MDRfragt Zwei Drittel fordern Verbot von Altersdiskriminierung im Grundgesetz
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13. Februar 2023, 05:00 Uhr
Im Grundgesetz ist festgelegt, dass niemand aufgrund bestimmter Kriterien – etwa wegen Religion, Hautfarbe oder Geschlecht – bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Wenn es nach den MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern geht, sollte dazu auch das Lebensalter zählen. Das hat die aktuelle, nicht repräsentative, aber gewichtete Befragung ergeben, bei der 25.000 Menschen aus Mitteldeutschland ihre Meinung geäußert haben.
Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes Ferda Ataman fordert, die Benachteiligung aufgrund des Alters stärker zu bekämpfen und als politisches Zeichen den Grundgesetz-Artikel 3 zu ändern. Dort ist festgelegt, dass niemand aufgrund bestimmter Kriterien bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Das Lebensalter zählt bislang jedoch nicht ausdrücklich dazu. Knapp zwei Drittel der MDRfragt-Mitglieder, die sich an der Befragung beteiligt haben, würden es sich wünschen, dass die Ungleichbehandlung aufgrund des Alters im Grundgesetz verboten wird. Ein Viertel lehnt diese Idee hingegen ab.
Was für sie gegen die Grundgesetzänderung spricht, haben uns einige MDRfragt-Mitglieder in ihren Kommentaren begründet:
Ein gutes Miteinander der Generationen in der Gesellschaft hängt nicht davon ab, was im Grundgesetz steht, sondern in erster Linie von der Anerziehung bestimmter Werte, wie z.B. Achtung, Respekt, Akzeptanz, Empathie usw.
Eine Änderung in der Verfassung ändert nicht das Leben in dieser Gesellschaft.
Ich finde eine Reduzierung wesentlich besser: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Niemand darf (aus welchem Grund auch immer!) bevorzugt oder benachteiligt werden.“
Mehrheit wurde aufgrund des Alters bereits herablassend behandelt
Der Großteil der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer hat persönlich bereits Erfahrungen mit Altersdiskriminierung gemacht.
- So gaben knapp zwei Drittel an, in den vergangenen zwei Jahren aufgrund ihres Alters überschätzt oder zu sehr belastet worden zu sein.
- Sechs von zehn wurden nach eigenen Angaben zudem aus Altersgründen ignoriert oder nicht ernst genommen.
- Auch hat rund die Hälfte angegeben, wegen ihres Alters herablassend behandelt worden zu sein.
Benachteiligung vor allem beim Arzt und im Beruf
Altersdiskriminierung war bei den MDRfragt-Teilnehmenden, die bereits negative Erfahrungen gemacht haben, vor allem in der medizinischen Versorgung (28 Prozent) und bei der Arbeit (27 Prozent) ein Thema. Etwas mehr als ein Fünftel hat im Alltag, beispielsweise bei Einkäufen, Veranstaltungen oder persönlichen Beziehungen, Altersdiskriminierung erfahren. 17 Prozent gaben zudem an, dass sie bei Geldangelegenheiten, beispielsweise bei der Kreditvergabe oder bei Vertragsabschlüssen benachteiligt worden sind.
In den Kommentaren berichten die MDRfragt-Teilnehmerinnen und -teilnehmer über ihre Erfahrungen mit Altersdiskriminierung:
Ärzte untersuchen einen gar nicht richtig, weil man nicht alt genug ist und deswegen ja nichts haben kann, vor allem keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Es hält sich immer noch die Überzeugung, dass man bis 60 maximal erkältet sein kann.
Wenn die körperliche Belastbarkeit nachlässt, wird man schnell aufs Abstellgleis geschoben und man hat den Eindruck, dass man einen los werden will.
Ich bin Sozialpädagogin in einem psychiatrischen Krankenhaus. Von deutlich älteren Patienten wird meine "Lebenserfahrung" in Frage gestellt.
Wenn man zum Arzt geht mit Beschwerden und Schmerzen und dann gesagt wird: "Das ist das Alter!", ohne der Ursache nachzugehen...
Altersdiskriminierung wird eher als Problem für die Älteren gesehen
Während rund jeder zweite Befragungsteilnehmende davon ausgeht, dass Altersdiskriminierung ein großes Problem für die ältere Generation ist, finden das nur 29 Prozent für die jüngere Generation.
Hierbei zeigt sich auch eine deutliche Abweichung des Antwortverhaltens je nach Altersgruppe:
- So ist die Hälfte der 16- bis 29-Jährigen der Ansicht, dass junge Menschen in Deutschland stark von Altersdiskriminierung betroffen sind.
- Bei den 30- bis 49-Jährigen denkt hingegen weniger als ein Drittel, dass dies der Fall ist.
- Sowohl bei den 50- bis 64-Jährigen als auch bei den Über-65-Jährigen gehen nur noch 23 Prozent davon aus, dass die jüngere Generation aufgrund ihres Alters stark von Diskriminierung betroffen ist.
Ältere Menschen haben mehr politischen Einfluss – das denkt knapp die Hälfte
45 Prozent der Befragungsteilnehmenden sind der Ansicht, dass ältere Menschen in Deutschland mehr politischen Einfluss haben als jüngere. Für rund ein Drittel haben beide gleich großen Einfluss. Lediglich 16 Prozent sprechen den jüngeren Menschen den größeren politischen Einfluss zu.
Ihre Meinung dazu äußern die MDRfragt-Teilnehmenden in den Kommentaren:
Um unsere Gesellschaft weiter entwickeln zu können, sollte die jüngere Generation mehr politischen Einfluss haben.
Ich würde mir wünschen, dass bei der Digitalisierung mehr Rücksicht auf die Interessen und Wünsche der älteren Generation genommen werden würde. Beim Klimaschutz würde ich mir eine stärkere Berücksichtigung der jüngeren Generation wünschen.
Mehrheit schätzt Verhältnis zwischen Jung und Alt in der Gesellschaft als schlecht ein
Etwas mehr als die Hälfte der Befragungsteilnehmerinnen und - teilnehmer ist der Meinung, dass es schlecht um das gesellschaftliche Verhältnis zwischen der jüngeren und der älteren Generation steht. Ein gutes Drittel schätzt es dagegen als gut ein.
Anders sieht es bei der Beziehung zwischen Jung und Alt im privaten Umfeld aus: Hier gibt die große Mehrheit (89 Prozent) an, dass Jung und Alt gut miteinander auskommen. Lediglich neun Prozent erachten das Verhältnis zwischen den Generationen in der Familie, im Freundeskreis oder auf Arbeit als schlecht.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Fakt ist! | 13. Februar 2023 | 22:10 Uhr