MDRfragt Corona: Mehrheit hat rückblickend Verständnis für Vorgehen der Politik
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01. April 2023, 05:00 Uhr
Vor rund drei Jahren, am 27. Januar 2020, wurde der erste Corona-Fall in Deutschland bekannt. Seitdem hat die Politik eine Vielzahl von Maßnahmen beschlossen, um die Pandemie einzudämmen. Heute sind sie fast alle aufgehoben. Die Mehrheit der MDRfragt-Teilnehmenden zeigt rückblickend Verständnis für das Vorgehen der Politik. Das zeigt die nicht repräsentative, aber gewichtete und wissenschaftlich begleitete Befragung mit mehr als 27.000 Teilnehmenden aus Mitteldeutschland.
- Obwohl die MDRfragt-Gemeinschaft mehrheitlich Verständnis für das Vorgehen der Politik während der Corona-Pandemie aufbringt, ist das Vertrauen in die Politik bei der Hälfte durch die Corona-Maßnahmen gesunken.
- Zudem empfindet jeder Zweite die Maßnahmen in ihrer Gesamtheit im Nachhinein als übertrieben.
- Für rund ein Drittel ist das Leben heute noch nicht wieder so wie vor Corona.
In Anbetracht der Tatsache, dass man mit der Zeit erst mehr über das Virus und die Behandlung der Erkrankung lernen musste, zeigen 58 Prozent der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer Verständnis für das Vorgehen der Politik. 40 Prozent haben dagegen kein Verständnis.
Vertrauen in die Politik hat bei jedem Zweiten abgenommen
Dennoch haben die Corona-Maßnahmen der Bundes- und Landesregierungen dafür gesorgt, dass bei rund der Hälfte der Befragten das Vertrauen in die Politik gesunken ist. Vier von zehn haben angegeben, dass ihr Vertrauen in etwa das gleiche ist wie zuvor. Gestiegen ist das Vertrauen dagegen bei kaum jemandem.
Die Hälfte findet Maßnahmen zurückschauend übertrieben
So ist auch rund die Hälfte der MDRfragt-Mitglieder, die sich an der Befragung beteiligt haben, der Ansicht, dass die Gesamtheit der Maßnahmen aus heutiger Sicht übertrieben waren. Etwas mehr als ein Drittel ist aber auch der Meinung, dass sie alles in allem genau richtig waren. Für sechs Prozent waren die Maßnahmen nicht ausreichend.
Ihre Kritik an den Maßnahmen haben uns die MDRfragt-Teilnehmenden in den Kommentaren geschildert:
Spielplatzschließungen im Freien, Besuchsverbote für Verwandtschaft in Altenheimen usw., es gab so viele unlogische, überzogene Maßnahmen.
Durch vorschnelle und übertriebene Maßnahmen wurden Existenzen zerstört und zum Beispiel das Bild von Innenstädten durch das Corona bedingte Aufgeben kleinerer Ladengeschäfte nachhaltig zerstört.
Man hätte den Bürgern mehr Vertrauen entgegenbringen sollen. Ich jedenfalls fühlte mich während dieser Zeit entmündigt.
Auch wenn ich die Maßnahmen grundsätzlich richtig fand, möchte ich einen Bereich kritisieren: Die besonderen Härten für Kinder und Jugendliche waren teilweise unangemessen. Da wurden letztendlich die am meisten eingeschränkt, die sich am wenigsten wehren können bzw. die schwächste Lobby haben.
In den Kommentaren begründen die MDRfragt-Mitglieder auch, warum sie die Maßnahmen insgesamt befürworten:
Viele haben wohl schon vergessen, wie gefährlich die ersten Varianten gewesen waren. Es gab viele Tote und schwere Erkrankungen. Es war eine Wette ums Leben.
Niemand wusste damals, was auf uns zukommt. Die Wissenschaft musste erst forschen und hat im Rekordtempo valide Erkenntnisse und wirksame Impfstoffe gegen schwere Verläufe geliefert.
Die Maßnahmen waren vorsorglich und somit richtig! Im Nachhinein kann man immer 'Klugscheißen'. Wenn vielleicht jetzt manches übertrieben erscheint, aus 'Fehlern' kann man lernen.
