Ein Mann hält eine Kanne mit dem Eurozeichen in der Hand und gießt Zeitungspflanzen. Im Hintergrund ist die europäische Flagge.
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Österreich, Frankreich, Schweden Wo Zeitungen Geld vom Staat bekommen

01. September 2020, 13:27 Uhr

Auch wenn sie finanziell unter Druck stehen, lehnen die Zeitungsverlage in Deutschland eine direkte Unterstützung mit öffentlichem Geld mehrheitlich ab. Denn mit einer Förderung der journalistischen und redaktionellen Arbeit stehe die Unabhängigkeit auf dem Spiel, argumentiert der Verlegerverband BDZV und spricht sich deswegen „grundsätzlich gegen eine allgemeine Verlagsförderung aus“. In anderen Ländern ist direkte Presseförderung dagegen ganz normal. Drei Beispiele im Überblick.

Österreich

2004 wurde in Österreich ein neues Presseförderungsgesetz eingeführt. Es umfasst eine Vertriebsförderung für Tages- und Wochenzeitungen, bei der die Zustellung an die Abonnentinnen und Abonnenten bezuschusst wird. Weitere Mittel stehen für die Förderung der regionalen Vielfalt bei den Tageszeitungen bereit. Dazu kommt  eine Reihe von Maßnahmen unter der Überschrift „Qualitätsförderung und Zukunftssicherung der Presse“. Verlage von Tages- und Wochenzeitungen können hier beispielsweise Zuschüsse für die Ausbildung von Nachwuchsjournalisten erhalten. Auch die Kosten für bei den Zeitungen angestellte Auslandskorrespondentinnen und -korrespondenten können anteilig übernommen werden.

Für die Vertriebsförderung gingen 2019 rund zwei Millionen Euro an regionale und nationale Tageszeitungen. 2020 wurde dieser Betrag wegen der Corona-Pandemie auf rund 5,25 Millionen Euro erhöht, außerdem sollen wegen der Corona-Krise weitere zehn Millionen Euro als „Sonderförderung“ an die Tagespresse fließen. Zur Vielfaltsicherung bzw. für „Qualitätsförderung und Zukunftssicherung“ sind 2020 wie schon im Vorjahr jeweils gut 3,2 Millionen Euro bzw. 1,6 Millionen Euro vorgesehen. Insgesamt lässt sich Österreich die gesamte Presseförderung in diesem Jahr knapp 25 Millionen Euro kosten (2019: 8,89 Mio. Euro). Darin enthalten sind auch Fördersummen für Wochenzeitungen, den österreichischen Presserat, Journalistische Clubs und andere Einrichtungen.

Zuständig für die Vergabe der Gelder auch an die Presse ist die österreichische Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (rtr), eine Unterabteilung der Medienregulierungsbehörde KommAustria. Die österreichische Presseförderung wird seit ihrem Aufbau in den 1970er Jahren vom Vorwurf begleitet, hier würde von der jeweils amtierenden Regierung „Hofberichterstattung“ belohnt. Dieser Vorwurf wurde auch jetzt wieder laut. Denn nach Medienberichten erhielten treu zur Regierung stehende Boulevardblätter wie die Kronen-Zeitung oder die erst 2006 gegründete Gratiszeitung Österreich mit 2,7 Millionen Euro bzw. gut 1,8 Millionen Euro deutlich üppigere Zuwendungen aus dem Corona-Sondertopf als Qualitätszeitungen wie der Standard oder die Salzburger Nachrichten, die sich mit jeweils 500.000 Euro begnügen mussten.

Frankreich

Die Presseförderung in Frankreich begann schon im 19. Jahrhundert. Heute gibt es viele Regelungen, die den Verlagen helfen, Steuern und Sozialabgaben zu sparen. So gilt für Zeitungen ein stark ermäßigter Mehrwertsteuersatz (2,1 statt sonst 20 Prozent). Außerdem können die Verlage bei den Gehalts- und Honorarzahlungen für ihre Journalistinnen und Journalisten pauschal 30 Prozent Werbungskosten geltend machen. Das heißt, nur für 70 Prozent der Verdienste werden Steuern und Abgaben fällig. Der Arbeitgeberanteil bei Sozialleistungen für journalistisches Personal ist zudem um 20 Prozent vermindert.

