Gemeinde im Landkreis Gotha Wechmar
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Der Doppelort Günthersleben-Wechmar ist eine Gemeinde im Landkreis Gotha. Der Name "Wechmar" lässt auf (indo)germanische Wurzeln schließen und bedeutet "niedrig gelegene, feuchte Stelle".
Historische Belege (fast alle stammen von Ch. Riese):
- 775-814 villam que dicitur Wehmare (UB Hersfeld, 38, 71, Kopialbuch Kl. Hersfeld M. 12 Jh.)
- 899 Viugmara (Dob. I, 286, 62, K., Regensburg)
- 975 in Wehmare (Mon. Erf., 31, Abschr. 12. Jh.
- 1005/06 Wechmar (UB Hersfeld, 77, 147, Or., Wallhausen)
- 1047-50 Wechmar (UB Hersfeld, 96, 175, Or., Wiehe, Bertholt)
- 1086 (Kopie 12. Jh.) Wehemar MGH DD DH IV Nr. 386 S. 512)
- 1089 in loco, qui dicitur Wehemar (Hdschr. B: Wehemaer) (CDS I, 1; 161, 350, Abschr. 14./15. Jh., Regensburg)
- 1140 Guntherus de Wekmar (UB Paulinzelle, 15, 20, Or.)
- 1156 Weihmare (Dob. II, 123, 23, Or.)
- 1170 Sinoldus de Wechmar (Reg. Wang., 19, 17, Druck Wenk Hess. Landesgesch.)
- 1209 nostris de Wegmar (UB Paulinzelle, 50, 62, Abschr., Hersfeld)
- 1217 Frowinus de Wechmar (UB Erfurt, 82, 43, Or.)
- 1236 Cunradus de Wechmar (UB EF St., 247, 133, Or., Erfurt)
- 1251 Bertoldus de Wechmar (UB Erfurt, 150, 86, Or., Erfurt)
- 1261 Eberhardus de Weichmar (UB Erfurt, 174, 102, Or.)
- 1265 Heinricus de Wechemar (UB Erfurt, 199, 120, Or.)
- 1282 Otto de Wechmare (UB Arnstadt, 42, 22, Or., Arnstadt)
- 1299 Otto de Wechmar (UB Mühlhausen, 492, 213, Or.)
- 1305 H. de Wechmar (Studenten in Bologna Nr. 4084 S. 613)
- 1308 Otto de Wechmar miles (UB Erfurt, 541, 378, Diplomatar Peterskl. Erfurt)
- 1318 Iohannis de Wechmaria (UB Erfurt, 617, 438, Or.)
- 1323 Conrad von Wechmar (UB EF St., 1218, 686, Abschr. 14. Jh. Klosterkopiar Erfurt)
- 1341 Heinrich von Wechmar (UB Erfurt II, 212, 173, Or.)
- 1356 Hermann von Wechmar (UB Erfurt II 468 374 Or.)
- 1375 Reinhard von Wechmar (UB Erfurt II, 765, 557, Regest)
- 1394 Wilhelm von Wechmar (UB Erfurt II, 1046, 752, gleichzeit. Abschr., Prag)
- 1408 Wilhelm von Wechmar (Stadtrecht Gotha, 16, 235, Abschr. um a. 1700)
- vor 1506 Wechmar (Mainzer SubsReg., 1678, 193, Hdschr. W/R)
- 1541 Melchior vonn Wechmar (Stadtrecht Gotha, 61, Anm. 1, 279, gleichzeit. Abschr., Eisenach)
- 1756 Wechmar (Postlex., 2. Teil, 424)
- 1873 Wechmar (OV Prov. Sachsen, 236)
Zur Bedeutung des Ortsnamens:
Das Grundwort des Ortsnames ist unstrittig. Man findet –mar in zahlreichen Siedlungsnamen, auch in Thüringen, der bekannteste ist wohl Weimar. Es liegt ein Grundwort -mar vor, das allgemein zu german. mari "Quelle, Sumpf, Wasserteich, stehendes Gewässer" gestellt wird. Es gibt ca. 60 Ortsnamen dieses Typs, darunter etwa Bettmar, Bleckmar, Görmar, Rethmar, Vellmar, Villmar, Weimar.
Eine Verbreitungskarte, die auch das Vorkommen in den Niederlanden, Belgien, England und Skandinavien zeigt, steht bei Udolph, Studien zum Germanenproblem, S. 375.
Im ersten Teil der -mar-Namen steht nur ganz selten ein Personenname, viel eher ein Wort aus dem Bereich der Wasserwörter, der geographischen Welt, aus Fauna oder Flora.
Eine Erklärung des ersten Bestandteils ist schon oft versucht worden, Ch. Riese hat die verschiedenen Möglichkeiten zusammenfassend dargelegt.
E. Förstemann dachte an ahd. wehsal "Wechsel, Austausch". W. Arnold erwog einen Zusammenhang mit ahd. weih "weich", P. Cassel mit vic "weicher, durchbrechender Boden". Auch keltische Herkunft ist vorgeschlagen worden, kann jedoch für Thüringen von vornherein abgelehnt werden. Das gilt auch für H. Kaufmanns Versuch, mit einem Personennamen im ersten Teil zu arbeiten. Auch H. Walthers Vorschlag, an eine indogermanische Basis *(s)wek- anzuschließen, zu der auch ahd. swehhan "riechen, stinken, hervorquellen" gehört, scheitert daran, dass ja bei Wechmar kein anlautendes S- zu finden ist.
Ich möchte bei dem Vorschlag bleiben, den ich 1994 gemacht habe. Ich hatte geschrieben: "Näher als allen Vorschlägen steht aber doch wohl eine Verbindung mit Waake bei Göttingen, Vaga und Ugra in Osteuropa, die indogermanische Wurzel *wegw- "feucht, netzen", altisländisch vÜkr "feucht", niederländisch wak "feucht, naß", engl. wake "Kielwasser" u.a.m.".
Im Hochdeutschen ist für niederdeutsch –k- regelgerecht –ch- zu erwarten. Zudem erfordert das –e- in Wechmar eine Erklärung, die am ehesten durch einen Ansatz *Wakja- wahrscheinlich wird, denn das –j- bewirkt eine Veränderung des ersten –a- durch den sogenannten Umlaut zu –e-. So könnte man – es bleibt ein Versuch – die Form Wech-erklären.
Ich würde für die ursprüngliche Bedeutung etwa von einer niedrig gelegenen, feuchten Stelle ausgehen, die immer wieder Überflutungen ausgesetzt gewesen ist.
Literatur-Angaben:
W. Arnold, Ansiedelungen und Wanderungen deutscher Stämme. Nachdruck Köln-Wien 1983, S. 674.
P. Cassel, Türingische Ortsnamen, Erfurt 1856-1858 (Nachdruck Köln-Wien 1983), S. 675.
E. Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, Bd. 2: Orts- und sonstige geographische Namen, 2. Hälfte, hrsg. von H. Jellinghaus, Bonn 1916, Sp. 1264.
H. Kaufmann, Genetivische Ortsnamen, Tübingen 1961, S. 45.
Ch. Riese, Ortsnamen Thüringens – Landkreis Gotha, Hamburg 2010, S. 164-167.
Udolph, Namenkundliche Studien zum Germanenproblem, Berlin-New York 1994, S. 348.
H. Walther, Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts, Berlin 1971, S. 253.
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Vormittag mit Haase und Waage | 01. März 2018 | 11:10 Uhr