Drei Viertel finden aktuellen Stand der Corona-Maßnahmen richtig
Aktuell bestehen kaum noch Corona-Maßnahmen: Zwar muss beim Besuch in medizinischen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Arztpraxen noch eine Maske getragen werden. Beim Einkaufen oder im Nah- und Fernverkehr besteht jedoch beispielsweise keine Maskenpflicht mehr. Auch die Isolationspflicht und die Testpflichten wurden flächendeckend aufgehoben. Am 7. April sollen alle Maßnahmen auslaufen.
Die große Mehrheit der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer – 76 Prozent – findet die derzeitige Situation bezüglich der Corona-Maßnahmen richtig. Ein Fünftel ist jedoch anderer Meinung.
Wie sie über den aktuellen Umgang mit Corona denken, haben uns die Befragungsteilnehmenden in den Kommentaren geschrieben:
Die Maskenpflicht in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Arztpraxen muss sofort abgeschafft werden.
Alle Maßnahmen können aus meiner Sicht ersatzlos entfallen. Wer Angst hat, soll sich schützen, das steht jedem frei. Es sollte aber niemand mehr dazu genötigt werden.
Corona sollte als normale Erkrankung betrachtet werden und keine extra Maßnahmen erfordern.
Wer an Corona erkrankt ist, sollte weiterhin isoliert bleiben.
An einigen Stellen wird gleich zu viel gespart, zum Beispiel im Fitnessstudio wurde fast jegliche Desinfektion eingespart, obwohl zu viele Menschen alles anfassen.
Ich denke, in bestimmten Bereichen sollte die Maskenpflicht bleiben, da genug Menschen geschützt werden müssen.
Für ein Drittel ist das Leben noch nicht wieder so wie vor Corona
Für den Großteil der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer hat sich das Leben heute wieder normalisiert. Knapp zwei Drittel haben angegeben, dass sich ihr Leben in etwa so wie vor Corona anfühlt. Mehr als ein Drittel sieht das aber anders: Für sie ist das alltägliche Leben immer noch anders als zuvor.
Die Hälfte hat durch die Pandemie ihr Verhalten geändert
Händewaschen, Abstand halten, weniger Großveranstaltungen – Corona hat auf vielerlei Weise unser Leben verändert. Die Hälfte der Befragten verhält sich heute noch anders als vor der Pandemie. Bei ebenso vielen hat die Pandemie jedoch nicht langfristig für Verhaltensänderungen gesorgt.
Deutliche Mehrheit hat aktuell kaum Sorge vor Ansteckung
Die Sorge, sich aktuell mit dem Coronavirus anzustecken, ist bei der deutlichen Mehrheit der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer aktuell klein oder nicht vorhanden. Lediglich zwölf Prozent haben diesbezüglich aktuell große oder sehr große Sorgen.
Warum sie sich geringe oder große Sorgen wegen Corona machen, teilen die MDRfragt-Mitglieder in den Kommentaren mit:
Also für mich ist Corona vorbei. Es wird immer mal wieder Fälle geben, aber die gibt es bei der Influenza auch. Man muss halt damit leben. Jeder kann sich doch selber schützen, wie er es für richtig hält.
Irgendwie haben wir wieder ganz andere Sorgen. Corona hat da keinen Platz mehr.
Wir sollten nicht zu unvorsichtig werden, es ist noch nicht vorbei. Impfen ist nach wie vor wichtig.
Nach wie vor erkranken viele Menschen und zum Teil schwer, es gibt keine Empfehlung zum Auffrischen der Impfung, das ist alles in allem etwas zu unvorsichtig.
Über diese Befragung
Die Befragung vom 21.-24.03.2023 stand unter der Überschrift:
Ausbau der Erneuerbaren und Aus für Ölheizungen: Setzen wir beim Energiemix der Zukunft auf die richtigen Karten? Darin haben wir auch Fragen zum Thema Corona gestellt.
Insgesamt sind bei MDRfragt 65.416 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 24.03.2023, 1 Uhr).
27.544 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.
Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 272 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 3.598 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 11.368 Teilnehmende
65+: 12.306 Teilnehmende
Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 14.155 (51 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 6.752 (25 Prozent)
Thüringen: 6.637 (24 Prozent)
Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 11.056 (40 Prozent)
Männlich: 16.413 (60 Prozent)
Divers: 75 (0,2 Prozent)
Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.
Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Fakt ist! | 27. März 2023 | 22:10 Uhr