Nach einer Studie des Bundesministeriums fürArbeit und Soziales (BMAS) vom Dezember 2019 macht das eine indirekte Subvention von aktuell rund 135 Millionen Euro pro Jahr aus. Dazu kommen jährlich nochmal gut 110 Millionen Euro direkte Presseförderung. Diese soll unter anderem die mediale Vielfalt auf nationaler wie regionaler Ebene absichern. Bedingung für die Aufnahme in das Förderprogramm ist, das in den geförderten Zeitungen überwiegend politische und gesellschaftlich relevante Berichterstattung stattfindet. Außerdem dürfen die geförderten Blätter nur einen geringen Anteil ihrer Einnahmen mit Anzeigen und Werbung machen. Bei überregionalen Blättern sind maximal 25 Prozent, bei regionalen Titeln sogar nur fünf Prozent zulässig. Zuständig für das Programm ist die Generaldirektion für Medien (DGMIC, Direction générale des médias et des industries culturelles) im französischen Kulturministerium.

Ebenfalls in diesen 110 Millionen Euro enthalten sind Zuschüsse für die Vertriebsförderung pro zugestelltem Exemplar sowie Gelder für die Modernisierung von Technik oder Druckereien. Konkret wurden 2017 beispielsweise die bekannten französischen Zeitungen Libération mit 5,9 Millionen Euro, Le Figaro mit 5,7 Millionen Euro und Le Monde mit 5,1 Millionen Euro unterstützt. Die höchste Förderung pro verkauftem Einzelexemplar erhielt die L’Humanité mit 46 Cent pro Zeitung. Welche Zeitung wie viel bekommt. ist laut BMAS-Studie von Einzelfallentscheidungen abhängig, deren Zustandekommen von Expertinnen und Experten als „wenig transparent“ bezeichnet werde.

Schweden

In Schweden begann die direkte Presseförderung als Reaktion auf ein großes Zeitungssterben in den 1960er Jahren. Ziel der Presseförderung ist bis heute, zu viel Konzentration im Zeitungsmarkt und vor allem regionale Monopolstellungen einzelner Titel zu verhindern oder wenigstens abzuschwächen und Vielfalt zu erhalten. Daher werden vor allem so genannte „Zweitzeitungen“ unterstützt. Das sind Titel, die in einem Gebiet mit einem stärkeren Marktführer konkurrieren und ohne staatliche Hilfe wahrscheinlich aufgeben müssten.

2018 betrug diese Gesamtförderung knapp 48 Millionen Euro. Der Löwenanteil davon wird für so genannte Betriebsförderung gezahlt, damit sind die allgemeinen Betriebskosten inklusive der Arbeit der Redaktionen gemeint. In geringerem Umfang werden auch der Vertrieb der Zeitungen unterstützt und Entwicklungssubventionen für Innovationsprojekte gewährt. Seit 1996 können auch reine Onlinezeitungen Betriebsförderung beantragen. Aktuell steht das schwedische Modell stark in der Kritik: Es sei sogar kontraproduktiv, weil erforderliche Anpassungen bei den so subventionierten Zeitungen zu lange unterblieben wären. Ein Drittel aller Fördergelder gehe zudem an relativ auflagenstarke Blätter, während für kleinere Medien immer weniger übrig bleibe.

Zum Weiterlesen

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags hat im vergangenen Sommer eine Untersuchung über „Modelle zur Förderung lokaler Medienvielfalt in EU-Mitgliedstaaten“ vorgelegt. Hier finden sich weitere Beispiele für direkte und indirekte Presseförderung in fast allen Staaten Europas.