Kyffhäuserkreis Wiehe

24. Juni 2015, 10:07 Uhr

Namenforscher Prof. Jürgen Udolph hatte diesmal eine harte Nuss zu knacken. Um den Ortsnamen "Wiehe" genau definieren zu können, ist auch der Landschaftsname der Region "Uuigsezi" wichtig. Die erste Erwähnung der Ortsnamens finden wir in einem bekannten Werk aus dem 12. Jahrhundert "Breviarium Lulli". In diesem Dokument steht, das es bereits im Jahr 815 den Ort Wihe gab.

Historische Belege

Die historischen Belege stammen aus folgenden Werken: Hist. Belege nach Kahl, Ersterwähnung Thüringer Städte; Dobenecker; E. Förstemann.

Ortsname Wiehe:

  • um 815 Wihe (das belegt eine Quelle aus dem 12. Jahrhundert "Breviarium Lulli")
  • 933 Uuihe
  • 965 actum Uuiha (Beleg auf einer Urkunde von der nicht sicher ist, ob sie echt ist)  
  • 998 Uuihi
  • 1039 Wihi
  • 1053 Wihe
  • 1067 Wihiae
  • 1157 Wige
  • 1216 Via (Beleg auf einer definitiv gefälschten Urkunde)

Gauname:

Um den Ortsnamen genau definieren zu können, ist grundsätzlich auch der Landschaftsname einer Region wichtig, wenn es einen gibt. Ebenfalls in dem Werk "Breviarium Lulli" aus dem 12. Jahrhundert wird die Erwähnung des Gaunamens "Uuigsezi" im Jahr 815 erwähnt. Er enthält im zweiten Teil hochdeutsch "-sezi", ein Wort, das auch in "Holstein", entstanden ist, aus "Holt-sati", was bedeutet: "die im oder am Wald Siedelnden". (ausführlich in J. Udolph, Holtsati)

Namensherleitung

Im ersten Teil dieser Bildungen stehen Bezeichnungen für geographische Gegebenheiten wie "Sumpf, Moor, Wald, Heide, Berg, Schilf u.a.m.". Ähnliches ist auch für den Ortsnamen Wiehe zu erwarten, der ja mit dem Gaunamen Wigsezi/Uuigsezi eng verbunden ist.

Die bisherigen Deutungen überzeugen daher nicht: E. Förstemann dachte an einen Zusammenhang mit althochdeutsch wīh "heilig" (vgl. Weih-nachten, geweiht), H. Walther an eine Verbindung zu niederdeutsch "vī", altnordisch "vigi" - "Stelle, die sich zur Verteidigung eignet, Wehr, Verschanzung".

Prof. Jürgen Udolph zieht eine andere Wortgruppe vor: gotisch "waihsta" - "Ecke, Winkel“, mittelhochdeutsch "weigen" - "schwanken", neuhochdeutsch "Geweih", mittelhochdeutsch "gewīge" usw. Der Wechsel zwischen -g- und -h- in den Wörtern geht auf eine alte Entwicklung der germanischen Sprachen, das sogenannte "Vernersche Gesetz" zurück. (nach einem Sprachwissenschaftler Karl Verner benannt) Zugrunde liegt letztlich eine Bedeutung "biegen, krümmen, gebogen" (das auch in Flussnamen erscheint, dazu J. Udolph, Germanenproblem, S. 104ff.).

Diese Bedeutung erklärt sich, wenn man sich die Lage von Wiehe am Steilhang der Schrecke betrachtet. Der Name kann somit als "Ort im Winkel, in der Biegung, die Berg und Ebene bilden" erklärt werden. Und Wigsezi bedeutet dann: "an der Biegung, am Fuße des Berghangs Siedelnde" erklärt werden. Bildungen mit dem Element -seti, -sezi stammen aus altgermanischer Zeit, wir finden sie auch in Somerset, Dorset usw. in England.

Gauname Name einer Landschaft, einer Region. Grenzen sind oft nicht genau bekannt.

Literatur: E. Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, Bd. 2: Orts- und sonstige geographische Namen, 2. Hälfte, hrsg. von H. Jellinghaus, Bonn 1916, Sp. 1324.

J. Udolph, Namenkundliche Studien zum Germanenproblem, Berlin - New York 1994.

J. Udolph, Holtsati. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 2. Aufl., Bd. 15, Berlin - New York 2000, S. 84-90.

H. Walther, Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts, Berlin 1971, S. 247.

A. Werneburg, Die Namen der Ortschaften und Wüstungen Thüringens, Nachdruck Köln-Wien 1983, S. 37.