hand in den Mund." Und Franziska aus Meißen sind die Schäden für die Umwelt, die durch Fast Fashion entstehen, zwar bewusst. Dennoch vergisst die 42-Jährige das in dem Moment, indem sie ein hübsches Schnäppchen sieht.

Mode als Ausdruck der Persönlichkeit

Und bei einigen MDRfragt-Mitgliedern überwiegen die Vorteile von Fast Fashion, wie bei Anja aus Sömmerda: "Kleidung ist immer auch Ausdruck der Persönlichkeit. Ich möchte mir nicht verbieten lassen, wann immer ich es möchte und mir leisten kann, neue Kleidung zu kaufen. Wenn eine Kollektion nun nicht mehr ein paar Monate, sondern Jahre bestehen bleibt, ist das ziemlich blöd, wenn es nicht dem eigenen Geschmack entspricht."

Recyclingquote ja, Verzicht auf Tragekomfort nein

Laut Europäischem Parlament werden weltweit weniger als ein Prozent der Kleidung recycelt oder wiederverwendet. Dabei ist die Zustimmung unter den Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmern zu einer verpflichtenden Recyclingquote groß: Vier von fünf halten sie für sinnvoll. Dennoch möchte die Mehrheit nicht aus Recycling-Gründen beim Komfort Abstriche machen. So haben 57 Prozent angegeben, dass sie nicht bereit dazu wären, auf einen gewissen Tragekomfort zu verzichten, wenn dafür im Gegenzug Ihre Kleidung leichter zu recyceln wären.

Kleidung wird vor allem neu gekauft

Wir haben die MDRfragt-Gemeinschaft nicht nur gefragt, welche politischen Maßnahmen und Regulierungen aus ihrer Sicht wünschenswert wären, sondern auch, wie sie persönlich mit ihrer Garderobe umgehen. Dabei fällt auf: Neuware toppt alles. Fast alle Befragten setzen beim Thema Klamotten auf den Kauf neuer Kleidung. Nur rund ein Fünftel besorgt sich gebrauchte Kleidung. Zwölf Prozent tauschen Kleidungsstücke im Freundes- und Familienkreis oder über gewerbliche Angebote.

Art Kleidungsbeschaffung
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Preis sowie Qualität und Verarbeitung sind entscheidend für Kauf

Doch unabhängig davon, ob Kleidungsstücke neu oder als Second-Hand-Version getragen werden – was zählt denn nun beim Kleidungskauf? Dabei haben die MDRfragt-Teilnehmenden am häufigsten den Preis genannt, kurz danach folgen Qualität und Verarbeitung der Kleidung. Am unteren Ende der Liste rangieren die Herstellungsbedingungen, der Herstellungsort – sowie die Nachhaltigkeit.

Kriterien Kleidungskauf
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Über diese Befragung Die Befragung vom 12.05. - 15.05.2023 stand unter der Überschrift:

Schick um welchen Preis – Was zählt beim Kleidungskauf?

Insgesamt sind bei MDRfragt 65.181 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 15.05.2023, 9.30 Uhr).

19.914 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 200 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 2.658 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 8.336 Teilnehmende
65+: 8.720 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 10.311 (52 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 4.829 (24 Prozent)
Thüringen: 4.774 (24 Prozent)

Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 9.937 (50 Prozent)
Männlich: 9.925 (50Prozent)
Divers: 52 (0,2 Prozent)

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.

Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.

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Dieses Thema im Programm: Das Erste | Tagesschau24 | 16. Mai 2023 | 11:30 Uhr